Wenn das Sozialamt pauschalierte Heizkosten ansetzt

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Viele Bezieher von Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) berichten aktuell von Problemen mit pauschalierten Heizkosten. Dieser kurze Ratgeber soll Abhilfe schaffen.

Eigentlich gilt folgende Regelung beim Sozialamt:
“Bedarfe für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt, soweit sie angemessen sind.” Das steht in §35 Abs 4 S1 SGB XII.

Der Punkt auf den sich allerdings die Sozialämter zurückziehen ist Satz 2:
Satz 2: “Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden.”

Das ist das was die Sozialämter tun. Sie setzen eine Heizkostenpauschale an und fertig. Dabei aber müssen sie auch Satz 3 beachten:

“Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.”

Bei Angemessenheitsprüfung müssen individuelle Faktoren berücksichtigt werden

Die vielen Faktoren führen am Ende zu einer individuellen Angemessenheitsprüfung:

  • Die persönlichen Verhältnisse: Beispielsweise gibt es eine Erkrankung, die es erfordert, die Wohnung wärmer zu halten oder häufiger zu lüften.
  • die Beschaffenheit der Wohnung: z.B. Dämmung, Fenster Die Vorhandenen Heizmöglichkeiten: Welcher Brennstoff, Zentralheizung, ausreichend dimensioniert, Vorlauftemperatur, Effizienz?
  • die örtlichen Gegebenheiten: Lage der Wohnung; UG, DG oder Mittelgeschoss

Die aktuellen Preise könnte man unter den örtlichen Gegebenheiten (regionale Unterschiede) oder den persönlichen Verhältnissen, zu denen auch der Vertrag (Preis) gehört, den man tatsächlich hat.

Pauschalierung nur ein Hilfsmittel

Da die Regel ist, dass Heizkosten nach §35 Abs 4 S1 SGB XII in tatsächlicher Höhe übernommen werden und die Pauschalierung nur ein Hilfsmittel zur Verwaltungsvereinfachung sein soll (“können”), ist bei Überschreitung der Pauschalen ein Kostensenkungsverfahren einzuleiten.

Das bedeutet, dass das Sozialamt darauf hinweisen muss, dass die Heizkosten zu hoch sind, einen (individuell angemessenen) Grenzwert = Pauschale mitteilen und ankündigen muss, nach einer Frist zur Verhaltensänderung nur noch die (individuell angemessene) Pauschale zu zahlen.

Erst nach Frist darf individuell angemessene Pauschale verwendet werden

Erst nach Ablauf dieser Frist (üblicherweise 6 Monte) darf das Sozialamt nur noch die (individuell angemessene) Pauschale übernehmen. Da die Verhaltensänderung nur für die Zukunft möglich ist, ist aber für Abrechnungszeiträume vor der Aufforderung noch die volle Nachzahlung zu übernehmen.

Aktuell aber darf das Sozialamt kein Kostensenkungsverfahren durchführen, das ist in §141 Abs 3 SGB XII geregelt.

Wenn das Sozialamt sich weigert die vollen Heizkosten zu übernehmen

Bei wem bis 03/2020 die vollen Heizkosten übernommen wurden oder wer zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Bezug war, bei dem kann es nicht mal Diskussionen geben. Aber was tun, wenn das Sozialamt verweigert, die Heizkosten voll zu übernehmen?

  1. Schriftlicher Antrag auf Übernahme der Heizkosten
  2. Schritliche Ablehnung
  3. Widerspruch einlegen und mit den Argumenten von hier begründen
  4. Falls die Bearbeitung zu lang dauert:

Einen Beratungshilfeschein beim Gericht holen oder Sozialverband oder Gewerkschaft aktivieren und mit Anwalt einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen. (mit Dank an “Sozi-Simon”, Bild: penofoto.de – stock.adobe.com)

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