Wartezeiten für die Rente erfüllen: Kann ein Monat auch zweimal zählen?

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Um eine gesetzliche Rente beziehen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Eine der wichtigsten Bedingungen ist die Erfüllung der sogenannten Wartezeiten. Eine häufige Frage ist, ob Wartezeiten für die Rente auch doppelt zählen können.

Was sind Wartezeiten und warum sind sie wichtig?

Wartezeiten, auch als Versicherungszeiten bezeichnet, sind die Zeiträume, die ein Versicherter in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen muss, um einen Rentenanspruch zu erwerben.

Diese Zeiten werden in Monaten angegeben, obwohl wir oft von Jahren sprechen, um die Berechnung verständlicher zu machen.

Jede Rente, sei es die Regelaltersrente, die Erwerbsminderungsrente oder eine vorgezogene Altersrente, setzt das Erfüllen einer bestimmten Wartezeit voraus.

Die Wartezeiten sind wichtig, da sie bestimmen, ob und wann ein Versicherter Anspruch auf Rente hat.

Für die Regelaltersrente beträgt die Wartezeit zum Beispiel 60 Monate, also fünf Jahre. Das bedeutet, dass man mindestens fünf Jahre lang Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben muss, um überhaupt einen Anspruch auf  Rente zu haben.

Wie werden die Wartezeiten berechnet?

Die Berechnung der Wartezeiten erfolgt auf Grundlage von Versicherungsmonaten.

Ein Monat zählt als Wartezeit, wenn in diesem Monat auch nur an einem Tag eine rentenrelevante Aktivität vorliegt. Zu diesen rentenrelevanten Aktivitäten zählen zum Beispiel die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, der Bezug von Arbeitslosengeld oder Zeiten der Kindererziehung.

Es reicht also aus, wenn in einem Monat nur ein einziger Tag rentenrelevant ist, damit der gesamte Monat als Wartezeit angerechnet wird.

Interessant ist hierbei, dass die Rentenhöhe nicht davon beeinflusst wird, wie viele Tage rentenrelevant waren.

Ob man einen Tag oder den gesamten Monat versicherungspflichtig gearbeitet hat, spielt für die Wartezeit keine Rolle – der Monat wird in beiden Fällen vollständig angerechnet.

Kann man in einem Monat mehrere Wartezeiten erwerben?

Eine häufig gestellte Frage ist, ob man in einem Monat auch mehrere Wartezeiten erwerben kann, wenn verschiedene rentenrelevante Aktivitäten vorliegen.

Nehmen wir an, eine Person hat in einem Monat zunächst gearbeitet, wurde dann arbeitslos und hat Arbeitslosengeld bezogen und am Ende des Monats eine neue Beschäftigung aufgenommen.

Diese drei Ereignisse sind zwar alle rentenrelevant, doch für die Wartezeit zählt dieser Monat dennoch nur einmal.

Das bedeutet, dass unabhängig davon, wie viele rentenrelevante Aktivitäten in einem Monat vorliegen, dieser Monat nur einmal als Wartezeit berücksichtigt wird. Eine doppelte oder gar dreifache Anrechnung der Wartezeit für denselben Monat ist nicht möglich.

Welche Rolle spielen die Wartezeiten bei vorgezogenen Altersrenten?

Besonders relevant werden die Wartezeiten, wenn es um vorgezogene Altersrenten geht.

Bei diesen Rentenarten gelten oft längere Wartezeiten als bei der Regelaltersrente.

Zum Beispiel kann für die Altersrente für langjährig Versicherte eine Wartezeit von 45 Jahren erforderlich sein.

Hierbei werden neben den Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen angerechnet.

Es ist also entscheidend, dass Versicherte ihre Versicherungszeiten genau im Blick haben, insbesondere wenn sie planen, vorzeitig in Rente zu gehen. Oftmals ist eine sorgfältige Prüfung der Rentenkonten notwendig, um sicherzustellen, dass alle rentenrelevanten Zeiten korrekt erfasst wurden.

Ein konkretes Beispiel zur Berechnung der Wartezeiten

Um die Wartezeiten für die Rente besser zu verstehen, betrachten wir ein konkretes Beispiel.

