Bürgergeld: Müssen Jobcenter Hausratversicherung oder Privathaftpflicht zahlen?

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Grundsätzlich müssen Jobcenter eine vom Vermieter verlangte private Haftpflicht für Bürgergeld-Bezieher übernehmen.

Soweit es sich um für den Leistungsberechtigten unvermeidbare mietvertragliche Nebenkosten handelt, gehören auch die Kosten einer vom Vermieter geforderten Mieterhaftpflichtversicherung zu den nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzuerkennenden Bedarfen für Unterkunft und Heizung.

( BSG, Urt. v. 30.06.2021 – B 4 AS 76/20 R ; in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte (vgl. neben der Vorinstanz LSG Hessen, Urt. v. 05.08.2020 – L 6 AS 581/18;
auch LSG Hamburg, Urt. v. 09.08.2012 – L 4 AS 367/10 und in einem obiter dictum LSG Potsdam, Urt. v. 19.11.2008 – L 10 AS 541/08 – ).

Heizung.Unausweisliche Nebenkosten

Bei den Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung handelt es sich um unausweisliche Nebenkosten. Deren Übernahme durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat die Rechtsprechung in unterschiedlichen Fallkonstellationen bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 14/08 : Nutzungsentgelt für eine Kücheneinrichtung; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R: Kabelgebühren).

Prämien der Privat- Haftpflichtversicherung sind Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II

Bei den Aufwendungen für die Haftpflichtversicherung handelt es sich um unausweisliche Nebenkosten.

Deren Übernahme durch den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat die Rechtsprechung in unterschiedlichen Fallkonstellationen bejaht (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 14/08 : Nutzungsentgelt für eine Kücheneinrichtung; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 48/08 R: Kabelgebühren).

Nebenkosten, die der Mieter( Leistungsbezieher) nicht isoliert kündigen kann
Zu den Kosten einer nicht im Eigentum des Leistungsberechtigten stehenden Unterkunft i.S.d. § 22 Abs. 1 SGB II gehört der Mietzins inklusive derjenigen Kosten, die sich aus dem Mietvertrag ergeben und für den Leistungsberechtigten unvermeidbar sind, d.h. von denen er sich nicht vertraglich freizeichnen oder die er nicht isoliert kündigen kann (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 2/10 R; BSG, Urteil vom 7.5.2009, B 14 AS 14/08 R).

Anerkannt ist vor allem die Übernahme der Kosten einer mit vom Mietvertrag umfassten Garage.

Auch die ggf. gesondert im Mietvertrag ausgeworfenen Aufwendungen für die Möblierung bei der Anmietung möblierten Wohnraums gehören zum Bedarf nach § 22 SGB II (BSG, Urteil vom 7.5.2009, B 14 AS 14/08 R).

Angesichts dieser Anbindung der Kosten an den eigentlichen Wohnbedarf erscheint es folgerichtig, auch die Kosten einer Privat-Haftpflichtversicherung des Mieters als Kosten der Unterkunft i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aufzufassen, wenn der Mietvertrag dem Mieter den Abschluss einer solchen Versicherung zwingend auferlegt.

Eine Hausratversicherung stellt keine Aufwendung dar, die als Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden könnte.

Auch in einem Mietverhältnis wird eine solche von einem Vermieter nicht abgeschlossen und auf den Mieter umgelegt. Es handelt sich allenfalls um eine im Rahmen der Einkommenserzielung abziehbare Aufwendung (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.11.2009 – L 7 B 234/09 AS – und LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.11.2011 – L 2 AS 229/11 B ER).

Keine Übernahme der Kosten für die Hausratversicherung im selbst bewohnten Eigenheim als Kosten der Unterkunft und Heizung ( Bay LSG, Beschluss v. 03.05.2018 – L 11 AS 255/18 NZB – )

Denn die Hausratversicherung für den Hausrat eines Mieters wird von einem Vermieter nicht abgeschlossen.

Beiträge zu einer solchen, auch den Hausrat schützenden Versicherung gehören nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 30.11.2011 – L 2 AS 229/11 B ER; so auch für eine Hausrat- und Glasversicherung: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.11.2009 – L 7 B 234/09 AS NZB ).

