Kein Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bei Vorliegen einer verfassungswidrigen Bedarfsunterdeckung
Die Behörde darf einem Antragsteller nicht Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (Sozialhilfe) versagen wegen der Vermutung einer eheähnlichen Gemeinschaft, wenn er über kein Einkommen und Vermögen verfügt.
Zu beachten ist auch, dass das Pflegegeld der Partnerin – nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Pflegeperson vorgesehen ist, somit scheidet auch eine Berücksichtigung als deren Einkommen aus.
Keine Anhaltspunkte für das Bestehen erheblichen Einkommens oder Vermögens bestehen, wenn der Antragsteller in der Vergangenheit während des laufenden Bezugs von existenzsichernden Leistungen größere Anschaffungen getätigt hat, diese jedoch – als Ratenzahlungskäufe – erfolgt sind ( LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.04.2025 – L 7 SO 819/25 ER-B – ).
Kurzbegründung des Gerichts
Verfügt der Antragsteller über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder Vermögen, ist ohne eine gerichtliche Entscheidung eine verfassungswidrige Bedarfsunterdeckung gegeben, ist somit auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Das Gericht lässt dahinstehen, ob eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe, weil verwertbares Vermögen, auf das der Antragsteller Zugriff hätte, nicht bekannt und das von der Zeugin angegebene Einkommen in Höhe von 1200,00 EUR netto aus ihrer Tätigkeit als Verkäuferin nicht ausreichend sei, um den Bedarf des Antragstellers mit zu decken.
Reduzierung des berücksichtigten Regelbedarfs auf 80%
Das Gericht hat die Leistungsgewährung neben der zeitlichen Beschränkung hinsichtlich des Regelbedarfs auf 80 Prozent beschränkt.
Dabei betont besonders folgenden Punkt und weist die Beschwerde des Sozialamtes zurück – Zur Anrechnung des Pflegegeldes der Pflegeperson
Das Pflegegeld ist kein Einkommen der Pflegeperson
Das Pflegegeld soll die Pflegebereitschaft der Pflegeperson erhalten, nicht aber ein Entgelt für erbrachte Pflegeleistungen darstellen. Da somit das Pflegegeld nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Pflegeperson vorgesehen ist, scheidet auch eine Berücksichtigung als deren Einkommen aus.
Ebenso ergeben sich aus den vom Sozialamt aufgeführten Ausgaben des Antragstellers für größere Anschaffungen in der Vergangenheit während des laufenden Bezugs von existenzsichernden Leistungen keine Anhaltspunkte für das Bestehen erheblichen Einkommens oder Vermögens, nachdem die Anschaffungen zwar für „ein Leben über die Verhältnisse“ sprechen mögen, jedoch jeweils als Ratenzahlungskäufe erfolgt sind.
Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock
Inhaber des Anspruchs auf Pflegegeld nach § 37 SGB 11 ist nicht die Pflegeperson, sondern der bzw die Pflegebedürftige ( LSG NRW, Urteil vom 18.November 2024 – L 20 SO 409/22 – ).



