Bürgergeld: 600 Euro Stromguthaben gelten nicht als Einkommen

Lesedauer 2 Minuten

Bürgergeld-Bezieher müssen ihre Stromkosten aus dem Regelsatz bezahlen. Sozialverbände kritisieren diese Praxis, weil sie den Betroffenen oft unzumutbare Kosten aufdrückt. In einer bestimmten Situation hat es jedoch einen Vorteil für die Leistungsberechtigten, dass das Jobcenter die Stromkosten nicht separat übernimmt.

Wenn nämlich ein Bürgergeld-Bezieher gezielt Strom spart und so auf seiner Stromrechnung ein Guthaben erhält, dann behält er dieses, und das Jobcenter darf es nicht mit einer Nachzahlung der Heizkosten verrechnen.

Das gilt auch dann, wenn derselbe Anbieter Strom und Gas liefert.

Jobcenter verrechnete Gaskosten mit Stromkosten

Eine Familie in Bürgergeldbezug hatte auf der Stromrechnung der Stadtwerke ein Guthaben von 611,79 Euro erhalten. Allerdings sollten die Betroffenen 649,24 Euro Gaskosten nachzahlen. Verrechnet ergaben sich 37,45 Euro, die das Jobcenter an die Stadtwerke überwies.

Die Familie legte Widerspruch ein und forderte vom Jobcenter, die gesamten Gaskosten zu übernehmen, denn schließlich stünde den Leistungsbeziehern das Stromguthaben zu. Das Jobcenter wies den Widerspruch zurück, und es ging vor das Sozialgericht.

Das Stromguthaben muss ausgezahlt werden

Die Richter erklärten, dass es für das Jobcenter keine Rolle spielen dürfe, wie der Energieversorger intern Guthaben und Nachzahlung verrechnet. Es dürfe den Betroffenen „durch den Bezug von Strom und Gas aus einer Hand kein Nachteil entstehen“ (S 35 AS 635/18).

Ein Nachteil entstünde aber bei einer solchen Verrechnung, weil die Leistungsbezieher bei einer getrennten Abrechnung von Strom und Gas das Stromguthaben anrechnungsfrei behalten hätten. Das Sozialgericht zitierte dazu ein Urteil des Bundessozialgerichts (B 14 AS 185/10 R).

Außerdem dürften Einnahmen, die daher kommen, dass die Betroffenen bei den Regelbedarfen sparen, nicht als Einkommen bewertet werden. Damit bezog sich das Sozialgericht darauf, dass das Stromguthaben durch den reduzierten Verbrauch der Familie zustande gekommen war.

Das Sozialgericht erklärte, das Jobcenter muss die Nachzahlung für Gas über die Kosten der Unterkunft erstatten und den Bürgergeld-Beziehern das gesamte Stromguthaben überlassen.

Es geht vor das Bundessozialgericht

Der für das Jobcenter zuständige Kreis Schleswig-Flensburg ging bis zur Revision vor dem Bundessozialgericht (B 7 AS 21/22 R). Dieses bestätigte jedoch das vorhergehende Urteil und sagte klar, dass Jobcenter Heizkosten ausschließlich mit den Kosten der Unterkunft verrechnen dürften.

Jobcenter muss Heizkosten ungekürzt übernehmen

Heizkosten zählten zu den Kosten der Unterkunft und dürften nicht mit Haushaltsstrom, der aus dem Regelsatz bezahlt würde, verrechnet werden.

Dies würde sich auch nicht ändern, wenn Strom und Gas über denselben Anbieter liefen und dieser intern verrechnet. Das Jobcenter müsse vielmehr die Nachzahlung der Heizkosten in ungekürzter Höhe im Monat der Fälligkeit tragen.

Stromkosten seien nicht als Einnahme zu berücksichtigen.

Was bedeutet das Urteil für Bürgergeld-Bezieher?

Das Jobcenter hätte mehr als 600 Euro verrechnet, die als Guthaben der Familie gehörten. Das ist mehr als der monatliche Regelsatz eines alleinstehenden Bürgergeld-Beziehers, und dieses Geld hatten die Betroffenen durch ihre eigene Sparsamkeit erwirtschaftet.

Prüfen Sie als Leistungsberechtigte darum genau, ob das Jobcenter rechtswidrig ihr Stromguthaben verrechnet, wenn es um Heizkosten oder allgemein um Kosten der Unterkunft geht.