Hartz IV: Saarbrücker Jobcenter stellt Leistungen gegen Schwerkranken ein

Lesedauer 2 Minuten

In Saarbrücken ticken die Uhren offenbar noch immer anders. Das örtliche Jobcenter stellte die Leistungen gegen einen Schwerkranken ein. Das bedeutet, dass der Betroffene keinerlei Leistungen von der Behörde erhält. Trotz Urteil des Bundesverfassungsgerichts und trotz einer aktuellen Weisung der Bundesagentur für Arbeit hält das Jobcenter an einer Einstellung der Leistungen fest. Ein Skandal, der fassungslos macht.

Schwer angeschlagene Gesundheit

Die Gesundheit von Maxim B. ist schwer angeschlagen. „Ich war fast tot“, berichtet der 42-Jährige gegenüber der “Saarbrücker Zeitung”. Eine mehrstündige Herzoperation vor 2 Jahren konnte das Leben geradeso noch retten. Weil die Erkrankung noch immer anhält, ist Maxim B. krankgeschrieben. Vor der Hartz IV-Zeit hat er als Berufskraftfahrer gearbeitet und Lebensmittel ausgefahren. Durch die Herzkrankheit ist er auf Sozialleistungen angewiesen.

Jobcenter ignoriert Herzkrankheit und Urteil

Das Jobcenter anerkennt die schwierige Lage des Leistungsberechtigten offenbar nicht an. Trotz der Herzkrankheit strich die Behörde sämtliche Leistungen. Darüberhinaus fällte das Bundesverfassungsgericht ein Grundsatzurteil, nach dem Sanktionen über 30 Prozent verfassungswidrig sind.

Auch die Bundesagentur für Arbeit wies alle Mitarbeiter der Behörden an, keine Sanktionen darüberhinaus zu verhängen, bis eine gesetzliche Regelung geschaffen wurde. Das bestätigte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, in dieser Woche.

Lesen Sie auch:
Hartz IV-Recht: Auf die Einsicht der Beratungsprotokolle immer bestehen!

Anonymer Hinweis reichte aus

Doch was war geschehen? Ein anonymer Hinweis erreichte das Jobcenter im Oktober. Angeblich soll Maxim B. Leistungsmissbrauch begehen. Zu einem Meldetermin war er nicht erschienen, weil er krank ist. Eine ärtzliche Bescheinigung legte der Betroffene nach eigenen Angaben vor. Dennoch strich die Behörde alle Leistungen, weil er nicht zum Meldetermin erschienen war. Für die Behörde lag demnach ein Meldeversäumnis vor. Trotz Krankheit und Attest, wie der Betroffene sagt. Eine Auskunft gegenüber den Medien verweigerte die Behörde mit dem Hinweis auf den Datenschutz.

Kein Einzelfall

Der Anwalt des Betroffenen, Fred Valentin, kritsiert die Härte des Vorgehens der Behörde. “Es ist eine Unverschämtheit, ihm alles zu kürzen“, sagte er gegenüber der Zeitung. Das Vorgehen des Jobcenters sei kein Einzelfall. Immer wieder muss er Mandanten vertreten, die ähnliches erleben, sagt er Sozialrechtsanwalt.

Widerspruch trotz Urteil abgelehnt

In der letzten Woche, einen Tag vor dem Urteil am Verfassungsgericht, verfasste der Rechtsanwalt gemeinsam mit seinem Mandanten einen Widerspruch gegen die Leistungseinstellung. Einen Tag später fällte das Bundesverfassungsgericht das vielbeachtete Urteil.

Mitnichten! Nur einen Tag später wurde der Widerspruch, trotz des eindeutigen Urteils, von Seiten des Jobcenters abgelehnt. Thomas Gramm, Geschäftsführer des Saarbrücker Jobcenters, hat die Leistungseinstellung sogar in dieser Woche schriftlich bestätigt, wie der Anwalt berichtet. Für den Rechtsanwalt ist die Sachlage klar: Das Jobcenter wähnt sich außerhalb der hiesigen Rechtssprechung. Nun wird der Fall vor Gericht landen.

Korrektur 28.11.2019: In diesem Fall handelt es sich nicht um eine “Vollsanktion”, sondern um eine Leistungseinstellung. Wir haben dies nunmehr kenntlich gemacht und auch hier im Nachgang berichtet.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...