Ein Leser fragte uns von Gegen Hartz, ob es mรถglich sei, eine Erwerbsminderungsrente wegen einer Suchterkrankung zu beziehen. Das lรคsst sich weder mit Ja noch mit Nein beantworten, denn um einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente zu haben, mรผssen bestimmte Voraussetzungen erfรผllt sein, bei denen eine Suchterkrankung hineinspielen kรถnnen.
Sie mรผssen die Wartezeit erfรผllen
Unabhรคngig davon, ob Sie tatsรคchlich erwerbsgemindert sind, mรผssen Sie mindestens fรผnf Jahre Wartezeit als Versicherter bei der Deutschen Rentenversicherung vorweisen, darunter mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitrรคgen. Ohne diese haben Sie keinen Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente.
Die Ausnahmen sind Arbeitsunfรคlle und Berufserkrankungen. Bei diesen haben Sie bereits Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, wenn Sie รผberhaupt rentenversichert sind.
Sie mรผssen erwerbsgemindert sei
Sie gelten als voll erwerbsgemindert, wenn Sie nur noch weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten kรถnnen und als teilweise erwerbsgemindert, wenn Sie nur noch weniger als sechs Stunden pro Tag arbeiten kรถnnen. Bei entsprechenden Versicherungszeiten haben Sie dann Anspruch auf eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente.
Reha statt Rente
Die Deutsche Rentenversicherung hat das Prinzip Reha statt Rente, wird also immer erst einmal versuchen, ihre volle Erwerbsfรคhigkeit durch medizinische Maรnahmen wiederherzustellen statt Ihnen eine Erwerbsminderungsrente auszuzahlen.
In der Regel haben Sie erst die Mรถglichkeit, eine Erwerbsminderungsrente zu beziehen, wenn Sie zuvor Reha-Maรnahmen durchfรผhrten, die aber die komplette Erwerbsfรคhigkeit nicht zurรผck brachten.
Bei Substanzabhรคngigkeit bedeutet das. Wenn Sie wegen Ihrer Sucht nur noch eingeschrรคnkt arbeiten kรถnnen, dann wird Ihnen die Rentenversicherung erst einmal Entwรถhnungsbehandlungen anbieten.
Eine solche Reha kommt dann in Frage, wenn Sie bei zwanghaftem Suchtmittelkonsum die Selbstkontrolle verlieren und unfรคhig zur Abstinenz sind, oder wenn Sie eine stationรคre Entgiftung im Krankenhaus hinter sich haben oder wenn ihr behandelnder Arzt, Therapeut oder Suchtkrankenhelfer dieses empfiehlt.
Eine Rente wegen Suchterkrankung ist mรถglich
Grundsรคtzlich kรถnnen Sie wegen Ihrer Suchtkrankheit eine Erwerbsminderungsrente beziehen, nรคmlich dann, wenn diese Ihre Leistung so mindert, dass Sie nur noch weniger als sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung) oder weniger als drei Stunden (teilweise Erwerbsminderung) pro Tag arbeiten kรถnnen.
Tatsรคchlich war bei 3,2 Prozent derjenigen, die 2023 neu in die Erwerbsminderungsrente kamen, eine Suchterkrankung die Ursache, und das sind 5.285 Menschen. Dazu gehรถren Alkoholiker, Schmerzmittelabhรคngige, Drogen- und Medikamentensรผchtige.
Wie sind Vorraussetzungen?
Voraussetzung fรผr eine Erwerbsminderungsrente ist also die Einschrรคnkung der Erwerbsfรคhigkeit.
Dabei lassen sich die Suchtkrankheit und die Folgeerkrankungen hรคufig kaum auseinander halten. Alkoholismus kann zum Beispiel zu Herzschรคdigungen, Leberzirrhosen oder diversen Krebsformen fรผhren und psychisch zu Bewusstseins- ebenso wie zu Persรถnlichkeitsstรถrungen (zum Beispiel Borderline), auรerdem zu Depressionen, Angststรถrungen und Psychosen.
Alle diese Folgeerkrankungen begrรผnden in ausgeprรคgten Fรคllen jede fรผr sich eine Erwerbsminderung.
Psychische Erkrankungen sind sogar die Hauptursache fรผr eine Erwerbsminderung, und dabei stehen Depressionen weit vorne.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universitรคt Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen fรผr ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.