Statt Hartz IV Betrug ein einziges groteskes Wirrwarr vor Gericht

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Schlampigkeit der Behรถrde bringt Mann vor Gericht

Von einem โ€žgrotesken Wirrwarrโ€œ wurde unlรคngst vor dem Amtsgericht Stendal gesprochen. Ein 43-jรคhriger Mann wurde beschuldigt, “Hartz IV-Betrug” begangen zu haben. Beim Prozess zeigte es sich jedoch, dass das Jobcenter schlampig gearbeitet hatte.

Der ursprรผnglich aus Schleswig-Holstein stammende ehemalige Hartz IV Bezieher, soll das Jobcenter um 1258,17 Euro betrogen haben. Die Behรถrde wirft dem Familienvater vor, eine langfristige Arbeitsstelle vom 3. April bis 31. Mai des letzten Jahres bei einem Stendaler Bauunternehmen verschwiegen und trotz Gehalt weiterhin Hartz IV Leistungen bezogen zu haben. Doch das Verfahren wurde gegen den Angeklagten ohne irgendwelcher Auflagen eingestellt. Denn vieles blieb dem Gericht verborgen. Der Richter sprach in diesem Zusammenhang gar von einem โ€žgrotesken Wirrwarrโ€œ.

Angeklagter hatte sich sehr wohl abgemeldet

Denn in der Akte, die durch das Jobcenter selbst erstellt und eingereicht hatte, fand sich ein eindeutiger Vermerk, dass der Angeklagte sich von seiner Arbeitslosigkeit abgemeldet hatte. Schriftlich war dort zu lesen: โ€žIn-Arbeit-Meldungโ€œ. Bereits am 13. April hatte der Angeklagte diese Meldung abgegeben. Zwar ergab dies eine Differenz von zehn Tagen “zu spรคter” Meldung, von einem Betrug kann dennoch keine Rede sein. Denn als Begrรผndung nannte der Betroffene, dass das Bauunternehmen ihn zunรคchst nur probeweise fรผr zehn Tage anstellte und erst danach ein regulรคrer Arbeitsvertrag folgte, der dann offiziell zurรผckdatiert wurde. Ein vollkommen normales Prozedere.

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Viel Aufwand wegen nichts

Bereits vor zwei Wochen sollte der Prozess stattfinden. Doch zu diesem Termin erschien der kinderreiche Vater nicht. Das Gericht lieรŸ den Mann dann durch die Polizei vorfรผhren. “Meine Termine werden durch meine Frau in den Kalender eingetragen”, entschuldigte sich der Angeklagte. Der letzte Gerichtstermin war wohl nicht eingetragen.

Drei Polizisten waren angereist, um den Unglรผcksraben zum Gericht zu fahren. In der Region Sangershausen hatte die Polizei den Angeklagten angetroffen und ihn sofort mitgenommen. Weil der Mann aber nicht mit dem Polizeiauto wie ein Schwerverbrecher vor seinen Nachbarn weggebracht werden wollte, bat er um die Eigenanreise mit dem eigenem PKW. Dieser Bitte kamen die Polizisten freundlicherweise nach und eskortierten diesen bis zum nรคchsten Polizeirevier. Erst dann wurde die Fahrt zum Gericht im Dienstfahrzeug fortgesetzt. Sehr viel Aufwand, der bei manch einem Schwerstkriminellen nicht vollzogen wird.

Schon lรคngst eine Ratenvereinbarung getroffen

Die Frage, ob tatsรคchlich keine Meldung vorlag, war nun wiederlegt. Im Raum stand jedoch die Frage, was mit den zu viel gezahlten Leistungen passiert. Doch auch hier war der Angeklagte lรคngst aktiv geworden. Denn in der Zwischenzeit hatte der Familienvater hatte mit der Behรถrde bereits eine Ratenzahlung vereinbart. Zu einer รœberzahlung sei es nach Ansicht des Betroffenen รผberhaupt nicht gekommen, da sein Gehalt immer mit dem Aufstockungsbetrag verrechnet wurde.

Hier folgte das Gericht allerdings nicht gรคnzlich den Aussagen des Angeklagten, wie die “Volkszeitung” berichtet. Das Gericht glaubte den Ausfรผhrungen nicht, dass der Eingang des Geldes nicht bemerkt worden sei. Der Angeklagte begrรผndete den Umstand, dass er nur Quartalsweise Kontoauszรผge durch seine Bank bekommt und erst dann Einsicht รผber Eingรคnge und Ausgรคnge seines Konto hat.

Es war dem Richter anzumerken, dass hier ein vollkommen รผberflรผssiges Verfahren statt fand. โ€žZahlen Sie das Geld zurรผck, und gut!”, sagte der Richter. Das Verfahren wurde zugunsten des Angeklagten eingestellt.