Berufsrechtliche Vorgaben dürfen nur aus zwingenden Gemeinwohlgründen in die Berufsfreiheit von Menschen mit Behinderung eingreifen. Nach einem am Donnerstag, 6. November 2025, verkündeten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig soll daher das Land Hamburg einem Arzt mit Sehbeeinträchtigung eine Approbation mit Auflagen erteilen, sofern die anderen Voraussetzungen erfüllt sind (Az.: 3 C 17.23).
Behörde lehnte eine Approbation ab
Der Kläger hatte bereits sein Medizinstudium begonnen, als bei ihm eine Makuladegeneration diagnostiziert, eine Erkrankung der Netzhaut des Auges, die hier unter anderem zu einer Verringerung der zentralen Sehschärfe und Ausfällen im Gesichtsfeld führte. Nach Abschluss des Studiums bestand der Kläger die ärztliche Prüfung und beantragte die Erteilung der Approbation, also die allgemeine Zulassung zum Arztberuf.
Das Landesprüfungsamt für Gesundheitsberufe Hamburg lehnte dies ab. Der Kläger sei gesundheitlich ungeeignet. Ihm fehlten die für den Arztberuf unerlässlichen visuellen Fähigkeiten. Er könne eine Berufserlaubnis erhalten, die – anders als eine Approbation – mit Einschränkungen und Nebenbestimmungen versehen werden könne.
Allerdings erlaubt die Berufserlaubnis die Ausübung des Arztberufs nur unter Aufsicht eines approbierten Kollegen. Zudem ist sie zeitlich und auf ein Bundesland begrenzt.
Bundesverwaltungsgericht hilft sehbeeinträchtigtem Arzt
Der Arzt beharrte daher auf der Approbation und klagte. Das Verwaltungsgericht Hamburg gab ihm recht. Der Arzt wolle im Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie tätig werden, für das er ausweislich mehrerer Sachverständigengutachten geeignet sei.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) dagegen wies die Klage ab. Die Eignung für nur ein Fachgebiet reiche nicht aus. Denn die Approbation berechtige zur umfassenden Ausübung des ärztlichen Berufs. Sie setze daher grundsätzlich voraus, dass ein Antragsteller gesundheitlich geeignet sei, ärztliche Tätigkeiten in allen Fachgebieten auszuüben.
Eingriff in die Berufsfreiheit
In oberster Instanz schloss sich das Bundesverwaltungsgericht nun dem Verwaltungsgericht an und hob das OVG-Urteil auf. Zur Begründung verwiesen die Leipziger Richter auf das im Grundgesetz verankerte Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung.
Ein Eingriff in die Berufsfreiheit dieser Menschen sei daher nur aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls zulässig. Es seien aber keine Gemeinwohlgründe ersichtlich, warum nicht auch eine Approbation mit Auflagen und Einschränkungen versehen werden könne.
Den Streit verwies das Bundesverwaltungsgericht an das OVG zurück. Grund ist, dass die Hamburger Richter wegen ihrer gegenteiligen Meinung keine abschließenden Feststellungen zur Eignung für das Fachgebiet der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie treffen mussten. Dies sollen sie nun nachholen. mwo




