Rente: Witwenrente gekürzt – Gericht verweigert Auszahlung von 19.000 Euro

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Eine Witwe aus Nordrhein-Westfalen scheiterte vor dem Landessozialgericht (LSG) mit dem Versuch, eine vollständige Auszahlung der ihr zustehenden Hinterbliebenenleistungen durchzusetzen. Der Streit drehte sich um eine Nachzahlung in Höhe von 38.919,74 Euro – wovon rund die Hälfte vom zuständigen Unfallversicherungsträger einbehalten wurde. Hintergrund war ein Erstattungsanspruch der Deutschen Rentenversicherung. Das Gericht wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte die Rechtmäßigkeit des Einbehalts.

Zwei Rententräger, ein Zeitraum: Warum ein Teil der Nachzahlung verloren ging

Die Klägerin, Witwe eines anerkanntermaßen berufskrank verstorbenen Versicherten, hatte ursprünglich Anspruch auf eine Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Parallel dazu bestand auch ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV Knappschaft-Bahn-See). Beide Renten bezogen sich auf denselben Zeitraum.

Laut Sozialgesetzbuch (SGB VI, § 93) ist jedoch eine gleichzeitige Auszahlung beider Renten nur begrenzt möglich. Wird der festgelegte Höchstbetrag überschritten, muss eine Leistung gekürzt oder gestrichen werden. In diesem Fall wurde die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung rückwirkend herabgesetzt. Die bereits geleisteten Zahlungen wurden daher teilweise zurückgefordert.

DRV forderte Rückzahlung – Unfallversicherung haftet

Die DRV Knappschaft-Bahn-See machte daraufhin einen Erstattungsanspruch in Höhe von 19.140,43 Euro geltend. Dieser Betrag wurde vom Unfallversicherungsträger einbehalten und direkt an die Rentenversicherung überwiesen. Die Witwe erhielt nur den Restbetrag von 19.779,31 Euro ausbezahlt.

Rechtlich ist dieses Vorgehen gedeckt: Der zuerst leistende Träger kann laut § 103 SGB X von einem anderen Sozialleistungsträger Geld zurückverlangen, wenn sich der eigene Anspruch nachträglich als überzahlt herausstellt. Für die betroffene Witwe bedeutet das konkret: Der Betrag wurde ihr nicht direkt abgezogen, sondern floss aufgrund gesetzlicher Regelungen an einen anderen Träger.

Klage der Witwe scheitert – auch in zweiter Instanz

Die Klägerin hatte argumentiert, dass ihr verstorbener Ehemann an mehreren schweren Berufskrankheiten litt und eine vollständige Auszahlung daher angemessen sei. Durch die Anrechnung der Rentenzahlung werde der Entschädigungszweck der Unfallversicherung untergraben. Der Todesfall sei somit finanziell kaum entschädigt worden.

Das Sozialgericht Duisburg wies die Klage zunächst ab. Es verwies darauf, dass die Kürzungsregelung im SGB VI Überversorgungen vermeiden soll, die das Solidarsystem übermäßig belasten würden. Diese Entscheidung wurde nun vom LSG Nordrhein-Westfalen in zweiter Instanz bestätigt.

Berufung abgelehnt – Revision nicht zugelassen

Das LSG entschied, dass der Einbehalt rechtmäßig sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Auszahlung der gesamten Nachzahlung, weil der entsprechende Betrag aufgrund eines wirksamen Erstattungsanspruchs an die DRV KBS geflossen sei. Die Berufung wurde abgelehnt, eine Revision zum Bundessozialgericht nicht zugelassen.

Die Klägerin kann die Entscheidung nicht mehr im Rahmen eines regulären Rechtsweges überprüfen lassen.

Was bedeutet das Urteil für andere Betroffene?

Wer als Hinterbliebener Leistungen sowohl aus der gesetzlichen Unfall als auch Rentenversicherung erhält, muss mit einer Anrechnung rechnen. Das betrifft insbesondere Fälle, in denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde. Die gesetzlichen Regelungen verhindern eine Doppelleistung für denselben Zeitraum.

Wichtig: Der Anspruch selbst bleibt bestehen – aber nur im Rahmen der gesetzlich zulässigen Höchstgrenzen. Überzahlungen werden nicht an die Betroffenen, sondern an die überzahlenden Träger zurückerstattet.

Hintergrund: Berufskrankheiten und Rentenansprüche

Im Zentrum des Falles stand eine anerkannte Berufskrankheit nach Nummer 4101 der Berufskrankheitenverordnung (BKV). Diese betrifft typischerweise Erkrankungen durch das Einatmen von Quarzstaub, etwa in der Bau- oder Bergbauindustrie.

Betroffene oder deren Hinterbliebene können sowohl Leistungen aus der Unfall als auch Rentenversicherung beanspruchen. Aber: Sobald beide Träger denselben Zeitraum abdecken, greift die sogenannte Anspruchskonkurrenz. Um die Versichertengemeinschaft zu schützen, müssen überlappende Zahlungen verrechnet werden.

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Rechtlich kompliziert – für Betroffene oft unverständlich

Auch wenn das Vorgehen der Behörden juristisch korrekt ist, bleibt es für viele Betroffene unverständlich. Die Klägerin empfand die Auszahlung als unzureichend – insbesondere in Anbetracht des schweren Leidensweges ihres Ehemannes. Der Einbehalt der Hälfte der Nachzahlung sei aus ihrer Sicht nicht nur ungerecht, sondern auch entwürdigend.

Rechtlich hatte sie damit keinen Erfolg. Doch der Fall zeigt: Die gesetzlichen Vorgaben lassen wenig Spielraum für menschliche Härte.

Kein Anspruch auf volle Nachzahlung bei Doppelversorgung

Das Urteil des Landessozialgerichts NRW zeigt, dass bei konkurrierenden Rentenansprüchen keine doppelte Auszahlung erfolgt. Eine vollständige Entschädigung über beide Systeme hinweg ist ausgeschlossen – selbst in emotional besonders belastenden Fällen.

Leistungen aus der Unfallversicherung können durch gleichzeitige Rentenbezüge gekürzt werden. Wer mit einer Nachzahlung rechnet, sollte prüfen lassen, ob eine Anrechnung zu erwarten ist – und gegebenenfalls frühzeitig Rechtsberatung in Anspruch nehmen.