Die Eingliederungshilfe fรผr Menschen mit Behinderungen hรคngt seit 2020 nicht mehr von einer finanziellen Notlage ab. Bis dahin war sie an die Sozialhilfe geknรผpft. Heute kรถnnen hingegen generell Betroffene Eingliederungshilfe beanspruchen, die keine Leistungen eines anderes Trรคgers zur Rehabilitation erhalten.
Was fรคllt unter Eingliederungshilfe?
Die Eingliederungshilfe kann Sach- und Dienstleistungen ebenso umfassen wie Geldauszahlungen. Betroffene, deren Einkommen und / oder Vermรถgen eine festgesetzte Grenze รผberschreitet, beteiligen sich an den Kosten.
Um welche Leistungen geht es?
Erfasst werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Beschรคftigung (berufliche Reha), Leistungen zur Teilhabe an Bildung und Leistungen zur sozialen Teilhabe.
Betroffenen sollen die Leistungen ermรถglichen, ihr individuelles Leben gleichberechtigt und in Wรผrde zu gestalten und an der Gesellschaft teilzuhaben. Stichworte sind Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und individuelle Lebensplanung.
Was sollen die Leistungen erreichen?
Ziel der medizinischen Reha ist es erstens, die Beeintrรคchtigungen zu verbessern, sie auszugleichen oder zumindest zu verhindern, dass sie sich verschlimmern. Ein zweitens Ziel besteht darin, die Betroffenen so unabhรคngig wie mรถglich von der Pflege zu machen.
Ziel der Maรnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist es, den Betroffenen zu ermรถglchen, eine Beschรคftigung aufzunehmen oder eine bestehende Beschรคftigung zu sichern, die ihren Interessen entspricht und fรผr die sie geeignet sind. Zweitens soll ihre Persรถnlichkeit gefรถrdert und entwickelt werden sowie ihre Leistungsfรคhigkeit gesteigert.
Die Teilhabe an Bildung soll eine den Fรคhigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung, schulische Ausbildung oder Hochschulausbildung ermรถglichen.
Die soziale Teilhabe soll ein geleichberechtigtes Mitwirken der Betroffenen in der Gemeinschaft fรถrdern.
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Was sind die Voraussetzungen fรผr Eingliederungshilfe bei Behinderung?
Eingliederungshilfe kann beansprucht werden, wenn Bedarf besteht, eine Reha oder eine Teilhabeleistung in Anspruch zu nehmen, aber kein anderer Trรคger vorrangig verantwortlich ist.
Zweitens mรผssen die Ziele der Eingliederungshilfe erreichbar sein, und drittens muss eine wesentliche Behinderung vorliegen beziehungsweise drohen.
Minderjรคhrige mit psychischen Einschrรคnkungen
Kinder und Jugendliche, die ausschlieรlich wegen einer psychischen Behinderung Eingliederungshilfe brauchen, fรถrdert die Jugendhilfe. Zustรคndig ist hier das Jugendamt, und dort wird diese Hilfe beantragt laut Paragraf 35a SGB VIII.
Eingliederung und Pflege
Leistungen zur Pflege und Leistungen zur Eingliederung kรถnnen gleichzeitig in Anspruch genommen werden. Sie sind dabei gleichrangig zu bewerten.
Was bedeutet “die Ziele mรผssen erreichbar sein”?
Eingliederungshilfe gibt es nur, wenn die damit verbundenen Ziele erreicht werden kรถnnen. Ein Antrag wird zum Beispiel aus folgenden Grรผnden abgelehnt: Der oder die Betroffene ist fรผr den entsprechenden Arbeitsplatz ungeeignet. Der anvisierte Abschluss, ob Schule, Ausbildung oder Hochschule, kann nicht erreicht werden.
Nicht bewilligt wird Eingliederungshilfe auch dann, wenn sie รผberflรผssig ist, wenn zum Beispiel die Teilhabe im entsprechenden Bereich auch ohne Hilfe mรถglich oder bereits gewรคhrleistet ist.
Mรถgliche Folgen einer Ablehnung
Die Ablehnung von Eingliederungshilfe muss sehr genau bedacht und sorgfรคltig begrรผndet sein. Unberechtigte Ablehnungen kรถnnen genau das verstรคrken, was die Eingliederung verhindern soll: Ausgrenzung statt Teilhabe, Frustration statt Eigenverantwortung.
Umgekehrt kann es schรคdlich sein, Eingliederungshilfe zu gewรคhren, wenn die Ziele nicht erreicht werden kรถnnen. In diesem Fall entlastet die Ablehnung die Betroffenen davon, sich zu รผberfordern.
Was bedeutet “wesentliche Behinderung”?
Voraussetzung fรผr Eingliederungshilfe ist eine wesentliche Behinderung. Das bedeutet, die Behinderung schrรคnkt die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wesentlich ein. Wenn eine Behinderung nicht als wesentlich gilt, kann Eingliederungshilfe bewilligt werden, muss aber nicht. Dies liegt im Ermessen des zustรคndigen Trรคgers.
Welches Ausmaร hat die Eingliederungshilfe?
Dies hรคngt vom Einzelfall ab, und deshalb gibt es keine gesetzlichen Regeln dafรผr, welche Leistungen in welchem Umfang gewรคhrt werden. Allerdings werden bestimmte Kriterien als Maรstab genommen. Grundlage ist die “Internationale Klassifikation der Funktionsfรคhigkeit, Behinderung und Gesundheit” (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Berรผcksichtigt werden die Wรผnsche der Betroffenen, ihre Bedรผrfnisse, ihre persรถnlichen Verhรคltnisse, ihre Wohn- und Lebenssituation, ihre eigenen Krรคfte und Mittel. Unter diesen Kriterien wird dann ein Konzept entworfen – der Gesamtplan. An diesem beteiligen sich die Betroffenen von Anfang an.
Was wird konkret beachtet
Leitlinie ist, dass angemessene Wรผnsche der Betroffenen nicht ignoriert werden dรผrfen. Als nicht angemessen gilt es, wenn eine beanspruchte Leistung wesentlich teurer wรคre als eine vergleichbare Leistung, die ebenfalls den Bedarf deckt.
Bei dieser Vergleichbarkeit mรผssen die Betroffenen mitreden. Denn alternative Hilfen mรผssen zumutbar sein und nicht gegen die Wรผnsche der Betroffenen verstoรen. Wenn diejenigen, um deren Leben es geht, eine bestimmte Wohnform nicht wollen, dann sind Kosten keine Begrรผndung dafรผr, die gewรผnschte Wohnform abzulehnen.
Wie lange dauert die Eingliederungshilfe?
Kurz gesagt: Eingliederungshilfe kann solange beansprucht werden, bis deren Ziele erreicht sind oder diese vermutlich erreicht werden kรถnnen. Insofern ist es sogar mรถglich, ein Leben lang Eingliederungshilfe zu beziehen.
Geld statt Sachleistungen
Bei einem Anspruch auf Eingliederungshilfe kรถnnen Sie die Leistungen auch als Budget beantragen. Sie erhalten dann Geld oder Gutscheine, um die entsprechenden Leistungen selbst zu organisieren und zu bezahlen.
Was tun bei einer Ablehnung?
Sie mรผssen die Ablehnung eines Antrags nicht hinnehmen, sondern kรถnnen Widersprcuh dagegen einlegen, und, wenn dieser erfolglos bleibt, Klage einreichen. Fehlen Ihnen die Mittel vorerst den Anwalt zu bezahlen, dann kรถnnen Sie Prozesskostenhilfe beantragen.