Sozialhilfe bei Aufenthalt in Mutter-Vater-Kind-Einrichtung muss gezahlt werden

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Wird eine Grundsicherungsempfรคngerin mit ihrem neugeborenen Kind elf Monate in einer gemeinsamen Wohnform fรผr Mรผtter, Vรคter und ihre Kinder betreut, mรผssen die Kosten fรผr ihre Mietwohnung weiter รผbernommen werden. Zustรคndig ist dann der Sozialhilfetrรคger, da es sich hier um eine Person โ€žin besonderen Lebensverhรคltnissen mit sozialen Schwierigkeitenโ€œ handelt, entschied das Sozialgericht Lรผneburg in einem kรผrzlich verรถffentlichten Urteil vom 28. Januar 2025 (Az.: S 19 AS 44/22).

Betreuung in einer Mutter-Vater-Kind-Einrichtung

Geklagt hatte eine unter Betreuung stehende Frau, die am 12. November 2021 Mutter einer Tochter wurde. Ihr erstes Kind wuchs in einer Pflegefamilie auf. Die Frau bezog Grundsicherungsleistungen vom Jobcenter. Da sie mit ihrem Lebensgefรคhrten eine gemeinsame Wohnung nutzte, รผbernahm die Behรถrde die hรคlftigen Unterkunftskosten.

Um ihr zweites Kind nicht auch in eine Pflegefamilie geben zu mรผssen, veranlasste ihr Betreuer Unterstรผtzung beim kommunalen Jugendhilfetrรคger. Ab dem 18. November 2021 nahm die Frau zusammen mit ihrem Kind an einer Jugendhilfe-MaรŸnahme zur Fรถrderung der Erziehung in der Familie teil. Sie wurde hierfรผr mit ihrem Kind in einer Mutter-Vater-Kind-Einrichtung betreut.

Der Jugendhilfetrรคger hielt die MaรŸnahme zur Sicherung des Kindeswohls fรผr erforderlich. Die Dauer der Hilfe war zunรคchst unklar. Letztlich blieb die Frau mit ihrem Kind insgesamt elf Monate in der Einrichtung.

Jobcenter hob Bewilligung von Grundsicherungsleistungen auf

Das Jobcenter hob die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen wegen der JugendhilfemaรŸnahme auf. Ihr Lebensunterhalt sei anderweitig gedeckt worden.

Im aktuellen Rechtsstreit ging es allerdings nur um die รœbernahme der hรคlftigen Unterkunftskosten. Diese kรถnnten nur fรผr eine tatsรคchlich bewohnte Wohnung gewรคhrt werden, so das Jobcenter. Die Klรคgerin lebte jedoch nicht in ihrer Wohnung, sondern in der Mutter-Vater-Kind-Einrichtung.

Der beigeladene Sozialhilfetrรคger lehnte die รœbernahme der Mietkosten ebenfalls ab. Zustรคndig sei der Jugendhilfetrรคger, da es sich um eine JugendhilfemaรŸnahme handele. Auch dieser wollte die Kosten nicht รผbernehmen. Die รœbernahme von Mietkosten durch die Jugendhilfe sei gesetzlich nicht vorgesehen.

Sozialgericht Lรผneburg: Behรถrde muss Mietkosten รผbernehmen

Das Sozialgericht urteilte, dass das Jobcenter zwar nicht die hรคlftigen Unterkunftskosten รผbernehmen mรผsse. Allerdings sei die Sozialhilfe in der Pflicht. Denn nach den sozialhilferechtlichen Vorschriften kรถnnten Personen, bei denen besondere Lebensverhรคltnisse mit sozialen Schwierigkeiten vorliegen, zur รœberwindung ihrer Probleme Sozialhilfeleistungen beanspruchen.

Bei der Klรคgerin liege eine besondere Lebenssituation vor, da ihr erstes Kind in einer Pflegefamilie aufgewachsen sei und sie auch ihr zweites Kind nicht abgeben wolle. Sie hรคtte an der JugendhilfemaรŸnahme nicht teilgenommen, wenn niemand die Miete fรผr ihre Wohnung รผbernommen hรคtte. Die MaรŸnahme sei aus Kindeswohlgrรผnden erforderlich gewesen. Zwar mรผssten die Unterkunftskosten nicht unbegrenzt รผbernommen werden.

Bereits รคhnliches Urteil

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle habe aber bereits entschieden, dass in Fรคllen kurzer Haft oder bevorstehender Haftentlassung die Mietkosten bis zu einem Jahr รผbernommen werden kรถnnten. Dies sei auf den vorliegenden Fall รผbertragbar.