Sozialamt: Sozialamt darf Recherchen zum Einkommen der Kinder für Elternunterhalt unternehmen

Sozialhilfeträger dürfen für die Pflicht zur Zahlung von Elternunterhalt das Einkommen der vermeintlich gut verdienenden erwachsenen Kinder aus öffentlich zugänglichen Quellen abschätzen und den Anstieg der Nominallöhne dabei berücksichtigen.

Gut verdienende Kinder bei Elternunterhalt in der Pflicht

Ergibt sich daraus, dass ein Kind möglicherweise über den jährlichen Freibetrag von 100.000 Euro liegen könnte, liegen „hinreichende Anhaltspunkte“ vor, die das Kind zur konkreten Auskunft über dessen Einkommensverhältnisse verpflichtet, entschied das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 8. Oktober 2025 (Az.: L 8 SO 119/25 B ER).

Seit 2020 sind Kinder nur noch dann zum Unterhalt ihrer mittellosen Eltern verpflichtet, wenn sie mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Kinder mit geringerem Einkommen sollten so von Unterhaltszahlungen entlastet und von einer langwierigen Prüfung ihrer Einkommensverhältnisse verschont werden.

Erst bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ müssen Kinder laut Gesetz den Sozialhilfeträgern Auskunft über ihr Brutto-Einkommen geben und gegebenenfalls Elternunterhalt zahlen.

Im konkreten Fall ging es um eine mittellose, 1945 geborene erwerbsgeminderte Frau, die seit Dezember 2023 Grundsicherung im Alter erhält. Ihr erwachsener Sohn ist der einzige weitere Angehörige.

Als der Sozialhilfeträger erfuhr, dass der Sohn als „Sales Manager“ tätig ist, nahm die Behörde Ermittlungen über das mögliche Einkommen auf. Internet-Job-Portalen zufolge kann danach bei einer entsprechenden Berufserfahrung das Jahreseinkommen über 100.000 Euro liegen. Die Behörde forderte vom Arbeitgeber Auskunft über die Einzelheiten des Beschäftigungsverhältnisses.

Erlass einer einstweiligen Anordnung

Der Sohn beantragte daraufhin den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Er verlangte, dass es der Behörde bis zur Entscheidung in der Hauptsache untersagt wird, weitere Auskünfte und Einkommensbelege bei seinem Arbeitgeber, dem Finanzamt oder anderen Sozialleistungsträgern einzuholen.

Das Sozialamt dürfe nur bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze Ermittlungen über eine Pflicht zum Elternunterhalt anstellen. Allein die allgemeine Berufsbezeichnung „Sales Manager“ sei aber noch kein „hinreichender Anhaltspunkt“ über hohe Einkünfte.

Im Laufe des Verfahrens gab er noch an, dass er im Jahr 2022 ein Bruttoarbeitseinkommen von 92.500 Euro gehabt habe.

LSG München: Kinder können zur Einkommensauskunft verpflichtet sein

Das LSG lehnte den Antrag des Sohnes auf einstweilige Anordnung ab. Zum einen dürfe ein Sozialhilfeträger in öffentlich zugänglichen Quellen Ermittlungen zum Einkommen bestimmter, gut bezahlter Berufe anstellen, hier in Job-Portalen. Daraus habe sich ergeben, dass ein Sales-Manager durchaus ein Jahreseinkommen von über 100.000 Euro haben könne.

Zudem habe der Sohn selbst auf sein Einkommen von über 92.000 Euro im Jahr 2022 hingewiesen. Unter Berücksichtigung der vom Statistischen Bundesamt angegebenen Entwicklung der Nominallöhne seit 2022 müsste rechnerisch die Jahreseinkommensgrenze mittlerweile überschritten worden sein. Damit bestünden „hinreichende Anhaltspunkte“ für einen Auskunftsanspruch.

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hatte am 21. November 2024 geurteilt, dass für den Auskunftsanspruch eine „gewisse Wahrscheinlichkeit“ für über den Freibetrag liegende Einkommensverhältnisse ausreiche (Az.: B 8 SO 5/23 R).