Armutslรผcke: Trotz eines Arbeitslosengeld 1 Anspruch fallen die meisten Bezieher unter das Existenzminimum
Wie eine kleine Anfrage der Linken an die Bundesregierung zu Tage brachte, fallen die meisten Arbeitslosengeld-1 Bezieher unter das Existenzminimum. Die Betroffen mรผssen dann zusรคtzliche Sozial- oder gar Hartz IV Leistungen beantragen. Grund hierfรผr sind niedrige Lรถhne. Die Betragszahler leben trotz ALG-I Anspruch in die Armut.
Allein der Einzelhandel erwartet aufgrund der Corona-Pandemie die Schlieรung von 50.000 Geschรคften. Das hat zur Folge, dass Zehntausende Arbeitslosengeld 1 beziehen mรผssen. Das bรถse Erwachen kommt danach: Die Versicherungsbezรผge sind derart gering, dass die Betroffenen zusรคtzliche Leistunen beantragen mรผssen.
72 Prozent der Arbeitslosengeld-1 Berechtigten betroffen
Auf Anfrage hat die Bundesregierung bestรคtigt, dass die Hรถhe des Arbeitslosengeldes I bei 72 Prozent aller Beziehenden unter dem schuldrechtlichen Existenzminimum liegt, berichtet die Arbeitsmarktexpertin und Co-Vorsitzende der Linken, Katja Kipping.
Betroffen sind eine halbe Millionen Menschen, die, obwohl sie in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben weniger als 1.180 Euro Arbeitslosengeld I zur Verfรผgung haben. Sie sind daher regelmรครig gezwungen in Armut zu leben, sich auf Unterstรผtzung Dritter zu verlassen oder ins Hartz-IV-System zu fallen.
So heiรt es in der Antwort: “Nach Statistiken der Bundesagentur fรผr Arbeit bezogen im Jahresdurchschnitt 2019
rund 583.000 Personen Arbeitslosengeld mit einem monatlichen Anspruch von weniger als 1.180 Euro. Das entspricht etwa 72 Prozent aller Beziehenden von Arbeitslosengeld. Die Differenz zwischen 1.180 Euro und der durchschnittlichen Hรถhe von Arbeitslosengeld von Beziehenden, die Arbeitslosengeld unterhalb von 1.180 Euro monatlich beziehen, betrรคgt rund 421 Euro.”
Niederige Lรถhne verantwortlich
Niedrige Lรถhne fรผhren dazu, dass auch die Sozialversicherungen ihre Funktion der sozialen Absicherung von Arbeitnehmer*innen immer wenig gerecht werden kรถnnen. Katja Kipping erklรคrte dazu: โEs braucht endlich einen hรถheren Mindestlohn, flรคchendeckende Tarifvertrรคge und das Nachdenken รผber ein Mindestarbeitslosengeld, um diese Armutslรผcke zu schlieรen. Deshalb unterstรผtzen wir Gewerkschaften und Arbeiternehmer*innen in ihren Kรคmpfen fรผr hรถhere Lรถhne.
Zudem muss die Bemessungsgrundlage der Arbeitslosenversicherung umgehend auf einheitlich mindestens 68 Prozent des bisherigen Lohns erhรถht werden, um Erwerbslosen ein Mindestmaร an sozialer Sicherheit zu garantieren.โ
Der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld I und Hartz IV
Arbeitslosengeld I ist nicht zu verwechseln mit Arbeitslosengeld II, das vielen besser als “Hartz IV” bekannt ist. Das sind die Unterschiede zwischen ALG I und Hartz IV:
– Arbeitslosengeld I bekommen Sie von der Bundesagentur fรผr Arbeit, Arbeitslosengeld II vom Jobcenter.
– Arbeitslosengeld I ist normalerweise die erste Leistung, die Sie beantragen, wenn Sie ihren Job verlieren.
– ALG I bekommen Sie, wenn Sie aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstรคtigkeit heraus arbeitslos werden.
Voraussetzung fรผr den Arbeitslosengeld 1 Bezug ist jedoch, dass man in den zwei Jahren davor mindestens 12 Monate lang beschรคftigt gewesen sein mรผssen. Das ALG II ist nicht an eine vorherige Berufstรคtigkeit geknรผpft.
Im Zweifel immer Antrag auf Hartz IV einreichen
Betroffenen sollten immer einen Antrag auf Hartz IV stellen. Allerdings werden Betroffene vom Jobcenter oft weggeschickt und sollen erst mal anderswo Antrรคge stellen โ siehe Subsidiaritรคtsprinzip. Manchmal verweigern die Jobcenter sogar komplett die Annahme von Antrรคgen.
Hartz IV Antrag muss immer angenommen werden
Betroffene mรผssen sich nicht gefallen lassen โ denn ein Jobcenter ist verpflichtet, jeden Antrag anzunehmen. Das gilt, egal ob der einzelne Mitarbeiter nun glaubt, dass Sie Leistungen bekommen werden oder nicht. Denn Fakt ist: Wer keinen Hartz IV Antrag stellt, obwohl er Hartz IV-berechtigt ist, werden die Leistungen auch nicht nachtrรคglich ausgezahlt. Hartz IV bekommen Leistungsberechtigte nรคmlich immer erst ab dem Monat der Antragstellung.