Bundesverfassungsgericht verhindert Zwangsräumung einer 83-jährigen Frau

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Gerichte dürfen von einer Mieterin erneut vorgelegte ärztliche Atteste über eine konkrete Suizidgefahr infolge ihrer drohenden Zwangsräumung nicht „kleinlich“ übergehen.

Nur weil eine vom Amtsgericht verlangte psychiatrische Behandlung noch nicht zu einer gesundheitlichen Besserung geführt hat, kann der Mieterin nicht entgegengehalten werden, sie habe sich nicht ausreichend bemüht, so dass neue Atteste keine Änderung der „Sachlage“ begründen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag, 28. Mai 2024, veröffentlichten Beschluss (Az.: 2 BvR 26/24)

Die Karlsruher Richter erklärten damit die Verfassungsbeschwerde einer 83-jährigen Kölnerin für „offensichtlich begründet“. Ihr Vermieter hatte gerichtlich die Räumung und Herausgabe der Wohnung erstritten.

Zwangsräumung wurde immer wieder verschoben

Die Zwangsräumung wurde mehrfach verschoben, teils weil die Frau keinen Ersatzwohnraum finden konnte und dann, weil sie im Falle des Wohnungsverlustes eine Suizidgefahr geltend machte.

Mehrere Atteste von einem Psychologen und dem sozialpsychiatrischen Dienst bescheinigten der Frau die Suizidgefahr. Das Amtsgericht Köln setzte daraufhin bis zum 1. Dezember 2023 die Zwangsräumung vorerst aus.

Der Frau wurde die Auflage erteilt, sich psychiatrisch behandeln zu lassen, auch mit dem Ziel, später die Räumung der Wohnung zu ermöglichen.

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Amtsgericht lehnte Antrag ab

Als die 83-Jährige erneut einen Räumungsaufschub beantragte und weitere ärztliche Atteste über die fortbestehende Suizidgefahr vorlegte, lehnte das Amtsgericht den Antrag ab.

Die Mieterin habe genügend Zeit gehabt, sich durch ärztliche Behandlung um eine Besserung ihres Zustandes zu bemühen. Das Landgericht bestätigte diese Entscheidung. Auch die neu eingereichten Atteste hätten an der Sachlage nichts geändert.

Bundesverfassungsgericht: Gericht darf Atteste nicht übegehen

Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Beschluss vom 14. Mai 2024, dass damit das Recht der Frau auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt worden sei.

Zwar könne sich der Vermieter auf sein Eigentumsgrundrecht berufen. Bestehe wegen einer beabsichtigten Zwangsräumung der Mieterin eine mit ärztlichen Attesten festgestellte Suizidgefahr, müsse auf die Maßnahme vorerst verzichtet werden, in absoluten Ausnahmefällen „auf unbestimmte Zeit“.

Gerichte dürfen nicht “kleinlich” verfahren

Bei der Bewertung, ob sich die Sachlage mit der Einreichung neuer Atteste geändert habe, dürften die Gerichte auch nicht „kleinlich“ verfahren, so die Verfassungsrichter.

Im Zweifel müsse ein gerichtlich bestellter Sachverständiger die Suizidgefahr noch einmal prüfen. Dies gelte umso mehr, wenn sich der Gesundheitszustand der Mieterin trotz psychiatrischer Behandlung noch nicht gebessert habe. fle