Das deutsche Rentenrecht ist ein bürokratisches Monster. Zugleich sollte jeder von uns, der später auf eine Rente angewiesen ist, die Leitlinien dieses Systems kennen. Wir haben ein ABC der wichtigsten Begriffe erstellt, das eine einfache Übersicht bietet.
Inhaltsverzeichnis
1. Der Abschlag
Als Abschlag werden Abzüge von der Rente bezeichnet, wenn diese vorzeitig beansprucht wird. Diese betragen für jeden Monat vor der Regelaltersgrenze 0,3 Prozent der Gesamtrente, bis zu maxmal 14,4 Prozent bei der Altersrente.
Bei Altersrente für schwerbehinderte Menschen, bei Renten wegen Erwerbsminderung, Witwen- und Witwerrenten sowie Erziehungsrenten steigen die Abschläge bis auf 10,8 Prozent.
Abschläge wegen eines vorzeitigen Renteneintritts verschwinden nicht mit der Regelaltersgrenze, sondern bleiben ein Leben lang erhalten.
2. Die Altersgrenze
Regelaltersgrenze bezeichnet das Datum, ab dem Versicherte ohne Abschläge in Altersrente gehen können. Diese Altersgrenze wird seit 2012 schrittweise angehoben, bis sie bei 67 Jahren liegt. Eine weitere Erhöhung hat die derzeitige Regierung ausgeschlossen.
3. Die Altersrente
Es gibt auch Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten oder Waisenrenten. Wenn landläufig von “der Rente” gesprochen wird, ist damit allerdings meist die Altersrente gemeint.
Diese gilt ab der Regelaltersgrenze für diejenigen, die mindestens fünf Jahre Wartezeit bei der Deutschen Rentenversicherung nachweisen können.
Die Altersrente für langjährig Versicherte können diejenigen beanspruchen, denen mindestens 35 Jahre bei der Rentenversicherung angerechnet werden. Sie können mit Abschlägen bis zu vier Jahre vorzeitig in den Ruhestand eintreten.
Die Altersrente für besonders langjährig Versicherte gilt für diejenigen, die mindestens 45 Jahre als Versicherte vorweisen. Diese können zwei Jahre vorzeitig in Rente gehen – ohne Abschläge.
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gilt für diejenigen, die mindestens 35 Jahre Wartezeit nachweisen und zum Renteneintritt als schwerbehindert anerkannt sind. Sie können zwei Jahre früher ohne Abschläge in den Ruhestand und zusätzlich bis zu drei Jahre früher mit Abschlägen.
4. Die Anrechnungszeiten
Generell erhalten eine Rente diejenigen, die zuvor Beiträge in die Rentenkasse leisteten. Die Rentenversicherung rechnet jedoch auch Zeiten an, in denen keine Beiträge geleistet werden.
Zu diesen Anrechnungszeiten gehören bei der regulären Altersrente etwa Zeiten der Krankheit, Schwangerschaft oder Arbeitslosigkeit, der schulischen Ausbildung und des Studiums.
5. Die Bruttorente
Die Summe der Rente vor Abzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wird als Bruttorente bezeichnet. Die Bruttorente stellt den Gesamtbetrag dar, den ein Rentenberechtigter von der gesetzlichen Rentenversicherung erhält, bevor gesetzlich vorgeschriebene Abzüge vorgenommen werden.
Zu diesen Abzügen können neben den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung auch Steuern und Solidaritätszuschläge gehören.
6. Der Grundrentenzuschuss
Dieser Zuschuss, auch kurz Grundrente genannt, gilt für diejenigen, die lange in die gesetzliche Rentenkasse einzahlten, aber wegen kleinem Einkommen trotzdem eine niedrige Rente beziehen.
Die Grundrente wird jährlich neu berechnet und ausgezahlt, wenn die Rente unter einer gesetzten Grenze liegt.
7. Der Entgeltpunkt
Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung werden mit Entgeltpunkten berechnet. Diese Rentenpunkte entscheiden über die letztliche Höhe der Rente.
