Warum das Hartz IV Bildungspaket nicht ankommt

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Warum das sogenannte Bildungspaket bei den Kindern nicht ankommt

30.03.2012

Zuerst mal eine Klarstellung: das von der Bundesregierung, namentlich Ministerin Frau von der Leyen, eingeführte werbewirksame Hartz IV-Schlagwort „Bildungspaket“ ist absichtlich irreführend, denn nur eine einzige der „Leistungen für Bildung und Teilhabe“ (so die korrekte Bezeichnung) ist für Bildung (Nachhilfe) und auch diese kommt nur in absoluten Ausnahmefällen zum Tragen.

Alle anderen sind Teilhabeleistungen, welche den Kindern über Essen, Trinken und Wohnen hinaus die Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglichen sollen, deren Fehlen bei ihrer Grundsicherung das Bundesverfassungsgericht bemängelt hatte. Mit der Bezeichnung „Bildungspaket“ soll verschleiert werden, dass die Bundesregierung bedürftige Kinder 6 Jahre lang um die ihnen laut Grundgesetz ebenfalls zustehenden Teilhabeleistungen betrogen hat.

Warum kommt das vermeintliche Bildungspaket nicht bei den Kindern an?
Festzustellen sind bundesweit zuerst mal massive Rückstände bei der Beitragsbearbeitung, für welche die lt. SGB II leistungserbringenden Kommunen zuständig sind (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II). Einige haben bis zu 75% der seit April 2011 gestellten Anträge noch immer nicht bearbeitet. Dies wird von den Kommunen in der Regel. damit begründet, sie hätten sich nicht rechtzeitig auf diese Aufgabe vorbereiten können – doch das stimmt nicht. Bereits im Oktober 2010 stand fest (Br-Dr 661/10, Art. 2 Nr. 7), dass diese Aufgabe auf sie zukommt.

Allgemein wird über eine sehr lange Dauer bei der Antragsbearbeitung von 4 bis zu 12 Wochen berichtet, sowie über weitere 4 Wochen, bis die bewilligte Leistung zur Auszahlung kommt. Vom Antrag bis die Leistung den Antragstellern zur Verfügung steht, vergehen so im Durchschnitt mehrere Monate. Zu lange für Klassenfahrten, Schulausflüge oder Mittagessen, denn diese Kosten müssen Eltern zeitnah bezahlen.

Dies führt dazu, dass viele Anspruchsberechtigte Anträge auf den Zuschuss zur schulischen Mittagessenversorgung gar nicht erst stellen und das Kind weiterhin nicht daran teilnimmt. Denn weder können Eltern über Monate im Voraus die Mehrkosten dafür aus ihrem ohnehin knapp bemessenen Arbeitslosengeld-II (ALG II) vorfinanzieren, noch gehen Essensversorger in Vorleistung und warten dann monatelang auf die Bezahlung durch die Kommunen.

Auch bei den Kostenerstattungen für Schulausflüge und Klassenfahrten wird massiv verzögert. Entweder wird die Kostenerstattung gleich abgelehnt, so dass man sie langwierig mit Widerspruch und Klage erstreiten muss, was viele abschreckt. Oder diese schulischen Veranstaltungen sind bereits seit Wochen vorbei, bis die Kommunen deren Kosten endlich bezahlen. Das führt dazu, dass Eltern Kleinbeträge für Schulausflüge und Klassenfahrten gar nicht erst beantragen, und dass bedürftige Kinder an kostenintensiven Klassenfahrten nicht teilnehmen können, weil deren Eltern dies nicht vorfinanzieren können.

Die logische Frage muss nun lauten: was haben die Kommunen davon, wenn sie Bedürftige dergestalt von Anträgen abhalten, oder deren Bewilligung so lange verzögern, bis auf die Leistung kein Anspruch mehr besteht (z.B. weil das Kind aus den o.g. Gründen an der Klassenfahrt oder der schulischen Mittagessenversorgung nicht teilnehmen konnte)?

Die Antwort ist einfach: die Bundesregierung zahlt der Kommune eine Pauschale für diese Leistungen. Jedoch müssen diese Kommunen weder über die zweckentsprechende Verwendung dieser Mittel Rechenschaft ablegen, noch nicht verbrauchte erstatten. Alles was von dieser Pauschale bis Jahresende nicht verbraucht wurde, wandert automatisch in den Haushalt der Kommune und kann dann für andere Zwecke ausgegeben werden. Die Kommune hat also ein enormes finanzielles Interesse daran, von dieser Pauschale so viel wie möglich nicht auszugeben.Genau das ist der Grund, warum das Bildungspaket nicht bei den Kindern ankommt. (fm)

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Bild: Rainer Sturm / pixelio.de