Ein einmal anerkannter Grad der Behinderung kann wieder herabgesetzt werden. Bei einer Herabsetzung können deutliche Nachteile für schwerbehinderte Menschen entstehen.
Eine Herabsetzung des Grades der Behinderung ist nämlich keine Seltenheit und betrifft viele Menschen, insbesondere solche, die sich nach einer schweren Erkrankung in der sogenannten „Heilungsbewährung“ befinden.
Inhaltsverzeichnis
Die Heilungsbewährung
Bei bestimmten Erkrankungen wird ein Grad der Behinderung in der Regel befristet festgestellt. Besonders ist dies bei Krebsbehandlungen der Fall.
Hier gibt es eine sogenannte Heilungsbewährung. Das bedeutet, in einem Zeitraum nach der Behandlung muss erst einmal abgewartet werden, wie und ob die Behandlung erfolgreich ist. Diese Zeit beträgt in der Regel fünf Jahre.
In manchen Fällen zum Beispiel nach dem Entfernen bösartiger Tumore im Frühstadium beträgt sie nur zwei Jahre.
Warum sollten Sie gegen Herabsetzung vorgehen?
Ein Grad der Behinderung, insbesondere eine anerkannte Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung ab 50, ist mit Nachteilsausgleichen verbunden.
Als Mensch mit Schwerbehinderungen gilt für Sie ein besonderer Kündigungsschutz, Sie haben Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage, und Sie haben Anspruch auf einen behindertengerechten Arbeitsplatz.
Sie müssen bei Bewerbeungen zum Vorstellunsggespräch geladen werden, und Sie können zwei Jahre früher in die gesetzliche Altersrente gehen.
Hinzu kommt ein Pauschbetrag, den Sie von der Steuer absetzen können (auch schon unter einem Grad der Behinderung von 50),
Zusätzliche Nachteilsausgleiche haben Sie bei bestimmten Merkzeichen wie einer außergewöhnlichen Gehbehinderung (aG) oder Hilflosigkeit (H).
Bei einer Herabsetzung verlieren Sie einige oder alle dieser Nachteilsausgleiche.
Muss ich diese Herabsetzung akzeptieren?
Betroffene müssen eine Herabsetzung nicht einfach hinnehmen. Der Verlust der Schwerbehinderteneigenschaft bedeutet also auch den Verlust zahlreicher arbeitsrechtlicher und steuerrechtlicher Vorteile.
Insbesondere für schwerbehinderte Menschen, die kurz vor dem Renteneintritt stehen, kann die Schwerbehinderteneigenschaft entscheidend sein, um die Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen zu können.
Wann kan der Grad der Behinderung herabgesetzt werden?
Die zuständige Behörde kann ihren Grad der Behinderung herabsetzen, wenn sich erstens ihre Gesundheit verbessert hat, wenn zweitens eine Heilungsbewährung eingetreten ist, oder sich drittens die gesetzlichen Regelungen geändert haben (also ein niedrigerer Grad der Behinderung bei ihrer spezifischen Einschränkung gilt).
Wie erfahren Sie, dass eine Herabsetzung geplant ist?
Das Versorgungsamt (die zuständige Behörde) schickt Ihnen ein Anhörungsschreiben und informiert Sie darin, dass eine Nachprüfung und anschließende Herabsetzung ihres Grades der Behinderung beabsichtigt ist.
Auf dieses Anhörungsschreiben können Sie innerhalb von vier Wochen schriftlich oder telefonisch reagieren.
Was tun, um die Herabsetzung zu verhindern?
Falls sich ihre Einschränkungen nicht derart verbessert haben, dass eine Herabsetzung objektiv gerechtfertigt ist, dann sollten Sie so schnell wie möglich Belege finden.
Sie sollten ihre beeinträchtigten Funktionen und mögliche neue Erkrankungen sowie Verschlimmerungen durch ärztliche Befundberichte untermauern.
Widerspruch und Klage
Ganz wichtig ist, dass Sie einen Arzt an der Hand haben, der sich mit den Formulierungen im Behindertenrecht auskennt und genau weiß, was er für den jeweiligen Grad der Behinderung erwähnen muss.
Wenn das Versorgungsamt trotzdem auf einem niedrigerem Grad der Behinderung besteht, dann können Sie erst einmal Widerspruch einlegen. Wird auch dieser abgelehnt, dann können Sie vor dem Sozialgericht klagen.
Wie hoch sind die Erfolgschancen, die Herabsetzung abzuwenden?
Die Erfolgsaussichten, gegen eine Herabsetzung des GdB vorzugehen, stehen oft gut. Das Einlegen eines Widerspruchs oder einer Klage hat aufschiebende Wirkung, was bedeutet, dass der ursprüngliche Bescheid und damit auch die Schwerbehinderteneigenschaft bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung weiterhin bestehen bleiben. Erst nach Abschluss des Verfahrens tritt der neue Bescheid in Kraft.