Bei einem Jahr mit durchschnittlichem Verdienst gibt es einen Rentenpunkt – bei einem Verdienst, der dem halben Durchschnitt entspricht, einen halben Entgeltpunkt.
8. Die Grundsicherung
Sie wird oft mit dem Grundrentenzuschlag verwechselt, es handelt sich aber um ein anderes System. Die Grundsicherung im Alter ist nämlich keine Sozialversicherungsleistung, sondern eine staatliche Fürsorgeleistung.
Sie unterstützt Menschen im Alter, die aus eigenen Mitteln das Existenzminimum nicht decken können. Sie muss bei Grundsicherungsämtern beantragt werden und entspricht Leistungen des Bürgergeldes oder der Sozialhilfe.
9. Die Nettorente
Die Nettorente ist der Betrag, der einem Rentenberechtigten nach Abzug aller gesetzlichen Abgaben tatsächlich ausgezahlt wird. Von der Bruttorente werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgezogen, ebenso wie eventuell anfallende Steuern und Solidaritätszuschläge.
Die Nettorente stellt somit das tatsächliche Einkommen im Ruhestand dar und ist entscheidend für die persönliche Finanzplanung.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Höhe der Nettorente individuell variieren kann, abhängig von Faktoren wie dem persönlichen Steuersatz, dem Krankenversicherungsbeitrag und möglichen Zusatzbeiträgen.
10. Der Rentenbescheid
Der Rentenbescheid klärt über die Höhe der Rente auf, ebenso darüber, wann sie ausgezahlt wird und welche Zeiten für die Rente gezählt werden. Das ist nicht nur als Information wichtig: Wie bei jedem Behördenbescheid können Sie Widerspruch einlegen, wenn Sie Fehler entdecken.
11. Die Renteninformation
Im Unterschied zum Bescheid ist die Renteninformation nicht rechtsverbindlich, sondern dient dazu, Ihnen einen Überblick über ihre vermutliche Rentensituation zu verschaffen.
Hier erhalten Sie Einblick in ihr Versicherungskonto, es wird erklärt, wie die Rente berechnet wird, wie hoch ihre Rente derzeit wäre und vermutlich in Zukunft sein wird, sowie eine Übersicht über ihre geleisteten Beiträge.
Die Renteninformation erhalten Versicherte, wenn sie das 27. Lebensjahr vollendet haben. Sie wird dann jedes Jahr automatisch zugeschickt, wenn sie fünf Jahre Wartezeit erfüllt haben.
Ab dem 55. Lebensjahr erfolgt hingegen alle drei Jahre eine ausführlichere Berechnung der zu erwartenden Rente.
12. Das Rentenniveau
Das Rentenniveau beschreibt das Verhältnis zwischen der Standardrente und dem durchschnittlichen Einkommen der Erwerbstätigen. Konkret bedeutet das: Die Rente entspricht nie dem vollen Gehalt, das man während der Erwerbsarbeit bezogen hat, sondern nur einem bestimmten Prozentsatz davon.
Die Standardrente bezieht sich auf die Rente, die ein Durchschnittsverdiener nach 45 Beitragsjahren erhält. Aktuell liegt das Rentenniveau in Deutschland bei etwa 48 Prozent. Das heißt, ein Rentner mit einer Standardrente erhält rund 48 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns der Erwerbstätigen.
13. Das Umlageverfahren
Die gesetzliche Rente in Deutschland hat als Grundlage die Generationenumlage. Das bedeutet, die gegenwärtigen Rentenbeiträge finanzieren die gegenwärtigen Rentenkosten.
Wer heute einzahlt, finanziert also nicht die eigene spätere Rente, sondern die gegenwärtigen Renten anderer Menschen. Umgekehrt zahlten heutige Rentner in ihrer Erwerbszeit für die damaligen Rentner.
14. Der Zuschlag
Wer früher in Rente geht, muss Abschläge auf die Rente in Kauf nehmen, wer später in Rente geht, erhält Zuschläge. Seit 1992 werden für jeden Monat, den Rentenberechtigte über die Regelaltersgrenze hinaus arbeiten, ein Zuschlag von 0,5 Prozent im Monat gezahlt.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.