Schrottessen für Menschenschrott?

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Das unfreiwillige Eingeständnis des Göttinger CDU-Bundestagsabgeordneten Hartwig Fischer von Holdger Platta

23.02.2013

Zu Recht empören sich seit gestern zahlreiche Sozialverbände über den famosen Vorschlag des Göttinger CDU-Bundestagsabgeordneten Hartwig Fischer (by the way: Lebendgewicht dieses „großen“ Politikers weit über zwei Zentner), die Pferdefleischprodukte sollten doch bitteschön an die „Bedürftigen“ in diesem Lande weitergeleitet werden. Unübersehbar die Logik: was den normalen Konsumenten – auch Fischers Auffassung nach! – nicht mehr zugemutet werden kann, das ist immer noch gut genug für die Armen im Land. Verhielte es sich anders und wäre dieser Christ (?) und Christdemokrat der Meinung, diese guten Produkte könnten, nach entsprechender Umdeklarierung auf den Pappkartons und Plastkhüllen, allen Mitmenschen in der Bundesrepublik angeboten werden, hätte sich der Entwicklungshilfepolitiker ja anders äußern müssen. Doch für ihn lag die Logik offenbar auf der Hand: den durchschnittlichen Käufern kann dieses Edel-Essen nicht mehr zugemutet werden, nur noch den unterdurchschnittlichen MitbürgerInnen. Und Fischer platzte mit seiner Variante der Barmherzigkeit heraus zu einem Zeitpunkt, wo nicht einmal die Medikamentenbelastung dieser Pferdefleischprodukte geklärt ist. Schon für diese Selbstoffenbarung des ehrenwerten Politikers sollten wir dankbar sein.

Doch untergegangen ist – soweit ich sehe – das zweite Eingeständnis dieses mildtätig gestimmten Armengedenkers aus dem Bundestag (wir können davon ausgehen, daß es ein unfreiwilliges Eingeständnis ist). Fischers Begründung für seinen Vorstoß in Sachen Nächstenliebe lautet nämlich so: 1,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik seien, so wörtlich, „auf Lebensmittelspenden der Tafeln angewiesen“. Angewiesen? – Jawohl, der Mensch und Menschenfischer Fischer sagt es uns: angewiesen! 1,5 Millionen Menschen in der Bundesrepublik (apropos: nur die???) seien auf Lebensmittelspenden der Tafeln angewiesen. Was heißt das?

Nun, nichts anderes, als daß ein CDU-Politiker damit ganz unverhohlen zugibt, daß der angeblich das menschenwürdige Existenzminimum absichernde Regelsatz, daß die angebliche „Grundsicherung“, nichtmal für genügend Essen der betroffenen Arbeitslosen, Aufstocker und Armutsrentner reicht. Fischer, Mitglied in demselben Verein, der uns Tag für Tag einreden will, allen Deutschen gehe es gut und in diesem Land gäbe es kein politikverursachtes Elend – bis ins Hungernmüssen am Monatsende hinein -, eben dieser Fischer begründet seinen grandiosen Fleischvergabevorschlag damit, daß ohne derartige „Spenden“ die Betroffenen hungern, wenn nicht gar verhungern müßten.

Allen Ernstes: wir sollten Fischer dankbar für dieses Bekenntnis sein. Mein Vorschlag deshalb: wir sollten ihm aus tiefstempfundener Dankbarkeit ganz, ganz viele Fresspakete zuschicken oder vor die Haustür legen – Lasagne, Gulasch, Tortellini, das alles mit edlen Anteilen an edlem Pferdefleisch und vielleicht auch verborgenem Pillencocktail. Und bitte keine Mäkeleien, daß Fischer die Wahrheit nur aus Versehen ausgeplaudert hat: bei Politikern dieser Couleur sollten wir bereits für unfreiwillige Eingeständnisse dankbar sein. (hp)