Rückwirkend erstattete Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden auch dann in der Einkommenssteuer hinzugerechnet, wenn sie auf einer rückwirkenden Änderung der Sozialversicherung beruhen. So entschied der Bundesfinanzhof zugunstend es Finanzamtes, nachdem ein Ehepaar geklagt hatte, dass meinte, eine Rückerstattung sei zu Unrecht bei der Steuer berücksichtigt worden. (Az: X R 27/21).
Wie ist die gesetzliche Grundlage?
Der Paragraf 10 Absatz 4b des Einkommenssteuergesetzes sagt aus: “Erhält der Steuerpflichtige Beitragserstattungen für Aufwendungen nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 3a EStG sind diese mit den unter der entsprechenden Nummer angesetzten Aufwendungen für das Veranlagungsjahr zu verrechnen (§ 10 Abs. 4b S. 2 EStG).
Verbleibt nach der vorangegangenen Verrechnung ein Erstattungsüberschuss in den Ausgaben nach § 10 Absatz 1 Nummer 3 und 4 EStG ist dieser dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen (§ 10 Abs. 4b S. 3 EStG).”
Solche Gesetzestexte sind für juristische Laien nur schwer verständlich. Was dieser Paragraf in einer konkreten Situation bedeutet lässt sich anhand des Falls zeigen, über den der Bundesfinanzhof entschied.
Rückzahlung wegen fälschlich freiwilliger Krankenversicherung
Ein Ehepaar hatte 2017 zusammen die Einkommenssteuererklörung veranlagt. Der Kläger gab dabei Versorgungsbezüge an, und die Klägerin eine gesetzliche Rente. In diesem Jahr erhielt die Ehefrau auch von einer Krankenkasse eine Beitragsersattung der Basis-Krankenversicherung und – Pflegeversicherung an die Steuerpflichtige für die Jahre 2003 bis 2016 in Höhe von 39.509,40 EUR.
Sie hatte erfolgreich gegen die Krankenversicherung vor dem Sozialgericht geklagt, weil sie zu Unrecht eine freiwillige Krankenversicheurng hatte abschließen müssen, obwohl sie die Voraussetungen für die gesetzliche Pflichtversicherung erfüllte. Deshalb wurde das Sozialversicherungsverhältnis rückwirkend geändert.
Finanzamt rechnet die Rückerstattung dem steuerpflichtigen Einkommen hinzu
Das Finanzamt verrechnete jetzt bei der Einkommenssteuer diese Erstattung mit den 2017 gezahlten Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Dagegen klagten die Betroffenen zuerst vor dem Finanzgericht und schließlich vor dem Bundesgerichtshof.
Gerichte stehen eindeutig auf Seite des Finanzamtes
Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof entschieden klar im Sinne des Finanzamtes. So sei der Bergiff “erstattete Aufwendungen” aus dem Paragrafen 10 Absatz 4b des Einkommenssteuergesetzes weit auszulegen. Aufwendungen seien alle Ausgaben in Geld oder Geldeswert, die das Vermögen des Steuerpflichtigen minderten. Erstattungen würden dem Steuerpflichtigen hingegen als Vermögen zugeführt.
Der Grund für den Zufluss ist zu vernachlässigen
Der Grund für den Zufluss sei dabei unwichtig. Es gebe keine Hinweise darauf, dass es ausgeschlossen sei, Beitragserstattungen zu berücksichtigen, weil diese auf eine rückwirkende Änderung des Versicherungsstatus abzielten.
Das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot sei nicht angetastet. Laut dem Paragrafen 10 Absatz 4b würden.
Erstattungen auch dann verrechnet oder hinzugerechnet, “wenn sie auf Aufwendungen beruhen, die der Steuerpflichtige vor diesem Zeitpunkt in einem früheren Veranlagungszeitraum getätigt hat”.