Wenn ein Berufskraftfahrer wegen Trunkenheit am Steuer bei einer Privatfahrt seinen Job verliert, dann rechtfertigt das keine Rückerstattung an das Jobcenter. So entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen und gab damit einem Betroffenen Recht, der wegen einer solchen Trunkenheitsfahrt seinen Arbeitsplatz verloren hatte und zeitweise auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen gewesen war. Das Jobcenter darf in einem solchen Fall weder Leistungen kürzen noch wegen sozialwidrigen Verhaltens gezahlte Leistungen zurückfordern. (L 6 AS 80/17).
Alkoholisiert zur Tankstelle gefahren
Der Mann kommt aus Celle und hatte an einem Samstag mit der Familie die Geburt seines ersten Enkelkindes gefeiert. Dabei hatte er zu tief in die Flasche geschaut. Die Zigaretten waren alle, und er setzte sich alkoholisiert in seinen Pkw, um sich von einer nahen Tankstelle neue zu besorgen. Dabei hielt ihn eine Polizeistreife an.
Ohne Führerschein keine Arbeit als Kraftfahrer
Der Alkoholtest ergab einen Blutalkoholgehalt von mehr als 2,3 Promille. Es folgte ein Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und eine Geldstrafe. Zudem wurde ihm für neun Monate der Führerschein entzogen. Der Führerscheinentzug kostete ihn seinen Job. Denn der Mann arbeitete damals in einer Spedition in Salzgitter als Kraftfahrer und konnte diese Tätigkeit ohne Fahrerlaubnis nicht ausüben.
Arbeitslosengeld und Grundsicherung
Er bekam jetzt zeitweise Arbeitslosengeld. Da dieses aber nicht ausreichte, um den Lebensunterhalt zu decken, bezog er ergänzende Leistungen der Grundsicherung. Das Jobcenter zahlte diese zwar erst einmal aus, forderte sie aber später zurück.
Wie begründete das Jobcenter seine Forderung?
Das Jobcenter meinte, nicht die Allgemeinheit (also die aus Steuergeldern bezahlte Sozialleistung), sondern der Betroffene selbst sei in der Pflicht. Denn die Hilfebedürftigkeit sei zwar gegeben gewesen, aber von ihm durch sozialwidriges Verhalten selbst herbeigeführt. Sozialwidrig sei es gewesen, alkoholisiert Auto zu fahren und in der Folge seine Fahrerlaubnis zu verlieren.
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Bescheid prüfenDas hätte ihn auch seine Erwerbstätigkeit gekostet, und damit sei seine Hilfebedürftigkeit von ihm selbst herbeigeführt. Er habe seine beruflichen Sorgfaltspflichten besonders schwer verletzt und deshalb sein existenzsicherndes Einkommen verloren.
Was bedeutet sozialwidriges Verhalten?
“Sozialwidriges Verhalten” laut dem Sozialgesetzbuch (SGB) umfasst Handlungen, die gegen die Grundwerte des Sozialgesetzbuches verstoßen. Darunter fallen hauptsächlich absichtliche oder grob fahrlässige Handlungen, die dazu führen, dass jemand hilfebedürftig wird. Darüber hinaus gilt es als sozialwidrig, wenn jemand gezielt Handlungen unternimmt, um Sozialleistungen zu erhalten.
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Alkoholisierte Privatfahrten haben grundsätzlich nichts mit herbeigeführter Hilfebedürftigkeit zu tun
Der Mann lehnte es ab, dem Jobcenter die gezahlten Leistungen zurückzuerstatten, doch die Behörde hielt an ihrer Forderung fest. So ging die Angelegenheit vor Gericht und letztlich zum Landessozialgericht. Dieses folgte nicht der Argumentation des Jobcenters.
Es betonte im Gegenteil, dass eine Freizeitfahrt eines Berufskraftfahrers unter Alkoholeinfluss sogar grundsätzlich nicht in Bezug auf die Herbeiführung seiner Hilfebedürftigkeit stehe. Die Tat sei zwar rechtlich zu missbilligen. Sie sei aber nicht sozialwidrig im Sinne des Sozialgesetzbuches. Das Jobcenter hatte deshalb keinen Anspruch darauf, eine Erstattung zu fordern.