Ein Leser fragte uns, ob seine Erwerbsminderungsrente durch einen hรถheren Grad der Behinderung steigt. Offensichtlich verwechselte er entweder die Nachteilsausgleiche fรผr Menschen mit Behinderung mit der gesetzlichen Rente wegen Erwerbsminderung, oder er hatte von der Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen gehรถrt.
Wir erklรคren, was die Kriterien fรผr eine Erwerbsminderungsrente sind, warum diese rechtlich erst einmal nichts mit einer Behinderung zu tun haben, und wie eine Behinderung trotzdem die Anerkennung einer Erwerbsminderung beeinflussen kann.
Inhaltsverzeichnis
Nachteilsausgleiche und Erwerbsminderung
Die Nachteilsausgleiche, die Menschen mit Behinderung die gesellschaftliche Teilhabe ermรถglichen sollen, steigen tatsรคchlich mit dem Grad der Behinderung.
Da mit dem Grad der Behinderung auch das Ausmaร steigt, in dem Betroffene in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eingeschrรคnkt werden, bekommen Menschen mit einem Grad der Behinderung von 40 mehr Ausgleiche als mit einem Grad der Behinderung von 20, und am meisten mit einem Grad der Behinderung von 100.
Auch wenn viele Menschen mit Behinderung zugleich erwerbsgemindert sind, hat jedoch eine Behinderung mit dem Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente erst einmal nichts zu tun.
Was sind die Voraussetzungen fรผr eine Erwerbsminderungsrente?
Eine Erwerbsminderungsrente wird ausgezahlt, wenn Sie erstens mindestens fรผnf Jahre als Versicherter bei der gesetzlichen Rentenversicherung gezรคhlt werden und davon zweitens mindestens drei Jahre in den letzten Jahren pflichtversichert waren.
Ausnahmen sind Erwerbsminderungen infolge von Berufserkrankungen und Arbeitsunfรคllen sowie im Anschluss an eine Ausbildung.
Drittens muss Ihre Leistungsfรคhigkeit so eingeschrรคnkt sein, dass Sie weniger als drei Stunden pro Tag (volle Erwerbsminderung) oder weniger als sechs Stunden pro Tag (teilweise Erwerbsminderung) arbeiten kรถnnen. Viertens muss diese Leistungsminderung seit mindestens sechs Monaten bestehen und fรผnftens mรผssen Sie Maรnahmen zur medizinischen Rehabilitation ohne Erfolg durchgefรผhrt haben.
Erwerbsminderung bei Schwerbehinderung
Der nach dem Schwerbehindertenrecht festgestellte Grad der Behinderung sagt also erst einmal nichts รผber eine Erwerbsminderung aus.
Sie kรถnnen durchaus einen Grad der Behinderung festgestellt haben, und sogar mit einem Grad von 50 oder hรถher als Mensch mit Schwerbehinderung anerkannt sein.
Wenn Sie mehr als die definierte Stundenzahl pro Tag arbeiten kรถnnen, gelten Sie nicht als erwerbsgemindert. Umgekehrt sind viele Menschen, die eine Rente wegen Erwerbsminderungsminderungsrente beziehen keine Menschen mit Behinderung.
Achtung: Die Wartezeit, die Ihnen die Rentenkasse anrechnet, zรคhlt immer, egal ob mit oder ohne Behinderung und egal ob mit oder ohne Erwerbsminderung. Wenn Sie nicht lange genug versichert waren, dann haben Sie keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente โ vollkomnmen unabhรคngig davon, ob die kรถrperlichen Voraussetzungen erfรผllt sind.
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Wie lรคuft das Verfahren?
Auch als Mensch mit Schwerbehinderung mรผssen Sie also das regulรคre Verfahren durchlaufen, damit die Rentenversicherung bei Ihnen eine Erwerbsminderung anerkennt. Sie mรผssen also einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen, und fรผr die Prรผfung unterziehen Sie sich in der Regel einer kรถrperlichen Untersuchung durch die Sozialmedizin der Deutschen Rentenversicherung.
Auch mit Schwerbehinderung wird also erst nach einer Prรผfung des beruflichen Restleistungsvermรถgens entschieden. Es gelten die gesetzten Maรstรคbe der Deutschen Rentenversicherung.
Auch Behinderung kann ein Grund fรผr eine Erwerbsminderung sein
Das bedeutet allerdings nicht, dass eine Behinderung bei einer Erwerbsminderung รผberhaupt keine Rolle spielt. Denn hรคufig sind Behinderungen gerade der Grund fรผr eine verminderte Erwerbsfรคhigkeit.
Denn die Einschrรคnkungen, die zur Anerkennung eines Grades der Behinderung fรผhren, mindern oft auch die berufliche Leistungsfรคhigkeit und fรผhren dazu, dass Sie nur noch so wenig Stunden pro Tag arbeiten kรถnnen, dass Sie die Kriterien einer Erwerbsminderung erfรผllen.
Worauf sollten Sie achten?
Als Mensch mit anerkannter Behinderung liegen Ihnen medizinische Befunde und รคrztliche Unterlagen รผber Ihre Einschrรคnkungen vor. Das reicht von Untersuchungsergebnissen bis zu Klinikberichten und den Einschรคtzungen der Versorgungsmedizin. Diese sollten Sie bei einem Antrag auf Erwerbsminderungsrente einreichen.
Auรerdem sollten Sie gegenรผber den behandelnden รrzten, die mit Ihren Einschrรคnkungen vertraut sind, darauf drรคngen, dass diese in ihren Befunden konkrete Angaben darรผber machen, wie sich Ihre Behinderungen auf die tรคgliche Arbeitsfรคhigkeit auswirken.
Sonderstatus bei Altersrente
Eine tatsรคchliche Sonderstellung haben Sie allerdings als Mensch mit Schwerbehinderung bei der Altersrente. Hier haben Sie bei 35 Jahre Wartezeit bei der gesetzlichen Rentenversicherung die Mรถglichkeit einer Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen.
Sie kรถnnen zwei Jahre vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand eintreten, ohne Abschlรคge auf Ihre Rente zu leisten. Wenn Sie Abschlรคge von 0,3 Prozent in Kauf nehmen, dann kรถnnen Sie zusรคtzlich noch einmal drei Jahre frรผher aus dem Erwerbsleben aussteigen.