Wer arbeitsunfähig geschrieben ist, muss auch dann nicht zu einem Personalgespräch erscheinen, wenn es dran um die Form einer möglichen Weiterbeschäftigung des Erkrankten geht. So entschied das Bundesarbeitsgericht zugunsten eines abgemahnten Arbeitnehmers und erklärte damit die Abmahnung für unwirksam. (Az: 10 AZR 596/15)
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Einladung zum Personalgespräch
Der Betroffene arbeitete bei seinem Arbeitgeber zuerst als Krankenpfleger und später nach einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit befristet als Dokumentationsassistent. Er wurde erneut für mehrere Monate arbeitsunfähig und der Arbeitgeber lud ihn schriftlich ein „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“.
Absage und Abmahnung
Der Betroffene sagte den Termin ab und verwies dazu auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber schickte eine erneute Einladung und wies ihn darauf hin, der Betroffene habe ein Nichterscheinen durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests zu beweisen. Demzufolge reiche eine „normale“ Krankmeldung nicht aus. Der Betroffene nahm auch diesen Termin nicht wahr. Deshalb erhielt er vom Arbeitgeber eine Abmahnung.
Es geht durch alle Instanzen des Arbeitsgerichts
Der Betroffene legte Klage vor dem Arbeitsgericht ein,um die Abmahnung für ungültig zu erklären und aus der Personalakte entfernen zu lassen.
Der Arbeitgeber vertrat hingegen den Standpunkt, Arbeitsunfähigkeit bei Krankheit mache lediglich die Erbringung der Hauptleistung unmöglich. Die Nebenpflichten (wie dieses Personalgespräch) blieben hingegen bestehen. Deshalb sei der Arbeitnehmer zum Gespräch verpflichtet gewesen.
Die Klage war erfolgreich. Der Arbeitgeber akzeptierte das Urteil nicht und legte vor dem Landesarbeitsgericht Berufung ein. Dieses wies die Berufung zurück und bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Daraufhin begehrte der Arbeitgeber vor dem Bundesarbeitsgericht eine Revision des Urteils.
Bundesarbeitsgericht entscheidet zugunsten des Arbeitnehmers
Das Bundesarbeitsgericht lehnte eine Revision ab und stellte sich hinter die Entscheidungen der Vorinstanzen. Somit umfasse zwar eine Arbeitspflicht auch die Teilnahme an ein vom Arbeitgeber angewiesenen Gespräch mit dem Gegenstand des Inhaltes, Ortes und der Zeit der zu erbringenden Arbeitsleitung.
Keine Arbeitspflicht bei Arbeitsunfähigkeit
Dieser Arbeitspflicht müsse der Erkrankte aber nicht nachkommen, da er attestiert arbeitsunfähig sei. Er sei dann grundsätzlich nicht in der Pflicht, im Betrieb zu erscheinen oder andere mit der Hauptleistung unmittelbar verbundene Nebenleistungen zu erfüllen.
Persönliches Erscheinen nur bei Unverzichtbarkeit
Der Arbeitgeber könne zwar mit dem erkrankten Arbeitgeber in Kontakt treten, um mit ihm die Möglichkeit einer weiteren Beschäftigung zu klären. In diesem Fall sei der erkrankte Arbeitnehmer aber nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen. Eine Ausnahme sei es, wenn betriebliche Gründe dies unverzichtbar machten und der Arbeitnehmer gesundheitlich dazu in der Lage sei.
Abmahnung ist zu Unrecht erfolgt
Der Arbeitgeber habe es in diesem Fall jedoch versäumt, darzulegen, dass und warum das Erscheinen im Betrieb unverzichtbar sei. Deshalb musste der Betroffene dieser Anordnung nicht nachkommen. Die Abmahnung sei insofern zu Unrecht erfolgt und müsste aus der Personalakte entfernt werden.




