Viele Unternehmen setzen Beschäftigte unter Druck, indem sie zwei scheinbare „Alternativen“ anbieten: Entweder ein Aufhebungsvertrag ohne Abfindung oder eine deutliche Herabstufung mit weniger Lohn. Für Betroffene gilt: Kein Zwang zur Unterschrift, keine einseitige Lohnkürzung. Wer besonnen reagiert, sichert Anspruch auf das volle Gehalt – oder verhandelt später eine Abfindung heraus.
Inhaltsverzeichnis
Psychologischer Trick: Wahl zwischen zwei Nachteilen
Arbeitgeber wissen, dass Menschen lieber selbst „wählen“, als eine Anweisung zu erhalten. Deshalb präsentieren sie zwei Optionen, die beide schlecht sind. Das Beispiel aus der Praxis: Führungskraft A soll entweder einen Aufhebungsvertrag ohne Abfindung unterzeichnen oder künftig zum halben Lohn als Verkäuferin arbeiten. Die scheinbare Entscheidungsfreiheit soll den Druck erhöhen und Fehler provozieren.
Rechtslage: Arbeitsvertrag schlägt Spontan-Angebot
Ihr bestehender Vertrag gilt weiterhin, solange er nicht einvernehmlich geändert oder durch eine Änderungskündigung ordentlich beendet wird. Ohne Ihre Unterschrift kann der Arbeitgeber:
- den Lohn nicht kürzen,
- die Stelle nicht dauerhaft herabstufen,
- keine Aufgaben übertragen, die dem vereinbarten Tätigkeitsprofil widersprechen.
Erst eine formwirksame Änderungskündigung schafft eine neue Rechtsgrundlage – und selbst dagegen können Sie klagen.
Aufhebungsvertrag ohne Abfindung: Warum Sie nicht unterschreiben sollten
Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis sofort. Damit riskieren Sie:
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (bis zu 12 Wochen),
- Verlust von Kündigungsschutz und Abfindung,
- schlechtere Ausgangsposition für Verhandlungen.
Ohne mindestens eine marktübliche Abfindung (häufig 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr) hat ein solcher Vertrag für Sie keinen Vorteil.
Sofortmaßnahmen: So reagieren Sie richtig
Praxisbeispiel: Vorgesetzter legt den Aufhebungsvertrag auf den Tisch und droht mit Versetzung. Ihr Drei-Schritte-Plan:
- Unterschrift verweigern, aber höflich bleiben.
- Weiterarbeiten unter Protest. Notieren Sie „Ich erbringe die Leistung vorbehaltlich gerichtlicher Klärung“.
- Fachanwältin kontaktieren und die Lage prüfen lassen. Eine schnelle schriftliche Intervention schützt vor fristloser Kündigung.
Wer sich weigert, die schlechtere Stelle anzunehmen, riskiert normalerweise keine fristlose Entlassung. Wichtig ist jedoch, den Protest zu dokumentieren, um keine stillschweigende Vertragsänderung entstehen zu lassen.
Änderungskündigung statt Drohung: Der korrekte Weg
Will der Arbeitgeber Aufgaben oder Gehalt ändern, muss er eine Änderungskündigung aussprechen. Sie können:
- die Änderung annehmen,
- ablehnen und das Arbeitsverhältnis beenden lassen,
- „unter Vorbehalt“ annehmen und Kündigungsschutzklage erheben (§ 2 KSchG).
Gerichte prüfen dann, ob wirtschaftliche Gründe oder betriebliche Umstrukturierungen die Änderung rechtfertigen. Häufig einigen sich beide Seiten auf eine Abfindung, weil dem Unternehmen die Prozessrisiken zu hoch sind.
Gehaltsverlust vermeiden: Fristen im Blick behalten
Akzeptieren Sie mehrere Wochen lang die Herabstufung und den geringeren Lohn, wertet ein Gericht das leicht als stillschweigende Zustimmung (§ 151 BGB). Reagieren Sie daher sofort:
- Schriftlicher Widerspruch innerhalb weniger Tage,
- Lohndifferenz zeitnah schriftlich einfordern,
- spätestens drei Wochen nach einer formellen Änderungskündigung Klage einreichen – sonst wird sie wirksam.
Unterstützung sichern: Wann juristische Hilfe unverzichtbar ist
- Komplexe Vertragswerke: Aufhebungs- oder Änderungsklauseln mit Konkurrenzverboten, Rückzahlungspflichten oder Sonderzahlungen.
- Kurze Fristen: Bei Kündigungen läuft die Drei-Wochen-Frist unerbittlich.
- Atypische Arbeitsverhältnisse: Leitende Angestellte, Schwerbehinderte, Betriebsräte oder Schwangere genießen besonderen Schutz.
Ein Fachanwalt kann die Rechtslage klären, eine Abfindung verhandeln oder eine Änderungskündigung angreifen. Viele Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten.
Selbstbewusst bleiben und Optionen sichern
Lassen Sie sich nicht von zwei schlechten Optionen einschüchtern. Ohne Ihre Unterschrift bleibt der bestehende Vertrag gültig. Arbeiten Sie unter Protest weiter, sammeln Sie Beweise und holen Sie frühzeitig juristischen Rat. So halten Sie alle Trümpfe in der Hand – egal, ob Sie den Job behalten oder mit Abfindung gehen möchten.