Ein Mensch, bei dem ein Grad der Behinderung von 50 oder mehr festgestellt ist, gilt als schwerbehindert. Damit hat er Anspruch auf Nachteilsausgleiche, um ihm trotz seiner Einschränkungen die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis
Anspruch auf den Schwerbehindertenausweis
Menschen mit Schwerbehinderungen können einen Schwerbehindertenausweis führen.
Mit diesem verbunden sind Vergünstigungen bei der Steuer und Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, außerdem bei kulturellen Veranstaltungen, bei Sportangeboten oder unter Umständen auch beim Autokauf und Parken.
In manchen Bereichen ist dabei nicht allein der Grad der Behinderung wesentlich, sondern auch die Art der Behinderung.
Einschränkung an der gesellschaftlichen Teilhabe
Mit einem Grad von 30 oder 40 gelten Sie nicht als schwerbehindert. Dennoch können Sie mit einem Menschen mit Schwerbehinderung gleichgestellt werden und somit einige (nicht alle) Nachteilsausgleiche erhalten. Dafür müssen Sie nachweisen, dass Ihre Behinderung in ähnlichem Ausmaß die soziale Teilhabe einschränkt.
Was müssen Sie für einen Schwerbehindertenausweis erfüllen?
Voraussetzung für einen Schwerbehindertenausweis ist ein Wohnsitz / Arbeitsort in Deutschland und ein Grad der Behinderung von mindestens 50. Ihr Hausarzt oder Ihre Fachärztin sollte sich mit Ihnen beraten, ob die Anforderungen vorliegen.
Die medizinischen Befunde wie Berichte der behandelnden Mediziner können den Ausschlag für die Einstufung Ihrer Behinderung geben.
Bei dem Versorgungsamt vorlegen sollten Sie außer den ärztlichen Gutachten eventuelle Berichte aus Therapien, der Reha oder Kuraufenthalten, Pflege- und Betreuungsgutachten sowie EKG, Labor- und Röntgenbefunde.
Falls Sie sich in Pflege befinden, können diese Befunde (zusätzlich zu den medizinischen Gutachten) entscheidend sein.
Denn beim Feststellen einer Behinderung geht es nicht zuerst um die Diagnose der Erkrankung, sondern darum, wie weit durch diese Erkrankung Ihre Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben eingeschränkt ist.
Das weiß ein Mensch, der Sie im Alltag betreut, oft genauer als eine Ärztin, die Sie behandelt.
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Vorzeitige Rente
Zu den Nachteilsausgleichen gehört die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Bei einer anerkannten Schwerbehinderung, die zur Zeit des Renteneintrits vorliegt, können Sie als Versicherter zwei Jahre vor der sonstigen Regelalterszeit in Ruhestand gehen – ohne Abzüge.
Ein Nachteilsausgleich ist dies insofern, dass Erwerbsarbeit Menschen mit Schwerbehinderung stärker belastet als Menschen ohne Schwerbehinderung.
Nachteilausgleich am Arbeitsplatz
Menschen mit Schwerbehinderung haben das Recht auf “eine Beschäftigung, in der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können.”
Dazu gehört eine bevorzugte Berücksichtigung bei betrieblichen Bildungsmaßnahmen, die Erleichterung außerbetrieblicher Bildung, die “behinderungsgerechte Einrichtung von Arbeitsräumen, Maschinen und Gerätschaften unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr” und die Gestaltung der Arbeitsplätze mit den notwendigen technischen Mitteln.
Besonderer Kündigungsschutz
Menschen mit Schwerbehinderung haben einen besonderen Kündigungsschutz. Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber diese beim Integrationsamt beantragen.
Wichtig: Es muss ausgeschlossen sein, dass der Grund für die Kündigung die Behinderung ist.
Der Arbeitgeber ist in diesem Fall verpflichtet, erst einmal alles zu tun, um den Arbeitsplatz behindertengerecht zu gestalten.
Dieser besondere Kündigungsschutz gilt nicht in der Probezeit, und er gilt auch nicht bei Anspruch auf eine Abfindung oder nach Vollendung des 58. Lebensjahres.
Zusätzlicher Urlaub
Schwerbehinderte Menschen haben bei einer regulären Arbeitswoche von fünf Tagen das Recht auf fünf zusätzliche bezahlte Urlaubstage pro Jahr.
Dies gilt allerdings nicht für Menschen mit einer Behinderung von 30 oder 40, die wegen Einschränkungen an der sozialen Teilhabe mit Schwerbehinderten gleich gestellt sind.
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Kulturelles Leben
Auf freiwillger Basis geben viele Museen, Theater, Zoologische Gärten oder Sportstadien Sonderkonditionen für Inhaber eines Schwerbehindertenausweises.
Sie können sich vor Ort informieren, welche Leistungen das sind, und welche Veranstalter welche Ermäßigungen bieten.
Auch Schwimmbäder, Wellness-Center oder Saunen haben häufig spezielle Preise für Menschen mit Schwerbehinderungen und oft auch besondere Programme, die auf Betroffene zugeschnitten sind.
Der Rundfunkbeitrag
Beim Rundfunkbeitrag geht es nicht nur um den Grad der Behinderung, sondern auch um deren Art. So können Menschen mit dem Merkzeichen RF (Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung) eine Ermäßgung auf ein Drittel des Beitrags beantragen.
Handelt es sich um Taubblindheit oder empfangen Sie Blindenhilfe, dann müssen keine Rundfunkgehbühren zahlen.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.