Ein aktuelles Urteil des Hessischen Landessozialgerichts erklärt, warum versicherungsfreie Rentner in Teilzeitbeschäftigung keine Rentenerhöhung erwarten können, sofern sie nicht aktiv handeln.
Inhaltsverzeichnis
Die Ausgangslage: Rentner in Teilzeitbeschäftigung
Ein 1949 geborener Mann aus Darmstadt bezog seit August 2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen als Vollrente. Trotz seines Rentenbezugs arbeitete er weiterhin in Teilzeit für die M. AG. Sein Arbeitgeber zahlte monatlich Beiträge zur Rentenversicherung, doch bei der Rentenberechnung wurden diese Beiträge nicht berücksichtigt. Der Rentner fühlte sich dadurch benachteiligt und sah seine Grundrechte verletzt.
Versicherungsfreiheit für Altersvollrentner
Nach deutschem Rentenrecht sind Personen, die eine Vollrente wegen Alters beziehen und die Regelaltersgrenze erreicht haben, grundsätzlich versicherungsfrei (§ 5 Abs. 4 Sozialgesetzbuch VI). Das bedeutet, sie müssen keine Beiträge zur Rentenversicherung mehr zahlen. Diese Regelung gilt auch für diejenigen, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterhin arbeiten.
Die Rolle der Arbeitgeberbeiträge
Obwohl der Rentner selbst keine Beiträge mehr zahlen muss, ist der Arbeitgeber verpflichtet, Beiträge zur Rentenversicherung zu leisten (§ 172 Abs. 1 SGB VI). Diese Beiträge werden jedoch nicht dem individuellen Rentenkonto des Arbeitnehmers gutgeschrieben. Sie fließen in die allgemeine Rentenkasse und haben keine rentenerhöhende Wirkung für den Beschäftigten.
Warum die Beiträge nicht rentenerhöhend wirken
Die gesetzliche Regelung zielt darauf ab, Wettbewerbsvorteile für Arbeitgeber zu vermeiden, die Altersrentner beschäftigen. Ohne die Pflicht zur Beitragszahlung könnten Arbeitgeber dazu neigen, bevorzugt Rentner einzustellen, da sie kostengünstiger wären. Durch die Beitragspflicht des Arbeitgebers sollen solche Anreize reduziert werden.
Das Flexirentengesetz: Neue Möglichkeiten seit 2017
Mit dem Inkrafttreten des Flexirentengesetzes im Januar 2017 hat der Gesetzgeber auf die veränderten demografischen Bedingungen und den Fachkräftemangel reagiert. Altersvollrentner haben seitdem die Möglichkeit, auf ihre Versicherungsfreiheit zu verzichten (§ 5 Abs. 4 SGB VI). Durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber können sie bewirken, dass sowohl sie selbst als auch der Arbeitgeber Beiträge zur Rentenversicherung zahlen. Diese Beiträge werden dann rentenerhöhend berücksichtigt.
Der konkrete Fall: Warum es zu keiner Rentenerhöhung kam
Im vorliegenden Fall hatte der Rentner keinen Verzicht auf die Versicherungsfreiheit erklärt. Somit blieb er versicherungsfrei, und die vom Arbeitgeber gezahlten Beiträge wirkten sich nicht auf seine Rentenhöhe aus. Weder konnte er eine Rentenerhöhung beanspruchen, noch stand ihm eine Erstattung der Arbeitgeberbeiträge zu.
Die Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts
Das Gericht bestätigte die Rechtsauffassung der Rentenversicherung. Es betonte, dass die gesetzliche Regelung verfassungsgemäß sei und keine Verletzung von Grundrechten vorliege. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, sicherzustellen, dass Beiträge stets zu individuellen Rentenleistungen führen. Die Arbeitgeberbeiträge dienen der Solidargemeinschaft und nicht dem individuellen Rentenanspruch des Beschäftigten.
Regelungen verfassungsrechtlich unbedenklich
Der Rentner argumentierte, dass die Nichtberücksichtigung der Arbeitgeberbeiträge eine Verletzung von Art. 3 und Art. 14 des Grundgesetzes darstelle. Das Gericht wies diese Argumentation zurück. Es stellte klar, dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit arbeitsmarktpolitische Ziele verfolgen darf. Die Regelungen zur Versicherungsfreiheit und den Arbeitgeberbeiträgen seien sachlich gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich.
Möglichkeiten für Rentner: Aktiver Verzicht auf Versicherungsfreiheit
Rentner, die eine Rentenerhöhung durch ihre Beschäftigung erreichen möchten, müssen aktiv auf ihre Versicherungsfreiheit verzichten. Dies erfolgt durch eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber. Ab diesem Zeitpunkt werden sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt, die rentenerhöhend wirken.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.