Bürgergeld: Rentennachzahlung gestrichen – Gericht bestätigt Aufrechnung von 10.000 Euro

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Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass ein ehemaliger Hartz-IV-Empfänger keine Rentennachzahlung von 9 512,62 Euro erhält.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) durfte die Summe an das Jobcenter weiterleiten, weil dort bereits Grundsicherungsleistungen geflossen waren. Betroffene erfahren hier, warum das Urteil wichtig ist – und wie sie Nachzahlungen künftig sichern können.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, Jahrgang 1953, bezog zwischen 2005 und 2018 Arbeitslosengeld II. Erst 2018 erkannte die DRV nach langem Rechtsstreit eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen an. Daraus ergab sich eine Nachzahlung für Mai 2017 bis Juni 2018.

Parallel hatte das Jobcenter für denselben Zeitraum rund 10 400 Euro Grundsicherung gezahlt und einen Erstattungsanspruch gemeldet. Die DRV behielt deshalb die Nachzahlung ein und überwies das Geld an das Jobcenter.

Warum die Klage scheiterte

Das Sozialgericht Osnabrück wies die erste Klage ab, weil kein konkreter Verwaltungsakt des Jobcenters vorlag. In der Berufung wiederholte der Kläger sein Anliegen. Der sechste Senat des LSG blieb hart:

  • Es fehlt eine ablehnende Entscheidung des Jobcenters, gegen die der Kläger vorgehen könnte.
  • Zuständig für die Auszahlung bleibt die DRV, nicht das Jobcenter.
    Eine doppelte Auszahlung – Rente plus Grundsicherung – wäre rechtswidrig.

Die Revision ließ das Gericht nicht zu.

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Rechtliche Einordnung

Kern des Urteils ist § 107 SGB X. Danach kann ein Sozialleistungsträger bereits erbrachte Leistungen von nachrangigen Trägern erstatten lassen. Rente gilt als vorrangige Leistung gegenüber Grundsicherung. Erhält eine Person rückwirkend Rente, darf das Jobcenter innerhalb von sechs Monaten die Erstattung verlangen. Die DRV verrechnet dann automatisch.

Auswirkungen für Betroffene

Renten-Rückzahlungen wirken verlockend, doch wer Bürgergeld oder Hartz IV erhält, muss mit Aufrechnungen rechnen. Häufig meldet das Jobcenter seinen Erstattungsanspruch bereits während des laufenden Rentenverfahrens, und die Deutsche Rentenversicherung behält die Nachzahlung regelmäßig ein, um Doppelzahlungen zu vermeiden.

Ein Widerspruch gegen das Jobcenter hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein förmlicher Bescheid zur Auszahlung vorliegt.

Praxis-Tipps zur Sicherung von Nachzahlungen

  1. Frühzeitig informieren
    Teilen Sie dem Jobcenter mit, dass ein Rentenantrag läuft. So lassen sich mögliche Fehlbeträge später leichter klären.
  2. Bescheide prüfen
    Fordern Sie von der DRV einen detaillierten Kontoauszug über alle verrechneten Beträge an.
  3. Mehrbedarfe geltend machen
    Behindertenbedingte oder krankheitsbedingte Mehrbedarfe (§ 21 SGB II) werden bei der Erstattung häufig vergessen. Sie können weiterhin Anspruch darauf haben.
  4. Fristen beachten
    Der Erstattungsanspruch des Jobcenters verfällt, wenn er nicht binnen sechs Monaten nach Zugang des Rentenbescheids geltend gemacht wird.

Position der Gerichte

Die Rechtsprechung folgt einem klaren Leitgedanken: „Rente vor Grundsicherung.“ Das Bundessozialgericht stützte diese Linie bereits 2022. Das aktuelle Urteil verstärkt sie. Jobcenter können sich darauf berufen, solange sie transparent und fristgerecht handeln.

Was das Urteil für die Praxis bedeutet

Für Leistungsbeziehende:

Ohne klaren Bescheid des Jobcenters lohnt eine Klage kaum.
Entscheidend ist der Weg über die DRV, nicht über das Jobcenter.

Für Jobcenter:

Sorgfältige Fristenkontrolle bleibt Pflicht.
Nachzahlungen müssen unverzüglich beziffert werden.

Für Rentenversicherung:

Vorläufige Einbehalte schützen vor Rückforderungen, bleiben aber umstritten. Transparente Abrechnungen stärken das Vertrauen der Versicherten.