Bürgergeld: Unbezahlte Rechnungen durch Jobcenter-Schlamperei

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Wenn Mitarbeiter bei Behörden sich zu viel Zeit lassen, dann ist das ärgerlich. Beim Jobcenter führt ein solches Fehlverhalten allerdings außerdem schnell dazu, dass die Betroffenen in Existenznot geraten. Denn sie beantragen Bürgergeld, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln decken können.

Unbezahlte Rechnungen wegen Bummelei

Jede Woche, die das Jobcenter trödelt, bedeutet oft Druck vom Vermieter, weil die Miete nicht gezahlt werden kann, Mahnungen vom Energieversorger, weil das Geld fehlt, um die Stromrechnung zu überweisen, und es bedeutet letztlich, sich kein Essen kaufen zu können.

Einstweiliger Rechtsschutz ist möglich

Betroffene können sich gegen solche Trödelei zur Wehr setzen. Wenn jemand über sechs Wochen auf einen Weiterbewilligungsbescheid des Jobcenters wartet, dann kann er einstweiligen Rechtsschutz beantragen.

Das Sozialgericht Stuttgart entschied, dass in solchen Fällen das Jobcenter die Kosten trägt. (S 7 AS 4623/24). Mit anderen Worten: Die Unpünktlichkeit des Jobcenters bezahlt der Steuerzahler.

Worum ging es?

Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kinder beantragte am 23. Oktober 2024 die Weiterbewilligung ihrer Bürgergeld-Bezüge über den 30. November 2024 hinaus. Der Antrag war nicht nur fristgerecht, sondern ging mehrere Wochen vor dem entsprechenden Datum beim Jobcenter ein.

Trotzdem wartete die Mutter über Wichen hinweg vergeblich auf eine Antwort des Jobcenters. Am 8. Dezember stellte die Betroffene dann einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Sie wollte erreichen, dass das Sozialgericht Stuttgart das Jobcenter per einstweiliger Anordnung dazu verpflichtete, die Leistungen vorläufig zu erbringen.

Die Zahlung war nicht das Problem

Die Auszahlung des Bürgergeldes war dann nicht das Problem, denn zwei Tage nach dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bekam die Betroffene den Bescheid des Jobcenters – am 10. Dezember.

Das Jobcenter argumentierte, der Bescheid sei auf den 5. Dezember 2024 datiert, also vor dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, und deshalb sei dieser Antrag beim Sozialgericht überflüssig gewesen. Warum das Schreiben erst am 9. Dezember in die Post ging, konnte die Behörde nicht erklären.

Das Sozialgericht entscheidet für die Mutter

Das Sozialgericht Stuttgart folgte dieser Argumentation des Jobcenters nicht, sondern entschied für die alleinstehende Mutter und ihre Kinder. Erstens sei dieser der Bescheid am 8. Dezember noch nicht zugestellt worden, als sie den Antrag stellte. Zweitens, und viel wichtiger, hätte sie den Antrag am 23. Oktober und damit pünktlich gestellt.

Es hätte sich beim Einkommen nur eine einzige Änderung ergeben, und deshalb hätte das Jobcenter keinen erheblichen Bearbeitungsaufwand gehabt.

Die Betroffene habe sechs Wochen gewartet, ehe sie einstweiligen Rechtsschutz beantragt hätte. Dieser Antrag sei aus Sicht des Sozialgerichts absolut nachvollziehbar. Bürgergeld werde monatlich im Voraus bezahlt. Zahlungen erfolgten ebenfalls oft zu Monatsbeginn, und deshalb bedrohten Verzögerungen beim Auszahlen des Bürgergeldes die Existenz.

Die Betroffene hätte also völlig zurecht auf ein Verfahren gedrängt, und die Kosten des Verfahrens müsse das Jobcenter tragen.

Fazit

Es zeugt von Dreistigkeit, dass das Jobcenter hier behauptete, ein einstweiliger Rechtsschutz sei überflüssig, obwohl die Betroffene diesen stellte, bevor der Bescheid bei ihr einging. Gut ist, dass das Sozialgericht das Jobcenter an die besondere Verpflichtung gerade dieser Behörde erinnerte, dass nämlich Schludrigkeiten bei existenzsichernden Leistungen Existenzen bedrohen. Schlimm ist, dass das Jobcenter nicht so handelt, als ob es dieses Selbstverständnis hätte.