Wer das Händeln von Behördenangelegenheiten oder des Alltags nicht mehr unter Kontrolle hat, kann eine eine gesetzliche Betreuung beantragen. Wie das geht und wie der Ablauf des Verfahrens ist, erläutern wir in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Das Betreuungsverfahren
Ein Betreuungsverfahren kann der zu Betreuende selbst beantragen, es kann aber auch durch Dritte angeregt werden – durch Nachbarn, Freunde oder Behörden. Ein Betreuungsgericht entscheidet, ob die Bedingungen für eine gesetzliche Betreuung vorliegen, also der / die Betroffene in einem bestimmten Bereich nicht mehr für sich selbst sorgen kann.
Ehrenamtlich oder beruflich
Eine gesetzliche Betreuung kann ehrenamtlich ablaufen oder durch Berufsbetreuer ausgeübt werden. Sie endet entweder mit dem Tod des Betreuten oder mit einer Aufhebung.
Formloses Schreiben genügt
Für einen Antrag reicht ein formloses Schreiben, das skizziert, wie die Situation aussieht und um eine Betreuung bittet. Das Gericht kann auch ein Formular zur Verfügung stellen.
Bei körperlichen Beschwerden müssen die Betroffenen selbst den Antrag stellen
Ist der Grund für die Betreuung rein körperlich bedingt, wegen Krankheit oder physischer Behinderung, dann muss der Betroffene selbst ihn stellen. Es sei denn, er / sie kann den eigenen Willen nicht mehr selbst äußern.
Für welchen Bereich gilt die Betreuung
Das Gericht prüft nicht nur, ob eine Betreuung nötig ist, sondern auch für welchen Bereich. Der betroffene Mensch wird über das Verfahren informiert.
Was ist, wenn die Betroffenen keine Betreuung wollen?
Bisweilen kommt es vor, dass Betroffene eine gesetzliche Betreuung zwar ablehnen, aber eine Entscheidung aus freiem Willen nicht möglich ist. Dann muss das Gericht einen Verfahrenspfleger bestellen. Dieser verpflichtet sich, den betreuten Menschen nach dessen Wünsch zu unterstützen.
Persönliches Gespräch über die Betreuung
Gericht, zu betreuende Person und, im Falle eines Falles der Verfahrenspfleger klären die Einzelheiten in einbem persönlichen Gespräch. Dabei geht es auch darum, ob eine Betreuungsverfügung vorliegt.
Kann die zu betreuende Person sich nicht selbst äußern, wird auf deren Wunsch eine nahestehende Person hinzugezogen, die die Umstände erläutert.
Das Sachverständigengutachten
Ein Sachverständigengutachten klärt, ob und welche Betreuung angeordnet wird. Wenn der Mensch selbst die Betreuung einfordert, reicht oft auch ein ärztliches Attest / ein medizinischer Befundbericht.
Die Betreuungsverfügung
Liegt eine Betreuungsverfügung vor, dann muss das Gericht diese berückichtigen. Liegt keine Verfügung vor, dann muss das Gericht nachhaken, ob der betreute Mensch Wünsche in dieser Hinsicht äußerte. Zurechnungsfähige Menschen können auch an jedem Punkt des Verfahrens ihre diesbezüglichen Wünsche äußern und das Gericht muss diese ernst nehmen.
Wann entscheidet das Gericht?
Wenn keine Wünsche vorliegen oder der Wunschbetreuer sich nicht eignet, dann wählt das Gericht eine passende Person aus, möglichst mit persönlicher Bindung. Ist diese nicht vorhanden, dann kommt ein Ehrenamtlicher eines Betreuungsvereins in Frage. Scheidet auch diese Option aus, dann kommt berufliche Betreuung ins Spiel.
Mehrere Betreuer sind möglich
Bedarf es Betreuung in verschiedenen Bereichen, dann sind mehrere Betreuer möglich. Einer kümmert sich dann zum Beispiel um die Finanzen.
In einigen Fällen sind zusätzliche Betreuer notwendig: Zum Beispiel darf ein Betreuer, der Rechtsanwalt ist, seinen Betreuten nicht gerichtlich vertreten, wenn er bereits die Gegenseite vertrat. Bei einer Entscheidung über Sterilisation muss immer ein zusätzlicher Betreuer eingestellt werden.
Der Betreuer muss geeignet sein
Ein Betreuer darf keinen Interessenskonflikt mit dem Betreuten haben (zum Beispiel wegen einer Erbschaft). Er oder sie muss in der Lage sein, den Willen des Betreuten umzusetzen. Wichtig ist seit 2023: Der Betreuer muss nach dem (vermutlichen) Willen des Betreuten handeln und nicht das machen, was der Betreuer für richtig hält, wenn es diesem Willen entgegen steht.
Gerichtliche Vertretung
In seinem Aufgabenbereich darf der Betreuer den Betreuten gerichtlich wie außergerichtlich vertreten. Maßnahmen, die dem Betreuten Freiheiten entziehen sind nur mit vorheriger Genehmigung des Gerichts möglich.
Welche Aufgaben unterliegen der Betreuung?
Betreuung erfolgt nur in den Bereichen, in denen die Betroffenen bedürftig sind. Das sind mehrheitlich Gesundheit und Pflege, Vermögen, Wohnung und Miete, sowie Vertretung bei Behörden, Ämtern und Gerichten.
Das Annehmen, Öffnen und Anhalten der Post muss als Aufgabe extra erwähnt werden und darf nur angeordnet werden, wenn es nötig ist.
Wechsel des Aufenthalts
Grundsätzlich soll eine Betreuung die Unterbrinung in der eigenen Wohnung des Betreuten solange ermöglichen, wie dies möglich ist, wenn dies gewünscht wird.
Regelmäßige Kontrolle
Der Betreuer muss dem Gericht regelmäßig Bericht erstatten und Änderungen sofort mitteilen. Dritte können sich bei einem Verdacht auf Missbrauch am Betreuten an das Gericht wenden, und dieses muss der Sache nachgehen.
Wie lange dauert die Betreuung?
Ohne einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung prüft das Gericht nach maximal sieben Jahren, ob weiterhin die Notwendigkeit zur Betreuung besteht. Wurde die Betreuung gegen den erklärten Willen des / der Betreuten angeordnet, weil dieser nicht frei entscheiden konnten, dann muss sie nach zwei Jahren auf ihre Berechtigung überprüft werden.
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht, Sozialpolitik und Naturwissenschaften. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.