Wer bekommt eigentlich 90 Prozent Krankengeld?

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Der oft zitierte Satz โ€žKrankengeld sind 90 % vom Nettoโ€œ ist nur die halbe Wahrheit. Gesetzlich Versicherte erhalten im Krankheitsfall grundsรคtzlich 70 Prozent ihres regelmรครŸigen Bruttoeinkommens โ€“ allerdings hรถchstens 90 Prozent des letzten Nettogehalts.

Die 90 Prozent sind also eine Deckelung: Immer wenn 70 Prozent vom Brutto rechnerisch hรถher wรคren, wird auf 90 Prozent vom Netto begrenzt. Rechtsgrundlage ist ยง 47 SGB V; Verbraucherportale und Krankenkassen erklรคren die Praxis รผbereinstimmend.

Wer รผberhaupt Krankengeld bekommt โ€“ und ab wann

Krankengeld gibt es fรผr Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die wegen Arbeitsunfรคhigkeit nach sechs Wochen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber weiterhin ausfallen.

Diese Leistung wird fรผr dieselbe Erkrankung lรคngstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren gewรคhrt; praktisch bedeutet das in der Regel bis zu 72 Wochen reines Krankengeld nach den ersten sechs Wochen Lohnfortzahlung.

Wann es in der Praxis wirklich 90 % sind

In vielen Fรคllen liegt die Auszahlung exakt bei 90 Prozent des Netto, weil die Brutto-Rechnung hรถher wรคre und damit am Nettodeckel โ€žanstรถรŸtโ€œ.

Beispielrechnungen von Krankenkassen und Ratgebern zeigen: Verdient eine Angestellte 3.000 Euro brutto bei rund 2.000 Euro netto, wรคren 70 Prozent vom Brutto 2.100 Euro; zulรคssig ausgezahlt werden aber hรถchstens 90 Prozent vom Netto, also rund 1.800 Euro (vor Abzรผgen zur Sozialversicherung). Genau dann โ€žbekommt man 90 %โ€œ.

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Kinderkrankengeld: Hier sind 90 % die Regel โ€“ teils sogar 100 %

Beim Kinderkrankengeld โ€“ also wenn Eltern wegen eines kranken Kindes der Arbeit fernbleiben โ€“ betrรคgt die Leistung regulรคr 90 Prozent des entgangenen Nettoarbeitsentgelts.

Wurden in den vergangenen zwรถlf Monaten beitragspflichtige Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld gezahlt, steigt der Satz auf 100 Prozent des Netto. Auch hier gilt eine kalendertรคgliche Hรถchstgrenze, die jรคhrlich angepasst wird. Fรผr 2025 nennen Kassen einen Tageshรถchstbetrag von 128,63 Euro.

Selbststรคndige: 70 % ohne 90 %-Deckel

Selbststรคndige in der GKV erhalten Krankengeld nur, wenn ihr Tarif dies vorsieht. Bei ihnen betrรคgt das Krankengeld 70 Prozent des Arbeitseinkommens; eine Begrenzung auf 90 Prozent des Netto ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das unterscheidet sie von versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Obergrenzen und Kappungen

Die Leistung ist zusรคtzlich durch eine allgemeine Hรถchstgrenze je Kalendertag gedeckelt; sie leitet sich aus der Beitragsbemessungsgrenze ab und wird jรคhrlich neu festgelegt.

Fรผr 2025 liegt das maximale Krankengeld โ€“ sowohl beim eigenen Krankengeld als auch beim Kinderkrankengeld โ€“ bei bis zu 128,63 Euro pro Tag. Wer sehr gut verdient, erreicht daher die Kappung unabhรคngig von der 90 %-Grenze.

Was vom Bruttobetrag noch abgeht

Vom berechneten Brutto-Krankengeld zieht die Kasse den Versichertenanteil zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung ab. Beitrรคge zur Krankenversicherung fallen wรคhrend des Krankengeldbezugs in der Regel nicht an, es sei denn, es bestehen zusรคtzliche beitragspflichtige Einkรผnfte.

Steuerlich ist das Krankengeld zwar selbst steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt und kann damit den persรถnlichen Steuersatz erhรถhen.

So wird gerechnet โ€“ ein Orientierungsrahmen

Die Kasse ermittelt das sogenannte Regelentgelt aus dem letzten abgerechneten Lohnzeitraum und prรผft dann, welcher Betrag niedriger ist: 70 Prozent vom Brutto oder 90 Prozent vom Netto.

AnschlieรŸend werden die genannten Sozialabgaben abgezogen; ausgezahlt wird das Netto-Krankengeld fรผr jeden Kalendertag der Arbeitsunfรคhigkeit, also inklusive Wochenenden und Feiertagen. Beispielrechner und ausfรผhrliche Rechenwege stellen Kassen und neutrale Ratgeber zur Verfรผgung.

โ€ž90 % Krankengeldโ€œ erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer dann, wenn die Grundformel von 70 Prozent des Bruttos zu einem hรถheren Ergebnis fรผhren wรผrde; die Leistung wird dann auf 90 Prozent des Nettos begrenzt.

Eltern bekommen im Rahmen des Kinderkrankengeldes regelmรครŸig 90 Prozent des Netto, bei vorangegangenen Einmalzahlungen sogar 100 Prozent โ€“ jeweils bis zum gesetzlichen Tagesmaximum.

Selbststรคndige mit Krankengeldanspruch erhalten 70 Prozent des Arbeitseinkommens ohne 90 %-Deckel. In allen Fรคllen sind die Abzรผge zur Sozialversicherung und der Progressionsvorbehalt zu beachten.

Hinweis: Hรถhe und Grenzen (z. B. Tageshรถchstbetrag) werden jรคhrlich angepasst. MaรŸgeblich sind immer die Angaben Ihrer Krankenkasse und der aktuelle Gesetzesstand.