Bürgergeld: Jobcenter müssen Folgeanträge zügig bearbeiten – sonst gibt es Ärger vom Gericht

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Das Jobcenter muss die Kosten für das Eilverfahren wegen verspäteter Leistungserbringung zahlen, denn für eine alleinerziehende Mutter von 3 Kindern sind die monatlich fehlenden 2500 € existenzbedrohend, so das Gericht.

Haben Leistungsbezieher der Grundsicherung nach dem SGB II/ Bürgergeld rechtzeitig ( hier 6 Wochen vor Bewilligungsende ) einen Weiterbewilligungsantrag gestellt, welcher auch keinen erheblichen Bearbeitungsaufwand ( nur 1 Änderung hinsichtlich Einkommen ) verursacht hat, ist das Jobcenter verpflichtet, rechtzeitig den Antrag auf Weiterbewilligung von Bürgergeld zu bescheiden und die Leistungen auszuzahlen.

Eine alleinerziehende Mutter mit 3 Kindern muss nicht auf ihre Leistungen nach dem Bürgergeld warten, wenn das Jobcenter nicht innerhalb von 6 Wochen ihren Weiterbewilligungsbescheid beschieden hat.

Einstweiliger Rechtsschutz – Eilverfahren

Bürgergeld: Einstweiliger Rechtsschutz wenn das Jobcenter sich partout weigert

Denn sie kann einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht beantragen und die Auszahlung ihrer Leistungen nach dem SGB II verlangen, so der Verfahrensbeteiligte Rechtsanwalt in diesem Verfahren.

Jobcenter müssen Leistungen für das Bürgergeld /Weiterbewilligungsantrag rechtzeitig erbringen, zu mindestens dann, wenn der Antrag keinen erheblichen Bearbeitungsaufwand verursacht hat.

Das gibt aktuell das Sozialgericht in Stuttgart bekannt.

Das Jobcenter muss die außergerichtlichen Kosten für das Eilverfahren tragen, wenn ein Weiterbewilligungs- Antrag auf Bürgergeld für eine Bedarfsgemeinschaft nach 6 Wochen noch nicht bearbeitet wurde und somit das Geld nicht zur Auszahlung kam.

Das Jobcenter ist zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten verpflichtet, wenn für eine Mutter und ihre 3 Kinder die beantragten Bürgergeld- Leistungen nicht rechtzeitig erbracht wurden ( § 42 Abs. 2 SGB II ).

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bürgergeld sind gemäß § 42 Abs. 1 SGB II monatlich im Voraus auszuzahlen, wobei Verzögerungen bei der Auszahlung von Bürgergeld, veranlasst durch das Jobcenter – existenzbedrohend sind.

Hatten die Antragsteller den Antrag rechtzeitig gestellt und eine Bearbeitungsdauer von über sechs Wochen vor Erhebung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz abgewartet, und die Bewilligung war bei Erhebung des Eilverfahrens noch nicht wirksam ergangen, geht dieses fehlerhafte Verhalten zu Lasten des Jobcenters.

Das Jobcenter beruft sich darauf, dass ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht erforderlich gewesen sei, weil der Bescheid sei noch vor Eingang des Antrags erstellt und versandt worden.

Das SG Stuttgart hat das Jobcenter aber zur Zahlung der außergerichtlichen Kosten verpflichtet und folgte damit – nicht der Auffassung des Jobcenters.

Begründung

Ein erheblicher Bearbeitungsaufwand lag nicht vor

Entscheidend ist, dass die Antragsteller den Weiterbewilligungsantrag bereits am 23.10.2024 gestellt hatten. Im Weiterbewilligungsantrag wurde lediglich eine Änderung (weiteres Einkommen) zu der vorherigen Bewilligung angegeben, so dass ein erheblicher Bearbeitungsaufwand hieraus nicht ersichtlich wird. Ein solcher wird auch vom nicht vorgetragen. Der Bescheid des Jobcenters ging aber erst am 10.12.2024 dem Bevollmächtigtem zu.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bürgergeld sind gemäß § 42 Abs. 1 SGB II monatlich im Voraus auszuzahlen.