Beim laufenden Verfahren gilt der alte Grad der Behinderung
Ganz wichtig also dabei ist: Solange die Verfahren laufen, gilt ihr alter Grad der Behinderung. Erst nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren wird der neue Grad der Behinderung gültig.
Allein durch das Verfahren selbst gewinnen Sie oft wertvolle Zeit, zum Beispiel, wenn eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen unmittelbar bevorsteht.
Diese bleibt nämlich auch dann, wenn nach Beginn der Rente keine Schwerbehinderung mehr vorliegt.
Musterwiderspruch gegen den Bescheid vom zur Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB)
Widerspruch gegen Herabsetzung des Grades der Behinderung
(Anschrift, Datum)
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit lege ich gegen den Bescheid vom [Datum des Bescheids], in dem mein Grad der Behinderung (GdB) von [vorheriger GdB] auf [neuer GdB] herabgesetzt wurde, fristgerecht Widerspruch ein.
Begründung:
- Unveränderte gesundheitliche Beeinträchtigungen: Meine gesundheitlichen Beeinträchtigungen haben sich seit der letzten Feststellung des GdB nicht verbessert. Die im Bescheid aufgeführten Gründe für die Herabsetzung spiegeln nicht die tatsächliche Schwere meiner Behinderung wider. Insbesondere leiden ich weiterhin unter den [Beschreibung der gesundheitlichen Beschwerden und Einschränkungen], die meine Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
- Unvollständige medizinische Bewertung: Es scheint, dass bei der Entscheidung über die Herabsetzung des GdB nicht alle relevanten medizinischen Unterlagen oder Gutachten ausreichend berücksichtigt wurden. Aus meiner Sicht fehlen in der Beurteilung wichtige Aspekte meiner Erkrankung. Gerne stelle ich Ihnen auf Wunsch weitere aktuelle ärztliche Gutachten zur Verfügung, die den Fortbestand meiner Behinderung dokumentieren.
- Unveränderte berufliche Einschränkungen: Auch in beruflicher Hinsicht haben sich keine wesentlichen Änderungen ergeben. Meine Behinderung schränkt mich weiterhin stark ein, und ich bin auf die bisherigen arbeitsrechtlichen Schutzmechanismen angewiesen, die mit einem GdB von mindestens 50 einhergehen.
- Erforderlicher rechtlicher Schutz: Aufgrund der fortbestehenden gesundheitlichen und beruflichen Einschränkungen bin ich weiterhin auf die durch den GdB gewährten Rechte angewiesen. Dazu gehören insbesondere der besondere Kündigungsschutz, der Anspruch auf zusätzlichen Urlaub sowie die Möglichkeit, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch zu nehmen.
Antrag:
Ich beantrage daher, den Bescheid vom [Datum des Bescheids] aufzuheben und meinen GdB in unveränderter Höhe von [vorheriger GdB] beizubehalten.
Für die weitere Prüfung meines Widerspruchs stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und bin bereit, zusätzliche medizinische Nachweise oder Stellungnahmen einzureichen. Ich bitte zudem um eine Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens.
Mit freundlichen Grüßen,
[Vorname Nachname]
Anlagen:
- Kopien der aktuellen ärztlichen Gutachten (falls vorhanden)
- Bescheid vom [Datum des Bescheids]
Wichtig: Dies ist ein allgemeines Muster, das je nach persönlicher Situation angepasst werden kann. Es ist in jedem Fall ratsam, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Tipp: Der Musterwiderspruch kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.
Fristen für Widerspruch beachten
Für den Widerspruch gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) gelten folgende Fristen:
- Widerspruchsfrist: Die Frist für den Widerspruch beträgt einen Monat ab dem Tag, an dem der Bescheid Ihnen bekannt gegeben wurde. In der Regel wird der Bescheid per Post verschickt, und der Zugang gilt nach drei Tagen als erfolgt, es sei denn, Sie können nachweisen, dass der Bescheid später bei Ihnen eingegangen ist.
- Fristverlängerung bei fehlender Rechtsbehelfsbelehrung: Wenn der Bescheid keine oder eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung enthält, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf ein Jahr. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist die Information im Bescheid, die erklärt, wie und in welchem Zeitraum Sie Widerspruch einlegen können.
Empfehlung für den Widerspruch
Um sicherzustellen, dass Sie die Frist einhalten, sollten Sie den Widerspruch so schnell wie möglich nach Erhalt des Bescheids einreichen. Ein Widerspruch kann auch ohne umfassende Begründung erfolgen, die dann nachgereicht wird. Wichtig ist also, zunächst die Fristen zu wahren.
Wer kann helfen?
Sozialverbände aber auch auf das Behindertenrecht spezialisierte Fachanwälte für Sozialrecht können bereits im Anhörungsverfahren, im Widerspruchsverfahren sowie im Klageverfahren helfen, dass die Rechte der Betroffenen gewahrt bleiben.
Insgesamt ist es entscheidend, frühzeitig rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um die Vorteile eines GdB nicht zu verlieren und alle möglichen rechtlichen Schritte zu kennen.