Peter Bofinger, Ökonomieprofessor und ehemaliges Mitglied des Sachverständigenrats widerspricht der Erzählung, nach der das System Bürgergeld die derzeitige Wirtschaftskrise verursache.
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Bürgergeld ist kein “Jobkiller”
In einem Gastkommentar im Handelsblatt zeigt der Ökonom nüchtern die Zahlen. Demnach gibt es heute circa 1,2 Millionen mehr Beschäftigte als Ende 2019. Das Bürgergeld als “Jobkiller” zu diffamieren ist also ein Märchen.
Bürgergeld führt nicht dazu, den Job zu kündigen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hatte im März 2024 die Behauptung gerade gerückt, nach der das Bürgergeld dazu führe, den Job zu kündigen.
Wörtlich heißt es: “Wäre diese Einschätzung korrekt, hätte es mit der Reform 2023 einen statistisch erkennbaren Anstieg der Übergänge aus Erwerbstätigkeit in den Leistungsbezug geben müssen. Genau dies war aber nicht der Fall. Die Zahl dieser Übergänge war schon vorher gering und ist es weiterhin.”
Es gibt einen Strukturwandel
Dass trotzdem in vielen Bereichen Arbeitsplätze fehlen, liegt, laut Bofinger an einem Strukturwandel.
Mehr Erziehung, weniger Handel
So gebe es immer mehr Arbeitsplätze im Bereich Erziehung, öffentliche Dienstleister und Gesundheit, während weniger Menschen in Handel, Verkehr und Gastgewerbe beschäftigt würden.
Kürzere Arbeitszeiten
Außerdem sinke die Arbeitszeit der Erwerbstätigen und damit sei die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden insgesamt nicht wesentlich höher als vor Beginn der Corona-Pandemie.
Welche Ursachen hat die Wirtschaftsschwäche?
Die Wirtschaftsschwäche hätte gänzlich andere Ursachen als das Bürgergeld. So würde das traditionelle deutsche Geschäftsmodell nicht mehr greifen.
Wirtschaft hat die Zeichen der Zeit verschlafen
Export, Industrie und Autos mit Verbrennungsmotoren seien als Modell nicht mehr tragbar. Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einer “Technologiefalle”.
Bei digitalen Plattformen, Elektromobilität, Solartechnik oder Chips sei Deutschland nicht “vorne dabei”.
Strukturwandel und Bürgergeld
Bofinger erwähnt einen Punkt nicht, der sich aus seinen Aussagen logisch ableiten lässt. Wenn es nämlich in Deutschland einen Strukturwandel im Arbeitsmarkt gibt, dann ist ein Kernansatz des Bürgergeldes richtig, um diese Veränderung anzupacken.
Strukturwandel bedeutet, dass viele Berufe den Stellenwert verlieren, den sie in der Vergangenheit hatten oder sogar aussterben.
Qualifikation statt Idiotenjobs
Menschen, die aus solchen Berufen kommen und erwerbslos werden, fassen nicht wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß, indem sie auf Teufel komm raus in Idiotenjobs gepresst werden – wie es bei Hartz IV der Fall war.
Vielmehr brauchen sie Umschulungen, Aus- und Weiterbildungen, Lehrgänge und Einführungen, um sich nachhaltig in Arbeitsbereiche zu integrieren, die heute gefragt sind. Genau das soll beim Bürgergeld möglich sein.
Profil und Stelle passen oft nicht zusammen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung fand heraus: “Trotz des Arbeitskräftemangels gelingt (…) zu selten die Vermittlung in Beschäftigung – auch weil die Leistungsberechtigten häufig nicht zu den Profilen der offenen Stellen passen.”
Weiterbildung gegen Fachkräftemangel
Die Idee des Bürgergeldes, den Fokus auf Weiterbildung zu setzen, um so eine Brücke zu bauen zwischen Facharbeitermangel einerseits und Erwerbslosigkeit andererseits, ist also genau richtig, um die Realität anzunehmen.
Ganz im Gegenteil zu genau den Politikern, die mit Geschäftsmodellen einer vergangenen Epoche die Wirtschaft sabotieren. Zugleich hetzt diese Klientel gegen Leistungsberechtigte, weil sie einen Blitzableiter für das eigene Versagen braucht.