Die Bundesregierung bereitet eine Reform des Bürgergelds vor – mit dramatischen Konsequenzen für Familien. Im Fokus stehen nicht nur Pflichtverletzungen von Leistungsbeziehenden, sondern auch Kinder, die in Bedarfsgemeinschaften leben. Schon jetzt zeigen sich deutliche Betroffenheitszahlen – und was nun im Raum steht, verschärft diese Lage massiv.
Inhaltsverzeichnis
Aktueller Gesetzesstand und geplante Neuerungen
Ministerin Bärbel Bas (SPD) hat einen ersten Referentenentwurf für die Neugestaltung des Bürgergelds vorgelegt.
Die Vorhaben im Blick:
| Thema | Geplante Änderung |
| Sanktionen bei Pflichtverletzungen | Es sollen einheitlich bis zu 30 % des Regelbedarfs als Minderung möglich werden; beim dritten Meldeversäumnis ggf. vollständiger Leistungsausfall. |
| Kosten der Unterkunft (KdU) | Diskussionen laufen, ob zukünftig bei Pflichtverletzungen auch die Kosten der Unterkunft in vollem Umfang gestrichen werden. |
| Neuer Name & Konzept | Aus „Bürgergeld“ soll eine „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ werden – verbunden mit härteren Regeln zur Teilnahme am Arbeitsmarkt. |
Damit droht eine Reform, bei der Leistungsbeziehende stärker „gefordert“, aber auch stärker sanktioniert werden – und eben nicht nur einzelne Erwachsene, sondern ganze Bedarfsgemeinschaften.
Kinder in Bedarfsgemeinschaften: bereits jetzt betroffen
Auch ohne die geplante Reform sind Kinder in Familien mit Bürgergeld schon heute spürbar betroffen – und das gerade im Zusammenhang mit Sanktionen in besonders verletzlicher Weise.
Im Juni 2025 lebten zahlreiche Kinder in Bedarfsgemeinschaften, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Laut aktuellen Daten der Bundesagentur für Arbeit gab es im genannten Monat insgesamt 2.883.181 Bedarfsgemeinschaften, von denen 35.512 mit Sanktionen belegt wurden. In 11.115 dieser sanktionierten Haushalte lebte mindestens ein minderjähriges Kind – mit hoher Wahrscheinlichkeit waren es sogar deutlich mehr, da viele Familien mehr als ein Kind haben.
Diese Zahlen zeigen eindrücklich: Wenn in jedem dritten sanktionierten Haushalt Kinder leben, bedeutet jede einzelne Leistungskürzung eine unmittelbare Belastung für Minderjährige – sowohl finanziell als auch psychisch.
Existenzsicherung als Druckmittel – Bedeutung für Familien
Die Reform setzt dort an, wo bisher vor allem Regelbedarf und Mitwirkungspflichten im Blick standen. Neu: Die drohende Streichung der gesamten Leistung oder sogar der Kosten der Unterkunft.
Das bedeutet konkret: Wenn eine Familie eine Pflichtverletzung begeht (z. B. Termin beim Jobcenter versäumt) — dann kann nicht nur der Regelbedarf gemindert, sondern ggf. die Unterkunftsleistung gestrichen werden. Damit steht das Wohnrecht der gesamten Familie auf dem Spiel.
Für Kinder bedeutet das: Ein System, das Sicherung des Existenzminimums garantieren soll, wird zu einem Mittel des sozialen Drucks. Eine bedrohliche Entwicklung.
Kritik von Sozial‑ und Kinderschutzverbänden
Verschiedene Verbände schlagen Alarm – und das aus gutem Grund. Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert nachdrücklich, dass Kinder nicht für das Verhalten ihrer Eltern mithaften dürfen. „Kinder dürften nicht für ihre Eltern mithaften“, heißt es wörtlich.
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Bescheid prüfenAuch der Deutsche Kinderschutzbund meldet sich mit klaren Worten zu Wort: Kinder und Jugendliche besitzen ein eigenes Schutzrecht und seien, als Teil der Bedarfsgemeinschaft, automatisch von Sanktionen betroffen – selbst dann, wenn sie keinerlei Verpflichtung zur Mitwirkung am Arbeitsmarkt haben.
Die Kritik trifft ins Mark: Familien mit Kindern sind von den geplanten Verschärfungen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch psychisch doppelt belastet.
Alltag von Kindern im Bürgergeld: Schon jetzt hart
Selbst ohne verschärfte Sanktionen ist das Leben von Kindern in Familien mit Bürgergeld schwierig. So gaben bei einer Umfrage im Juni 2025 über die Hälfte der Eltern mit Kinder‑Bürgergeldbezug an, regelmäßig auf eigene Mahlzeiten zu verzichten, damit zumindest ihre Kinder satt würden.
Kinder mit Eltern im Bürgergeld‑Bezug stehen unter Druck – und mit jeder Kürzungsdrohung wächst die Belastung.
Warum das Thema zählt – und was jetzt passieren muss
Diese Reformpläne sind kein Randthema: Sie betreffen Zehntausende Familien, viele Kinder, und berühren fundamentale Fragen sozialer Teilhabe, Schutzpflichten und Gerechtigkeit.
Wichtig für Leserinnen und Leser:
Wenn eine Regelung kommt, bei der Kosten der Unterkunft gestrichen werden können, droht tatsächliche Obdachlosigkeit – insbesondere bei Familien mit mehreren Kindern.
Kinderrechte werden hier tangiert: Ein Kind kann nicht verständlich gemacht werden, warum das Jobcenter sanktioniert wird – aber die Wohnung wegfällt.
Es geht nicht nur um Arbeitsmarktpolitik, sondern um menschenwürdige Existenzsicherung.
Die politischen Fraktionen im Bundestag sind nun gefragt: Werden sie nachbessern, insbesondere Kinder in Bedarfsgemeinschaften ausnehmen und echte Schutzmechanismen einbauen? Oder wird ein Reformentwurf durchgedrückt, der Familien mit Kindern strukturell benachteiligt?
Ausblick
Als nächstes steht die parlamentarische Beratung des Entwurfs an. Es wird Anhörungen mit Fachverbänden geben, gefolgt von intensiven Debatten im Bundestag.
Für betroffene Familien bedeutet das: aufmerksam bleiben, sich rechtzeitig rechtlich beraten lassen und gut informiert sein über mögliche Änderungen. Eines jedoch steht schon jetzt fest: Kinder dürfen nicht erneut die Rechnung einer verfehlten Sozialpolitik begleichen.




