Bürgergeld: Jobcenter verlangte 51.000 Euro Hartz IV wegen Ausbildungsabbruch zurück

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Dürfen Bürgergeld-Leistungen (Hartz IV) wegen eines Abbruchs der Ausbildung zurückgefordert werden? Ein Jobcenter verlangte rund 51.000 Euro Hartz-IV-Leistungen von einem jungen Mann zurück.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat jedoch nun entschieden, dass ein solches Vorgehen des Jobcenters gegen das Übermaßverbot verstößt.

Nach Ausbildungsabbruch wurde der Regelsatz um 30 Prozent sanktioniert

Im konkreten Fall bezieht ein 28-jähriger junger Mann seit einigen Jahren Hartz-IV-Leistungen. Der Kläger verlor seinen Ausbildungsplatz, weil er häufig unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen war. Daraufhin sanktionierte das Jobcenter die Regelleistungen des Betroffenen aufgrund des selbst verursachtem Ausbildungsabbruchs.

Jobcenter wollte darüber hinaus 51.000 Euro Hartz IV zurück

Das reichte der Leistungsbehörde allerdings nicht aus. Zusätzlich forderte die Behörde die über Jahre gewährten Hartz-IV-Leistungen zurück. Diese betrugen laut Berechnungen des Jobcenters rund 51.000 Euro.

Das Jobcenter begründete die Rückforderung, weil der Leistungsbeziehende seine Hilfebedürftigkeit grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Aufgrund des sozialwidrigen Verhaltens müsse er die bereits gezahlten Leistungen erstatten, so die Behörde in einem Bescheid. Er hätte, so die Behörde, mit einer abgeschlossenen Ausbildung zum Elektroniker sehr gute Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt gehabt.

Dagegen legte der junge Mann zunächst einen Widerspruch ein und nach einer Ablehnung beschritt er den Klageweg. Zunächst vor dem Sozialgericht Braunschweig, nun vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.

Sein damaliges Verhalten würde nicht die Ursache seiner derzeitigen Hilfebedürftigkeit sein. Deshalb dürfe das Jobcenter die Leistungen nicht zurück fordern.

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Kein Zusammenhang zur heutige Hilfebedürftigkeit

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab dem Kläger Recht. Zwar sei der Abbruch der Ausbildung ein sozialwidriges Verhalten, jedoch bestünde nach mehr als 3,5 Jahren kein kausaler Zusammenhang zum Leistungsbezug. Es sei daher rein spekulativ über den beruflichen Werdegang nach Abbruch der ersten Berufsausbildung zu urteilten.

“Bei einem unkooperativen, schwer vermittelbaren Arbeitslosen fehlten konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass er mit einem regulären Berufsabschluss durchgängig gearbeitet hätte”, so das Gericht. Das Gericht kam zudem zur Auffassung, dass ein Härtefall vorliegt.

Jobcenter verstößt gegen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Es würde gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Grundsatz des Forderns und Förderns widersprechen, wenn eine typische „Jugendsünde“ eines damals 20-jährigen zu erheblichen Ersatzansprüchen führe, die jegliche Erwerbsperspektive zerstörten.

Abbruch der Ausbildung häufig bei jungen Menschen

Schließlich komme es häufiger vor, dass junge Menschen ihre Ausbildung abbrechen, auch wenn dies von der Außenwelt als “unklug, überstürzt oder irrational” angesehen wird. Eine Einsicht darüber erfolgt meist erst in den späteren Lebensjahren. Die Rückforderung des Jobcenters wurde damit unterbunden (Az: L 11 AS 346/22, Vorinstanz: Sozialgericht Braunschweig).

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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