EM-Rente reicht nicht aus: Die wichtigsten Zuschüsse im Überblick

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Viele Betroffene stellen nach der Bewilligung ihrer Erwerbsminderungsrente fest, dass der Betrag nicht ausreicht, um Miete, Strom, Lebensmittel und laufende Kosten zu bezahlen. Die Rente bildet dann nur einen Teil der Existenzsicherung, der durch andere Leistungen ergänzt werden muss.

Entscheidend ist dabei die konkrete Situation: Handelt es sich um eine teilweise oder volle EM-Rente, ist sie befristet oder unbefristet, gibt es eine Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Personen, ist Vermögen vorhanden und wie hoch sind die Wohnkosten.

Erst wenn diese Punkte geklärt sind, lässt sich seriös beurteilen, ob Wohngeld, Bürgergeld, Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht kommen.

Wohngeld: Erster Baustein bei niedriger EM-Rente

Wohngeld ist ein Zuschuss zu den Wohnkosten. Er richtet sich an Menschen, deren Einkommen zwar gering ist, aber grundsätzlich für den Lebensunterhalt reicht. Gezahlt wird es sowohl an Mieterinnen und Mieter als auch an Personen, die im eigenen Haus oder in einer Eigentumswohnung wohnen, sofern sie diese selbst nutzen.

Für Beziehende einer Erwerbsminderungsrente kann Wohngeld eine wichtige Entlastung sein, wenn die Miete die finanziellen Spielräume auffrisst, die Rente aber zusammen mit eventuell weiterem Einkommen noch knapp über der Existenzsicherung liegt. In vielen Fällen lohnt sich ein Wohngeldantrag zumindest als Prüfung, ob ein Anspruch besteht.

Vermögen beim Wohngeld: Spielraum größer als beim Bürgergeld

Im Vergleich zu Bürgergeld und Sozialhilfe ist die Vermögensgrenze beim Wohngeld deutlich großzügiger. In der Verwaltungspraxis orientieren sich die Wohngeldstellen oft an Richtwerten von rund 60.000 Euro für die erste Person im Haushalt und 30.000 Euro für jede weitere.

Diese Werte ergeben sich aus Verwaltungsvorschriften, sind also keine starren, einklagbaren Grenzen, geben aber eine realistische Orientierung.

Das selbst bewohnte Eigenheim oder die selbst genutzte Eigentumswohnung werden dabei grundsätzlich nicht als Vermögen bewertet, unabhängig vom Verkehrswert. Ein übliches Auto und der normale Hausrat bleiben ebenfalls außen vor.

Wer also eine kleine Erbschaft oder ein bescheidenes Sparpolster hat, ist beim Wohngeld vielfach besser gestellt als im System des Bürgergelds oder der Grundsicherung.

Mindesteinkommen beim Wohngeld: Warum „zu wenig Einkommen“ ein Problem sein kann

Wohngeld setzt voraus, dass das Einkommen weder zu hoch noch zu niedrig ist. Zu hohes Einkommen schließt die Bedürftigkeit aus. Zu niedriges Einkommen führt dazu, dass die Wohngeldstelle den Antrag als ungeeignet ansieht, weil Wohngeld den gesamten Lebensunterhalt nicht sichern soll.

Ein Beispiel macht deutlich, wo die Grenze verlaufen kann:
Eine alleinstehende Person bezieht eine volle EM-Rente von 800 Euro netto und zahlt eine Kaltmiete von 450 Euro plus Nebenkosten. Der sozialrechtliche Gesamtbedarf (Regelsatz plus angemessene Unterkunftskosten) liegt in dieser Größenordnung schnell bei deutlich über 1.100 Euro.

Selbst wenn ein Wohngeldrechner für diese Konstellation einen Wohngeldanspruch von etwa 150 bis 200 Euro anzeigen würde, bleibt die Deckungslücke zum Existenzminimum spürbar.

