Ungerechtes Bürgergeld – Offizielle Studie kritisiert Bürgergeldregelungen ungewohnt scharf

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Eine vom Arbeitsministerium in Auftrag gegebene Studie kritisiert ungewohnt scharf das Bürgergeldsystem. Es sei zu kompliziert, bestrafe Arbeit und sei zudem ungerecht, so das Ergebnis der Forschenden.

“Das System ist kaum durchschaubar”

Ein Team des ifo Instituts und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung unter Leitung des Ökonomen Andreas Peichl hatte die Forschungsergebnisse bereits im November an das Ministerium weitergegeben. Jetzt wurden sie veröffentlicht.

Kern der Kritik der Fachleute ist, dass das System überkomplex und für die Betroffenen kaum durchschaubar sei. Dies liege am „Zusammenspiel verschiedener Leistungen, die alle letztlich an dem gleichen zu deckenden Bedarf ansetzen, jedoch von verschiedenen Stellen verwaltet werden, verschiedene Regeln zur Leistungsbemessung und dabei verschiedene Anrechnungsregeln (…) vorsehen“

“Bürgergeld-Bedürftige werden gezwungen, weniger zu arbeiten

Zwar könnten Bürgergeld-Empfänger arbeiten. Die Sozialleistungen würden aber gerade dann gekürzt, wenn das Einkommen beginne, den Eigenbedarf zu decken. Indirekt würden Empfänger von Sozialleistungen so gezwungen, weniger zu arbeiten, was das Gegenteil dessen sei, was der Staat eigentlich bezwecke.

Im derzeitigen Bürgergeld ist es möglich, dass jemand unterm Strich weniger Geld hat, wenn er mehr arbeitet oder einen höheren Lohn bekommt. Wer zum Beispiel nicht 900 Euro im Monat dazuverdient, sondern 1200, könnte durch den sinkenden Freibetrag am Ende sogar weniger Geld übrig haben.

In der Studie steht es nicht, geht aber indirekt daraus hervor: Das rigorose Anrechnen des Einkommens bestraft gerade diejenigen, die dabei sind, sich aus der Abhängigkeit von staatlichen Leistungen herauszuarbeiten. Das ist nicht nur ungerecht, es steht auch der nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt diametral entgegen.

Sozialleistungen werden bei Mehrarbeit gestrichen

Ein Fazit der Studie lautet, das System so zu reformieren, dass Empfänger von Sozialleistungen mehr Geld aus dem Eigenerwerb behalten müssten, als es derzeit der Fall ist. Das soll nicht nur für Bürgergeld gelten, sondern auch für Wohngeld, Kinderzuschlag und andere staatliche Gelder.

Es sei zudem ungerecht, wenn Familien mit Kindern aufgrund einer Gehaltserhöhung keine Sozialleistungen mehr bekämen. Das senke auch deutlich den Reiz, zu arbeiten.

Was schlagen die Experten vor?

Die Studie entwirft eine Reform des Bürgergeldes, in der sich der Freibetrag, der nicht auf das Bürgergeld angerechnet wird, auf bis zu 2000 Euro erhöht. Einkommen darüber sollten lediglich zu 65 Prozent angerechnet werden statt in Gänze.

Mit dieser Reform würde zwar die Belastung der Steuerzahler erst einmal steigen. Doch der Arbeitsanreiz wäre so hoch, dass die nunmehr steuerpflichtig Arbeitenden dieses bald ausglichen. Unterm Strich würde der Staat sogar rund 1, 1 Milliarden Euro sparen, so die Studie.

Kindergrundsicherung: Zusatzbeitrag stärker anrechnen

Für die Kindergrundsicherung schlagen die Forschenden vor, den einkommensabhängigen Zusatzbeitrag stärker anzurechnen. Dies würde die Arbeitsanreize weiter erhöhen.

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