Kosten einer Hausratversicherung als Härtefallmehrbedarf vom Jobcenter?

Grundsätzlich nein, denn es handelt sich nicht um einen – unabweisbaren Bedarf.

Kosten der Ersatzbeschaffung sind im Regelsatz enthalten

Der Anspruch auf den Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB 2 wegen eines unabweisbaren laufenden besonderen Bedarfs kann nur anerkannt werden, soweit der geltend gemachte Bedarf (hier Kosten einer Hausratversicherung) nicht anderweitig gedeckt ist.

Die Kosten für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur des Hausrats im Rahmen üblichen Verschleißes sind jedoch grundsätzlich im Regelbedarf enthalten und somit anderweitig gedeckt.

Im SGB II Anspruch bei Schäden auf Sonderbedarfe wie

Bekleidungserstausstattung bzw. Wohnungserstausstattung
Ist die Ersatzbeschaffung oder Reparatur des Hausrates aufgrund außergewöhnlicher Umstände notwendig, so kommt die Gewährung eines Sonderbedarfs gem § 24 Abs 3 S 1 Nrn 1 und 2, S 2 SGB 2 in Betracht ( Erstausstattung für Wohnung und Bekleidung ), der dieselben Risiken wie eine Hausratversicherung abdeckt.

Bei den Kosten der Hausratversicherung handelt sich daher nicht um einen unabweisbaren Bedarf iS des § 21 Abs 6 SGB 2.

Fazit

Kosten der Hausratversicherung sind beim Bürgergeld/Grundsicherung nach dem SGB II nicht vom Jobcenter zu übernehmen.
Außergewöhnliche Umstände wie Schäden kann der Leistungsempfänger beim Jobcenter geltend machen, dafür hat der Gesetzgeber bei – außergewöhnlichen Umständen – die Regelung geschaffen, dass Betroffene eine neue Wohnungserstausstattung beantragen können z. Bsp. bei Wohnungsbrand oder eine neue Bekleidungserstausstattung bei Verlust der Bekleidung.

Leistungen zur Beseitigung von Unwetterschäden sind Kosten der Unterkunft
Auch Leistungen zur Beseitigung von Unwetterschäden sind als Zuschussleistung zu den Leistungen des Jobcenters für die Unterkunft nach § 22 SGB 2 zu gewähren ( z. Bsp. Hochwasser ).

Übernahme der Kosten zur Beseitigung von Hagelschäden bei Eigenheimbesitzern nach § 22 Abs. 2 SGB II als Erhaltungsaufwand ist möglich.

Was ist mein abschließender Rat für Euch?
Wenn der Vermieter im Mietvertrag den Abschluss einer privaten Haftpflicht fordert, übrigens in letzter Zeit nimmt das deutlich zu, sind die Prämien der Versicherung vom Jobcenter als Kosten der Unterkunft zu übernehmen.

Die Kosten der Hausratversicherung übernimmt das Jobcenter definitiv nicht.
Bei Schäden könnt ihr in vielen Lagen Anspruch auf Übernahme der Kosten geltend machen gegenüber dem Jobcenter.

Beispiele dazu
1. Bei Diebstahl der Bekleidung aus dem Hause, von der Wäscheleine – Anspruch auf Bekleidungserstausstattung wegen Totalverlust

2. Bei Schäden am Eigentum ( Hochwasser, Hagelkörner ) sind diese als Instandhaltungskosten nach § 22 Abs. 2 SGB II vom Jobcenter zu übernehmen.

3. Bei Diebstahl des Kinderwagens aus dem Flur bei Nicht Vorhandensein einer Hausratversicherung beim Leistungsbezieher wäre definitiv auch ein Leistungsanspruch gegen das Jobcenter gegeben.

Schlussbemerkung
Außergewöhnlicher Umstände sind als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 erste Alternative SGB II vom Jobcenter sicher zu stellen bei Nicht- Vorhandensein der Hausratversicherung beim Leistungsbezieher.