Bürgergeld: Karenzzeit auch bei laufendem Leistungsbezug

Lesedauer 2 Minuten

Ursprünglich sollte die Karenzzeit im Bürgergeld 24 Monate betragen. Im weiteren Verlauf wurde diese Karenzphase auf 12 Monate reduziert. Vielfach herrscht die Meinung, dass die Schonzeit nur für Neuantragstellende im SGB II und SGB XII gelten. Das ist allerdings falsch, wie der Sozialrechtsexperte Harald Thomé bestätigt.

Das Bürgergeld wurde zum Jahreswechsel durch Hartz IV abgelöst. Im Zuge dessen wurde eine sogenannte Karenzzeit (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB II / § 35 Abs. 1 S. 2 SGB XII) einführt.

Schonzeit für Wohnkosten

Für Leistungsbeziehende gilt eine “Schonphase” in Bezug auf die Unterkunftskosten. In dieser Zeit darf das Jobcenter keine Aufforderung zur Kostensenkung ausstellen, wenn die Miete höher ist, als in den Angemessenheitskriterien bestimmt sind. Diese Regelung gilt allerdings nicht für die Heizkosten.

Erst nach Ablauf dieser Schonfrist darf eine Kostensenkungsaufforderung mit einer Frist von sechs Monaten ergehen, wenn die Unterkunftskosten “unangemessen” sind. Diese Frist darf allerdings nicht auf Karenzzeit angerechnet werden.

Karenzzeit gilt auch für Bestandsfälle

“Diese Karenzzeit von einem Jahr gilt aber auch für Bestandsfälle, also Menschen und Familien, die sich im laufenden Leistungsbezug befinden”, sagt der Sozialberater Harald Thomé von Tacheles e.V.

Geregelt wird dies im § 65 Abs. 3 SGB II/§ 140 Abs. 1 SGB XII. Auch dann darf seit dem 1. Januar 2023 bis Ende Dezember 2023 kein Kostensenkungsverfahren eingeleitet werden.

Wann gilt diese Regelung nicht?

Allerdings gilt diese Regelung nicht für Bürgergeld-Beziehende, bei denen vor dem 1. Januar 2023 seitens des Jobcenters nur die angemessenen Unterkunftskosten und nicht die tatsächlichen gezahlt wurden. Das ist im § 65 Abs. 6 SGB II/§140 Abs. 2 SGB XII geregelt.

Hat das Jobcenter im Jahre 2022 eine Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten zugestellt und wurde diese noch nicht wirksam, so sind die Betroffenen “über die Karenzregelung für Bestandsfälle außer Kraft gesetzt und dürfen nicht umgesetzt werden”, so Thomé.

Es wird zu falschen Entscheidungen in den Jobcentern und Sozialämtern kommen

Nach Ansicht des Sozialrechtsexperten werden zahlreiche Jobcenter und Sozialämter diese Regelungen für Bestandsfälle jedoch nicht umsetzen. Betroffene und Beratungsstellen sollten hierauf allerdings achten.

Rechtslücke bei der Karzenzzeit

Rechtsunsicherheiten bestehen allerdings in bestimmten Konstellationen. So stellt sich zum Beispiel die Frage, wenn ein Leistungsbeziehender in einen Nicht-Karenzzeit-Haushalt einzieht, er selbst aber einen individuellen Karenzanspruch hat. Dann müssten die Kosten der Unterkunft eigentlich getrennt voneinander berechnet werden. Abschließend geregelt ist das jedoch nicht.