Witwenrente sinkt ab Dezember 2025 – Was Hinterbliebene jetzt tun sollten

Lesedauer 3 Minuten

Was als soziale Korrektur gedacht war, droht vielen Hinterbliebenen zur Belastung zu werden.

Seit 1. Juli 2024 erhalten frรผhere Erwerbsminderungs- und Folgerenten einen pauschalen Zuschlag von 4,5 bis 7,5 Prozent, um รคltere Jahrgรคnge nachtrรคglich besserzustellen.

Bis Ende November 2025 flieรŸt dieser Aufschlag vรถllig separat โ€“ technisch sogar mit einer eigenen รœberweisung โ€“ und bleibt deshalb bei der Einkommensanrechnung fรผr Witwenrenten auรŸen vor.

Ab 1. Dezember 2025 รคndert sich das grundlegend: Der Zuschlag verschmilzt mit der regulรคren Rente und gilt damit voll als Einkommen. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bestรคtigt, dass er โ€ždann Bestandteil der Rente ist und bei der Einkommensanrechnung berรผcksichtigt wirdโ€œ.

Warum die รœbergangsregel endet

Der Gesetzgeber hat die getrennte Zahlung nur als technische Zwischenlรถsung verankert (ยง 307j Abs. 4 SGB VI). Sobald die IT-Umstellung abgeschlossen ist, greift ยง 307i SGB VI und der Zuschlag wird in die Monatsrente integriert.

Die eigentlich positive Rentenaufwertung kann dadurch paradoxerweise zur Kรผrzung der Witwenrente fรผhren, weil sich das anrechenbare Einkommen erhรถht. Verbrauchermedien sprechen bereits von einer โ€žRentenkรผrzung durch die Hintertรผrโ€œ.

So ist die Einkommensanrechnung

Fรผr Witwen- und Witwerrenten gilt bundesweit eine Freigrenze, die jรคhrlich mit der Rentenanpassung steigt. Zum 1. Juli 2025 liegt sie bei 1 076,86 Euro netto im Monat. รœberschreitet das Gesamtnettoeinkommen โ€“ dazu zรคhlt kรผnftig auch der integrierte Zuschlag โ€“ diesen Wert, werden 40 Prozent des Mehrbetrags von der Hinterbliebenenrente abgezogen. Waisenrenten sind seit 2017 von jeder Einkommensanrechnung befreit.

Lesen Sie auch:

–ย Witwenrente ist gestrichen: 538.000 Witwen und Witwer gehen nun leer aus

Wenn das โ€žPro-to-Netto-Problemโ€œ zuschlรคgt

Der Zuschlag wird auf dem ab 1. Juli 2025 erhรถhten Rentenzahlbetrag berechnet. Dadurch kann er hรถher ausfallen, als viele erwarten, und Betroffene รผber die Freigrenze heben. Fachleute nennen das die โ€žPro-to-Netto-Falleโ€œ: Brutto scheint mehr Geld auf dem Konto zu landen, netto bleibt nach der Anrechnung oft weniger รผbrig.

Ein Beispiel zeigt die GrรถรŸenordnung: Steigt eine eigene Altersrente durch den Zuschlag von 1 050 Euro auf 1 120 Euro, liegt das Nettoeinkommen 43 Euro รผber der Freigrenze. Davon werden 40 Prozent โ€“ also 17,20 Euro โ€“ von der Witwen- oder Witwerrente abgezogen.

Wer besonders betroffen ist

Am stรคrksten betroffen sind Hinterbliebene, die sowohl eine eigene Alters- oder Erwerbsminderungsrente mit Zuschlag als auch eine Witwen- oder Witwerrente beziehen. Schรคtzungen reichen von mehreren zehntausend bis รผber hunderttausend Fรคllen, weil allein drei Millionen Bestandsrentnerinnen und -rentner den neuen Zuschlag erhalten.

Handlungsoptionen vor dem Stichtag

Rechts- und Rentenberater raten, nicht bis zum ersten korrigierten Rentenbescheid zu warten, sondern die eigene Einkommenssituation schon jetzt durchzurechnen โ€“ idealerweise gemeinsam mit der DRV oder einer unabhรคngigen Beratungsstelle.

Wer freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversichert ist, sollte darauf achten, dass diese Beitrรคge im Bescheid korrekt abgezogen werden, denn sie mindern das anrechenbare Einkommen. Gleichzeitig lohnt es kaum, die Arbeitszeit allein zur Schonung der Freigrenze zu reduzieren; oft frisst die geringere eigene Rente den vermeintlichen Vorteil wieder auf.

Rentenbescheide sorgfรคltig prรผfen

Ab Dezember 2025 verschickt die DRV neue Leistungsmitteilungen. Innerhalb eines Monats kann Widerspruch eingelegt werden. Ratsam ist ein genauer Blick darauf, ob

โ€“ der Zuschlag korrekt berechnet,
โ€“ die neuen Freibetrรคge angewendet und
โ€“ Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrรคge vollstรคndig abgezogen wurden.

Fachkundige Prรผfer entdecken hier immer wieder Fehler, die im Einzelfall dreistellige Betrรคge pro Monat kosten kรถnnen.

“Dass eine gesetzliche Verbesserung bei den einen zu realen Verlusten fรผhrt, offenbart eine strukturelle Schwรคche des Einkommensanrechnungs-systems. Sozialverbรคnde fordern deshalb, den Zuschlag dauerhaft von der Hinterbliebenenrente freizustellen oder die Freibetrรคge deutlicher anzuheben”, fordert der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.

Fazit

Der pauschale Zuschlag fรผr frรผhere Erwerbsminderungsrentner ist gut gemeint, kann aber fรผr Hinterbliebene zur Kostenfalle werden, sobald er ab Dezember 2025 als Einkommen gilt.

Wer eine Witwen- oder Witwerrente bezieht und gleichzeitig eine eigene Rente mit Zuschlag erhรคlt, sollte seine Bescheide frรผhzeitig prรผfen, Beratung in Anspruch nehmen und nรถtigenfalls Widerspruch einlegen. Vorbereitung ist der beste Schutz vor einer unliebsamen รœberraschung im Ruhestand.