Verfassungsgericht lehnt Klage gegen Hartz IV ab

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Das Bundesverfassungsgericht wies Massenbeschwerden gegen die neuen Änderungen der Hartz-IV-Gesetze ab. Die Begründung lautet: Die Beschwerden erfüllen die Auflagen nicht.

27.10.2016

Die Beschwerden richteten sich gegen die Änderungen von Hartz IV im zweiten Buch des Sozialgesetzbuches im Sommer 2015. Seitdem ist es erschwert, Bescheide nachträglich zu überprüfen und den Jobcentern erleichtert, bei Mängeln in Anträgen Bußgelder zu verhängen.

Erwerbslosenintitiativen, Wohlfahrtsverbände und Menschenrechtsorganisationen laufen Sturm gegen diese Änderungen. Die Hartz-IV-Kritikern Inge Hannemann warb für eine Vorlage, die Betroffene für ein Verfassungsbeschwerde nutzen könnten. Demnach verletze das Hartz-IV-Gesetz zehn Grundrechte – Menschenwürde ebenso wie Rechtsweggarantie.

Diese Vorlage sieht das Verfassungsgericht nun als Kern des Problems an. Um die achtzig Betroffene nutzten das Muster und reichten eine individuelle Verfassungsbeschwerde ein. Und gerade darin sieht das Verfassungsgericht als Problem.

Eine Vorlage verallgemeinert nämlich, während sich eine Verfassungsbeschwerde auf den konkreten Fall beziehen müsse. Ein Kläger müsse erklären, warum er selbst gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten verletzt sei. Eine generelle oder abstrakte Verletzung von Grundrechten hätte mit einer Privatklage wenig zu tun; dagegen können nur Institutionen klagen, zum Beispiel Landesregierungen.

Außerdem müssten Privatkläger in der Regel erst die Möglichkeiten der Fachgerichte nutzen. Erst, wenn hier die Rechts- und Sachfragen ausgewertet seien, trete das Verfassungsgericht in Kraft.

Betroffene können aus der Position des Verfassungsgerichtes eine Lehre ziehen. In aller Regel haben Hartz-IV-Abhängige mehr als genug Belege dafür, in welchem Ausmaß ihre Grundrechte verletzt werden.

Statt also standardisiert eine Mustervorlage auszufüllen, können sie diese nutzen, um ihre persönlichen Leidenserfahrungen in eine Form zu bringen. Zum Beispiel schränkt die Pflicht zur Annahme einer zugewiesenen Arbeit das Grundrecht der Freiheit der Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ein und ermächtigt das Jobcenter zur gemäß Art. 12 Abs. 3 GG unzulässigen Zwangsarbeit. Wer von Hartz-IV betroffen ist, wird das -leider- nur zu gut mit eigenen Erlebnissen illustrieren können.

Es gilt aber auch umgekehrt. Der Rechtsstaatsreport.de erörtert: „§ 16d SGB II (Arbeitsgelegenheiten) – Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 11 Abs. 1 GG, Art. 12 GG: Der übliche Zwang zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden, zusätzlichen Arbeit unter Ausschluss einer entsprechenden Vergütung, denn eine Aufwandsentschädigung ist keine solche, schränkt auf Grund des Mangels an einer dem Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG entsprechenden Handlungswahl zur Ausübung einer solchen Arbeit das entsprechende Grundrecht ein, ohne das hier weder die Rechte anderer verletzt werden noch gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird. Der Zwang zur Ausübung einer solchen Arbeit verbunden mit der Maßgabe eines unfreiwilligen Ortsaufenthaltes am Ort der Arbeit schränkt das Grundrecht der Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet gemäß Art. 11 Abs. 1 GG ein. Der Zwang zur Ausübung einer solchen Arbeit verbunden mit dem Mangel des Anspruchs auf eine dementsprechende Vergütung schränkt das Grundrecht auf freie Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG ein.“

Wenn Sie sich als Hartz-IV-Abhängiger darauf beziehen, Sie selbst aber von ihrem Jobcenter niemals dazu gezwungen wurden, eine solche zusätzliche Arbeit aufzunehmen, werden Sie mit ihrer Klage kaum Erfolg haben. (Dr. Utz Anhalt)

Bild: Innovated Captures – fotolia

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