Stellen wir uns vor, Herr Müller wurde am 15. Mai 1964 geboren und plant, mit 67 Jahren in Rente zu gehen. Das bedeutet, dass er ab dem 1. Juni 2031 in den Ruhestand treten möchte.

Um Anspruch auf die Regelaltersrente zu haben, muss Herr Müller mindestens 60 Monate Wartezeit erfüllen, was fünf Jahren entspricht.

Beispiel für die Berechnung der Wartezeiten:

Herr Müller begann nach seinem Studium im Januar 1990 eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Bis heute hat er durchgehend gearbeitet, allerdings gab es einige Unterbrechungen, die er für verschiedene Aktivitäten nutzte. Lassen Sie uns einige dieser Unterbrechungen genauer betrachten:

  1. Januar 2000: Herr Müller nimmt eine zweimonatige Auszeit von seiner Arbeit, um eine längere Reise zu unternehmen. Während dieser Zeit bezieht er weder Lohn noch Arbeitslosengeld. Für diese zwei Monate werden keine Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt, daher zählen diese Monate nicht als Wartezeit.
  2. März 2005 bis Mai 2005: Herr Müller wird arbeitslos und bezieht für drei Monate Arbeitslosengeld. Diese drei Monate werden vollständig als Wartezeit angerechnet, da der Bezug von Arbeitslosengeld rentenrelevant ist.
  3. August 2008: Herr Müller arbeitet für einen Monat in Teilzeit, nur an drei Tagen in der Woche. Auch wenn er in diesem Monat weniger arbeitet, zählt der gesamte August als Wartezeit, da bereits wenige Arbeitstage im Monat ausreichen, um den gesamten Monat anzurechnen.
  4. September 2010 bis März 2011: Herr Müller nimmt eine berufliche Weiterbildung in Anspruch. Während dieser Zeit erhält er keine Entlohnung, aber die Kosten der Weiterbildung werden von einem Bildungsgutschein gedeckt. Diese Zeit wird nicht automatisch als Wartezeit berücksichtigt, da keine Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden. Dennoch kann Herr Müller diese Zeit durch freiwillige Beiträge nachträglich für die Rente geltend machen.
  5. Juni 2015: Herr Müller nimmt für die Pflege seiner Mutter drei Monate unbezahlten Urlaub. Da die Pflege von Angehörigen rentenrechtlich als wichtige Zeit anerkannt wird, kann er diese drei Monate als Wartezeit geltend machen, solange die Pflegekasse Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet hat.

Was bedeutet das für Herrn Müllers Rentenanspruch?

Angenommen, Herr Müller hat in seinem Berufsleben insgesamt 35 Jahre gearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt. In dieser Zeit gibt es jedoch Monate, in denen keine Beiträge entrichtet wurden, wie die zweimonatige Reise oder die berufliche Weiterbildung. Dennoch hat Herr Müller insgesamt weit mehr als die erforderlichen 60 Monate Wartezeit erfüllt, um die Regelaltersrente in Anspruch nehmen zu können.

Eine besondere Situation:

Stellen wir uns vor, Herr Müller hat im Mai 2005 eine besonders außergewöhnliche Situation. Er ist zunächst bis zum 10. Mai arbeitslos, nimmt am 11. Mai eine neue Stelle an, arbeitet bis zum 20. Mai und wechselt am 21. Mai in eine besser bezahlte Anstellung bei einem anderen Arbeitgeber. Am Ende des Monats hat er somit:

  • 10 Tage Arbeitslosengeld bezogen
  • 10 Tage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gearbeitet
  • 11 Tage in einer neuen, ebenfalls versicherungspflichtigen Beschäftigung gearbeitet

Obwohl im Mai mehrere rentenrelevante Aktivitäten stattfanden, wird dieser Monat in Bezug auf die Wartezeit nur einmal gezählt.

Wie erfährt man, welche Wartezeiten man bereits erfüllt hat?

Versicherte können ihre bisher erreichten Wartezeiten direkt bei der Deutschen Rentenversicherung erfragen.

Wer das 55. Lebensjahr erreicht hat, erhält automatisch alle drei Jahre eine sogenannte Rentenauskunft nach Hause geschickt. Diese Auskunft enthält wichtige Informationen über die bisher erreichten Versicherungszeiten und die zu erwartende Rentenhöhe.