Der „Erfinder“ von Hartz IV, Peter Hartz, wird am Montag 80 Jahre alt. Die sozialpolitischen Reformen, die unter seinem Namen durchgeführt wurden, hält er noch immer für einen Erfolg.
Wie die Hartz-Reformen die deutsche Sozialpolitik auf den Kopf stellten
Die Rot-Grüne Regierung unter Gerhard Schröder berief Peter Hartz 2002 zum Leiter einer Expertenkommission zur Entwicklung der Agenda 2010, aus der vier Gesetze, die Hartz-Reformen hervorgingen. Peter Hartz, der seine Karriere über dafür bekannt war, Stellen abzubauen, ohne dass dies zu Entlassungen führte und dafür insbesondere als VW-Personalvorstand bekannt war, wurde 2007 übrigens wegen Untreue und Begünstigung zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt.
Das System Hartz IV, das unter dem Motto „Fordern und Fördern“ beworben wurde und dafür heute ironischer Weise von den Unionsparteien verteidigt wird, ist auf das Engste mit Vorschriften, Überwachung, Zwang und Sanktionen verknüpft. Sie wird von Parteien, Gewerkschaften und Sozialverbänden unter anderem scharf dafür kritisiert, dass die Regelsätze ein Leben in Armut vorgeben und die Betroffenen von der sozialen und kulturellen Teilhabe ausschließen.
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Hartz IV: Auf dem Papier hui, in der Realität pfui
Vom Arbeitslosengeld II, das gemeinhin als Hartz IV bezeichnet wird, sind aktuell 3,86 Millionen Menschen betroffen. Das Ziel, die Arbeitslosigkeit zu halbieren, hat das System allerdings nicht erreicht. Während es 2005 bei Einführung 5 Millionen Arbeitslose gab, sind es heute immer noch 2,6 Millionen.
In der Rechnung wird schnell klar, dass die statistische Senkung der Arbeitslosigkeit mit der Realität wenig zu tun hat. Denn durch die massive Ausweitung des Niedriglohnsektors, ganz in der Tradition des Managers Peter Hartz, sind noch immer Millionen Menschen von den Sozialleistungen abhängig.
Außerdem führt die ständige Überwachung und Unterdrucksetzung durch potentielle Sanktionen, der exorbitante Mangel an Fort- und Weiterbildungsangeboten für Betroffene undVerordnung von sinnlosen Maßnahmen sowie der Vermittlungszwang in unpassende und schlecht bezahlte Stellen zu einer dramatischen Verfestigung von Armutsstrukturen. Dennoch findet Peter Hartz rückblickend, dass die reform „sehr erfolgreich“ war. Allerdings würde er die Reform heute mit den Mitteln der Digitalisierung weiterentwickeln.
Bild: Thomas Francois / AdobeStock
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