Schwerbehinderung: Kein Pflegegeld bei Leben in besonderer Wohnform

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Viele Menschen mit Behinderung leben in einer sogenannten besonderen Wohnform. Dabei handelt es sich nicht um eine vollstationรคre Pflegeeinrichtung laut der Definition der Pflegeversicherung, allerdings auch nicht um eigenstรคndiges Wohnen. In dieser besonderen Wohnform werden sie im Alltag unterstรผtzt, und bei Bedarf auch gepflegt und betreut.

Pflegekasse zahlt Pauschale an die Einrichtung

Die Pflegekasse zahlt an den Trรคger der besonderen Wohnform eine Pauschale fรผr die jeweiligen Pflegebedรผrftigen aus. Das Bundessozialgericht entschied 2024 darรผber, ob Betroffene anstelle der Pauschale auch das regulรคre Pflegegeld beanspruchen kรถnnen.

Ein Mann, der seit seiner Geburt geistig behindert ist, hatte sich mit seinem Prozessbevollmรคchtigten durch die Instanzen des Sozialgerichts geklagt. Er hat einen Pflegerad von 3, ein Einzelzimmer bei der Lebensgemeinschaft gemietet und erhรคlt dort Pflege und Betreuung. Die Kosten muss er selbst tragen, da er eigenes Vermรถgen hatte.

Pflegegeld beantragt

Er beantragte bei der Pflegekasse Pflegegeld nach dem Pflegegrad 3 statt der zuvor gezahlten Pauschale, die nur die Hรคlfte betrug. Er begrรผndete dies damit, dass die Lebensgemeinschaft fรผr ihn die Hรคuslichkeit darstelle.

Besondere Wohnform ist keine Hรคuslichkeit

Die Kasse lehnte den Antrag ab und argumentierte, eine besondere Wohnform sei keine Hรคuslichkeit, sondern im Sozialgesetzbuch XI klar definiert. Deshalb liege keine hรคusliche Pflege vor und deshalb entfalle der Anspruch auf Pflegegeld.

Ein Widerspruch blieb ebenso erfolglos wie seine Klage vor dem Sozialgericht und seine Berufung vor dem Landessozialgericht. SchlieรŸlich legte er beim Bundessozialgericht Revision ein. Auch diese wurde abgewiesen, mit einer ausfรผhrlichen Begrรผndung.

Pflegegeld nicht bei besonderer Wohnform

So kรถnne zwar Pflegegeld auch bezogen werden, wenn Betroffene nicht im eigenen Haushalt gepflegt wรผrden. Dies gelte aber ausdrรผcklich nicht bei Unterbringung in einer stationรคren Pflegeeinrichtung oder in Rรคumlichkeiten nach dem Paragrafen 71 Absatz IV des Sozialgesetzbuches XI, also in einer besonderen Wohnform.

Der Paragraf 36 Ansatz 4 des Sozialgesetzbuches VI sehe das eindeutig so vor.

Zweck der besonderen Wohnform ist die Eingliederungshilfe

Eine besondere Wohnform habe gerade den Zweck des Wohnens von Menschen mit Behinderungen und hier wรผrden Leistungen zur Eingliederungshilfe erbracht. Der Umfang der Gesamtversorgung entsreche regelmรครŸig dem einer stationรคren Einrichtung.

Es handle sich also nicht um hรคusliche Pflege, und damit gebe es auch keinen Anspruch auf das entsprechende Pflegegeld. Dass der Betroffene die Leistungen der Eingliederungshilfe selbst zahle, stehe dem nicht entgegen. Denn es ginge allein um den Ort, an dem er gepflegt wรผrde, nicht aber darum, wer die Kosten der Eingliederung zahle.

Kein Pflegegeld, da keine hรคusliche Pflege stattfindet

Daher sei mangels hรคuslicher Pflege ein Anspruch auf Pflegegeld ausgeschlossen. Dem stรผnde nicht entgegen, dass der Betroffene die Leistungen der Eingliederungshilfe selbst zahle. Denn der Begriff der Rรคumlichkeiten knรผpfe allein an den Ort an, an dem gepflegt werde, nicht aber daran, wer die Kosten der Eingliederung zahle.