Die Elterngeld-Anrechnung bei Hartz IV ist sehr wahrscheinlich verfassungswidrig. Der DGB fordert daher betroffene Eltern zum Widerspruch gegen den letzten ALG II Bescheid auf.
02.03.2011
Im Zuge der Hartz IV Reformen der schwarz-gelben Bundesregierung wird der Mindestsatz des Elterngeldes von 300 Euro je Monat auf den Arbeitslosengeld II Leistungsbezug (SGB II) sowie dem Bezug von Sozialhilfe (SGB XII) angerechnet. Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB dรผrfte diese Neuregelung gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoรen, denn bei anderen einkommensabhรคngigen Sozialleistungen wie dem Berufsausbildungsbeihilfe (Bafรถg) und dem Wohngeld findet ein Anrechnung weiterhin nicht statt, so der DGB Regionsvorsitzender Frank Firsching.
Der DGB erwartet ein entsprechend positives Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Damit eben alle Betroffenen von dem Urteil profitieren, sollten Eltern im Hartz IV Bezug einen Widerspruch gegen ihren Leistungsbescheid einlegen. Der Widerspruch muss fรผr jeden Bewilligungsbescheid fristgerecht beim Leistungstrรคger SGB II, SGB XII oder ยง 6a BKGG eingelegt werden.
Bis zum Jahresende 2010 wurde das Elterngeld nicht als Einkommen angerechnet (ยง 10 BEEG). Diese Anrechnungsfreiheit ist seit Jahresbeginn 2011 durch die Einfรผgung eines neuen Absatz 5 in ยง 10 BEEG fรผr Leistungen nach SGB II, SGB XII und ยง 6a BKGG weggefallen. Nach ยง 10 Abs 5 Satz 1 BEEG gilt die Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes nicht mehr fรผr Hartz IV Leistungen, der Sozialhilfe nach SGB XII und ยง 6a BKGG (Kinderzuschlag fรผr zu Hause wohnende Kinder).
Nach Auffassung einiger Sozialrechtler verstรถรt die Neuregelung gegen den Gleichbehandlungsanspruch des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Zum einen sind wie erwรคhnt nicht alle Sozialleistungen hiervon betroffen und zum anderen fรคllt der Anrechnungsfreiheit des Mindestelterngelds nicht fรผr alle Leistungsempfรคnger von SGB II, SGB XII und ยง 6a BKGG weg , sofern sie das Elterngeld als Lohnersatzleistung erhalten. Dann besteht nรคmlich weiterhin ein Anspruch auf die Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes.
Somit werden zwei Gruppen von Sozialleistungsempfรคngern geschaffen, die offensichtlich ungleich behandelt werden. Der Gesetzgeber wird wohl kaum in der Lage sein, diese Ungleichbehandlungen rechtlich begrรผnden zu kรถnnen. โDarรผber hinaus stellt die Neuregelung eine unzulรคssige mittelbare Frauendiskriminierung dar. Denn durch die Schlechterstellung sind weit รผberwiegend Frauen betroffen.โ, kritisierte der DGB Vorsitzende.
Um diese Ungerechtigkeit zu beenden, sollten Betroffenen nun einen Widerspruch einlegen. Der DGB hat unterdessen ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um eine mรถgliche Klageerhebung zu รผberprรผfen. (sb)
Musterwiderspruch Elterngeld
BG Nummer, Adresse und Anrede
“Hiermit lege ich Widerspruch gegen ihren o.a. Bescheid ein. Durch diesen haben Sie mir das mir zustehende Erziehungsgeld in voller Hรถhe und ohne Berรผcksichtigung des bis zum 31.12.2010 geltenden Anrechnungsfreibetrags aus ยง 10 BEEG als Einkommen angerechnet. Hierbei beziehen Sie sich auf den Wegfall des Freibetrags durch den ab 01.01.2011 geltenden ยง 10 Abs 5 BEEG.
Diese Neuregelung ist nach meiner Meinung wegen Verletzung des Gleichbehandlungsanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Ich werde gegenรผber den Beziehern anderer einkommensabhรคngiger Sozialleistungen wie Wohngeld und BAfรถG, die den Freibetrag weiter in Anspruch nehmen dรผrfen, und/oder gegenรผber Elterngeldempfรคngern, die das Elterngeld als
Lohnersatzleistung erhalten, benachteiligt, ohne dass fรผr diese Benachteiligung ein Rechtfertigungsgrund besteht. “