In solchen Fällen verweist die Wohngeldstelle in der Regel darauf, dass Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt die passendere Leistung ist, weil dort der komplette Bedarf abgesichert wird.

Wohngeld ist daher hauptsächlich dann sinnvoll, wenn Rente und sonstiges Einkommen zusammen mit dem möglichen Wohngeld rechnerisch ausreichen, um den Lebensunterhalt zu sichern. Wenn selbst mit Wohngeld ein deutliches Defizit bleibt, ist der Weg in die Grundsicherungssysteme meist naheliegender.

Bürgergeld als Ergänzung zur Erwerbsminderungsrente

Bürgergeld ist die zentrale Grundsicherungsleistung für Menschen, die als erwerbsfähig gelten. Für Beziehende einer Erwerbsminderungsrente ist es dann relevant, wenn formal noch mindestens eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit angenommen wird oder wenn eine Bedarfsgemeinschaft mit einer erwerbsfähigen Person besteht.

Typisch ist die Konstellation einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Rente fällt dann in der Regel nur halb so hoch aus wie eine volle EM-Rente. Die betroffene Person kann aus Sicht der Rentenversicherung noch mindestens drei Stunden täglich arbeiten.

Wenn eine Teilzeitstelle nicht oder nur sehr gering vergütet wird, decken Rente und Lohn häufig nicht den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft. Das Jobcenter stockt dann mit Bürgergeld auf.

Ähnlich liegt der Fall bei einer Arbeitsmarktrente. Hier zahlt die Rentenversicherung zwar eine volle EM-Rente, weil der Arbeitsmarkt für passende Teilzeitstellen faktisch verschlossen ist, sozialrechtlich gilt aber dennoch nur eine teilweise Erwerbsminderung. Damit bleibt das Jobcenter zuständig, wenn Einkommen und Vermögen den Gesamtbedarf nicht decken.

Bürgergeld spielt auch bei befristeter voller EM-Rente eine Rolle, wenn die betroffene Person mit einer erwerbsfähigen Person zusammenlebt. Ein Beispiel ist ein Paar, bei dem eine Person eine befristete volle EM-Rente von 900 Euro erhält und der Partner als erwerbsfähig gilt, aber nur in einem Minijob arbeitet.

Reichen Rente, Minijob-Einkommen und eventuell Wohngeld zusammen nicht aus, kann das Jobcenter für die Bedarfsgemeinschaft Bürgergeld bewilligen.

Zu beachten ist, dass im Bürgergeld-System Vermögen und zusätzliches Einkommen deutlich strenger geprüft werden als beim Wohngeld. Bereits kleinere Ersparnisse können dazu führen, dass zunächst auf diese Mittel verwiesen wird. Wer hohe Rücklagen besitzt, hat in der Regel keinen Anspruch.

Voll erwerbsgemindert und alleinstehend: Zuständigkeit der Sozialhilfe

Wer voraussichtlich länger als sechs Monate weniger als drei Stunden täglich arbeiten kann und nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Personen lebt, wird dem System der Sozialhilfe zugeordnet. Die wichtigste Unterscheidung ist hier, ob die volle Erwerbsminderung dauerhaft oder nur befristet vorliegt.

Ist die volle Erwerbsminderung unbefristet und unabhängig von der Lage am Arbeitsmarkt festgestellt, ist die Grundsicherung bei Erwerbsminderung zuständig. Ist die Rente dagegen befristet, kommt in der Regel die Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht. Diese Differenzierung ist entscheidend, weil sie über die zuständige Leistungsart und die Zuständigkeit der Behörde entscheidet.

Grundsicherung bei Erwerbsminderung: Dauerhafte Absicherung ergänzend zur Rente

Die Grundsicherung bei Erwerbsminderung greift, wenn die Rentenversicherung von einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung ausgeht und die Betroffenen volljährig sind. Sie soll sicherstellen, dass der gesamte Bedarf für den Lebensunterhalt, die Unterkunft und die Heizung gedeckt ist, wenn die EM-Rente allein nicht ausreicht und kein einzusetzendes Vermögen vorhanden ist.