Verzögerungen von Bürgergeld, veranlasst durch das Jobcenter – sind existenzbedrohend – hier rund 2500 € monatlich

Insbesondere, wenn diese – wie hier – einen Großteil oder das gesamte Einkommen ausmachen, sind Verzögerungen für die Leistungsempfänger vor dem Hintergrund anstehender Zahlungen zum Monatsanfang (Miete etc.) existenzbedrohend.

Die Antragsteller hatten den Antrag rechtzeitig gestellt und eine Bearbeitungsdauer von – über sechs Wochen – vor Erhebung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz abgewartet. Die Bewilligung war bei Erhebung noch nicht wirksam ergangen.

Deshalb hatte die Antragsgegnerin das Verfahren veranlasst und die Auferlegung der außergerichtlichen Kosten ist gerechtfertigt.

Praxistipp

Bürgergeld: Weiterbewilligungsantrag am Sonntag verlängert keine Frist, denn bei einem Weiterbewilligungsantrag für Bürgergeld verlängert ein Wochenende nicht den Zeitraum seiner Gültigkeit.

Bürgergeld: Weiterbewilligungsantrag am Sonntag verlängert keine Frist

Persönlicher Hinweis – Weiterbewilligungsanträge oder wenn das Jobcenter mal wieder auf sich warten lässt

Bezieher von Bürgergeld sollten ihren Weiterbewilligungsantrag nachweislich frühzeitig stellen, in der Regel mindestens 6 Wochen vor Ablauf des alten Bewilligungsbescheides. Eine Kopie des Antrags kann immer hilfreich sein.

In der Regel werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Bürgergeld) für zwölf Monate bewilligt. Kurz vor Ende des Bewilligungszeitraumes muss der Leistungsberechtigte einen Weiterbewilligungsantrag stellen. Leider dauert die Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrages durch das Jobcenter sehr oft derart lang, dass viele Bürgergeld- Empfänger wochenlang ohne Geld dastehen.

Diese können dann ihre Miete nicht zahlen, geschweige denn für sich oder ihre Familie Nahrungsmittel kaufen. Und als sei das nicht schon schlimm genug, endet im schlimmsten Fall auch der Krankenversicherungsschutz.

Es ist daher dringend anzuraten, in einem solchem Fall einen Rechtsanwalt aufzusuchen, der im Sozialrecht tätig ist, damit dieser ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht einleitet.

Die Kosten werden von der Staatskasse im Rahmen von Prozesskostenhilfe getragen. Hat der Eilantrag Erfolg muss in der Regel das Jobcenter die Kosten des Verfahrens tragen. Da es sich wie der Name schon sagt um ein Eilverfahren handelt, werden diese Anträge von den Sozialgerichten sofort bearbeitet, sodass meist innerhalb weniger Tage die Bewilligung der Leistungen erfolgt.

Rechtstipp für Bürgergeld – Bezieher vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock

Pflicht des Jobcenters zum rechtzeitigen Hinweis auf erforderlichen Folgeantrag

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Grundsicherungsträger/ Jobcenter verpflichtet ist, auf die Notwendigkeit von Folgeanträgen hinzuweisen (BSG, Urteile vom 18.01.2011 – B 4 AS 29/10 R – und – B 4 AS 99/10 R -).

Unterlässt er einen entsprechenden Hinweis, ist er ggf. auf Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet, Leistungen auch vor der konkreten Antragstellung zu erbringen.

Dieser BSG Rechtsprechung folgend zum Beispiel

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.02.2015 – L 7 AS 187/14 –

Die von einem zugelassenen kommunalen Träger abweichend von der Weisungslage bei Gemeinsamen Einrichtungen geübte Praxis, nicht erst ein Monat vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes sondern in dem Monate davor ergangenen Bewilligungsbescheid auf die Notwendigkeit eines Folgeantrages hinzuweisen, genügt nicht der vom BSG verlangten Belehrung im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Leistungsbezuges.