In der Praxis wird eine volle EM-Rente jedoch häufig zunächst befristet bewilligt. Die Rentenversicherung geht dabei davon aus, dass sich der Gesundheitszustand möglicherweise noch verbessert.

Oft erst nach mehreren Verlängerungen, teilweise nach acht bis neun Jahren, wird aus einer befristeten eine unbefristete Rente. Erst dann ist der Weg in die Grundsicherung bei Erwerbsminderung wirklich geöffnet.

Für Betroffene bedeutet das: Wer „nur“ eine befristete volle EM-Rente erhält, hat in vielen Fällen noch keinen Anspruch auf Grundsicherung bei Erwerbsminderung, selbst wenn die Rente sehr niedrig ist. In dieser Übergangsphase müssen andere Leistungen geprüft werden.

Hilfe zum Lebensunterhalt: Auffangnetz bei befristeter voller EM-Rente

Wenn weder Bürgergeld noch Grundsicherung bei Erwerbsminderung passen, kommt Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht. Sie ist die klassische Auffangleistung der Sozialhilfe.

Eine typische Konstellation ist eine alleinstehende Person mit befristeter voller EM-Rente, die nicht mit erwerbsfähigen Angehörigen zusammenlebt. Die Rente reicht nicht, um den Bedarf zu decken, ein Wohngeldanspruch scheitert am fehlenden Mindesteinkommen, und wegen der befristeten Rente besteht (noch) kein Zugang zur Grundsicherung bei Erwerbsminderung.

In diesem Fall kann das Sozialamt Hilfe zum Lebensunterhalt bewilligen. Die Leistung ergänzt die Rente so, dass der gesamte Bedarf nach den Sozialhilferegeln abgedeckt wird, solange keine vorrangigen Ansprüche bestehen und kein erhebliches Vermögen vorhanden ist.

Wohngeld oder Grundsicherungssysteme: Wie sich die Weichen stellen

Für viele Betroffene stellt sich die Frage, ob zuerst ein Wohngeldantrag gestellt oder direkt Grundsicherung beziehungsweise Bürgergeld beantragt werden sollte.

In der Praxis bietet sich eine grobe Orientierung an: Wenn Rente und eventuell weiteres Einkommen absehbar ausreichen, um mit einem Wohngeldzuschuss den Lebensunterhalt zu decken, ist das Wohngeld häufig der weniger eingriffsintensive Weg. Vermögen wird großzügiger behandelt, und der Fokus liegt auf den Wohnkosten, nicht auf der vollständigen Kontrolle aller Lebensverhältnisse.

Wenn dagegen schon auf den ersten Blick klar ist, dass selbst mit Wohngeld eine deutliche Lücke zum Existenzminimum bleibt, ist es sinnvoll, direkt die Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder die Hilfe zum Lebensunterhalt zu prüfen. Bei teilweiser Erwerbsminderung, Arbeitsmarktrente oder einer befristeten vollen EM-Rente in einer Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Personen führt der Weg meist in das Bürgergeld-System.

Übersichtstabelle: Welche Leistung in welcher Situation?

Situation/Beispiel Typische zuständige Leistung bzw. Option
Volle EM-Rente 900 €; Miete 500 €; sonst kein Einkommen; alleinstehend; Rente unbefristet Grundsicherung bei Erwerbsminderung (Sozialamt)
Volle EM-Rente 900 €; Miete 500 €; Rente befristet; alleinstehend Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialamt)
Teilweise EM-Rente 600 €; Teilzeitjob 400 €; Partner erwerbsfähig, verdient 700 € Bürgergeld als Aufstockung für die Bedarfsgemeinschaft (Jobcenter)
Arbeitsmarktrente (volle Zahlung, aber rechtlich teilweise EM); Miete hoch, kein weiteres Einkommen; Partner erwerbsfähig Bürgergeld als Aufstockung (Jobcenter)
Volle EM-Rente 950 €; Miete 450 €; kleine Ersparnisse, selbst genutzte Eigentumswohnung Prüfung Wohngeld; bei ausreichendem Gesamteinkommen oft sinnvoll (Wohngeldstelle)
Volle EM-Rente 800 €; Miete 450 €; kein weiteres Einkommen; selbst mit Wohngeld deutliche Lücke zum Existenzminimum Direkte Prüfung von Grundsicherung bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt statt Wohngeld
EM-Rente 1.000 €; Miete 400 €; zusätzlich kleiner Minijob; etwas Vermögen vorhanden Eher Wohngeld prüfen, da Vermögensgrenzen dort höher sind als beim Bürgergeld/Sozialhilfe

Wo Betroffene konkret ansetzen können

Wer mit einer niedrigen EM-Rente konfrontiert ist, sollte nicht nur abstrakt über „Zuschüsse“ nachdenken, sondern gezielt handeln. Ein sinnvoller erster Schritt ist ein Blick auf den eigenen Rentenbescheid, die Mietkosten und die Frage, ob eine Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Personen besteht.

Mit diesen Informationen lassen sich dann die Zuständigkeiten klarer zuordnen: Die Wohngeldstelle ist Ansprechpartnerin für Wohngeld, das Jobcenter für Bürgergeld, und das Sozialamt für Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt.

Unabhängige Beratungsstellen, Sozialverbände und spezialisierte Beratungsangebote im Sozialrecht unterstützen dabei, Unterlagen zusammenzustellen und die passenden Anträge zu formulieren.

Fehlanträge kosten Zeit und können dazu führen, dass dringend benötigtes Geld später fließt. Wer die Systematik kennt oder sich Unterstützung holt, kommt erfahrungsgemäß schneller zur passenden Leistung.

FAQ – Ergänzende Leistungen zur Erwerbsminderungsrente

1. Meine EM-Rente reicht nicht zum Leben – was sollte ich zuerst prüfen?
Zunächst sollte geprüft werden, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht. Reicht selbst mit Wohngeld das Geld nicht aus, kommen Bürgergeld, Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht.

2. Kann ich Wohngeld bekommen, obwohl ich ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung habe?
Ja. Das selbst bewohnte Eigenheim oder die selbst genutzte Eigentumswohnung werden beim Wohngeld in der Regel nicht als Vermögen gewertet.

3. Warum wird mein Wohngeldantrag abgelehnt, obwohl ich nur wenig Rente bekomme?
Wohngeld wird abgelehnt, wenn das Einkommen so niedrig ist, dass selbst mit Wohngeld der Lebensunterhalt nicht gesichert wäre. Dann sind Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt meist die passenderen Leistungen.

4. Wann kommt Bürgergeld zusätzlich zur EM-Rente in Frage?
Bürgergeld ist relevant bei teilweiser Erwerbsminderung, bei einer Arbeitsmarktrente oder bei befristeter voller EM-Rente, wenn eine Bedarfsgemeinschaft mit einer erwerbsfähigen Person besteht.

5. Wer hat Anspruch auf Grundsicherung bei Erwerbsminderung?
Grundsicherung bei Erwerbsminderung erhalten volljährige Personen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind und deren EM-Rente den Bedarf nicht deckt.

6. Was ist der Unterschied zwischen Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt?
Grundsicherung gibt es bei dauerhafter voller Erwerbsminderung. Hilfe zum Lebensunterhalt ist die Auffangleistung, wenn die EM-Rente nur befristet ist und kein Anspruch auf Bürgergeld besteht.

7. An welche Behörden muss ich mich wenden?
Für Wohngeld ist die Wohngeldstelle zuständig, für Bürgergeld das Jobcenter, für Grundsicherung bei Erwerbsminderung und Hilfe zum Lebensunterhalt das Sozialamt.