Hartz IV: Überprüfungsantrag, Widerspruch und Anfechtungsklage zur Regelsatzüberprüfung des Bundesverfassungsgerichtes
Vorwort
Leider ist zwischen einem der Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), T. Kallay, und Tacheles e.V. ein sehr unschöner und unsachlicher Streit ausgebrochen. Dieser Streit ist für uns nicht nachvollziehbar und schadet der Sache selbst. Deshalb haben wir uns entschlossen, uns davon zu distanzieren und eigene Beispiele für Überprüfungsantrag, Widerspruch und Anfechtungsklage zur Regelsatzüberprüfung des BVerfG zu veröffentlichen. Auch wenn viele ALG II Bezieher unhöfliche und diffamierende Behandlung durch Sachbearbeiter der SGB II Leistungsträger erfahren haben, sollten wir uns nicht mit diesen Personen auf eine Stufe stellen. Deshalb verzichten auch wir nicht auf allgemein übliche Höflichkeitsfloskeln und vermeiden durch Formulierungen wie: "Sollte das BVerfG keine rückwirkende Entscheidung treffen, werde ich/werden wir ohne Aufforderung ihrerseits diesen Antrag zurück ziehen, um ihren Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten."
den Eindruck, wir wären nur Querulanten.
Nun zur Sache
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird vorrangig Anfang 2010 ein Urteil fällen, in dem es darum geht, ob der Hartz IV Regelsatz beim ALG II korrekt berechnet wurde, oder nicht. Aufgrund der bisher stattgefundenen Verhandlung zeichnet sich ab, dass das BVerfG urteilen wird, dass der Regelsatz beim ALG II nicht korrekt berechnet wurde. Hier gibt es unserer Meinung nach konkret zwei Möglichkeiten:
1. das BVerfG trifft eine rückwirkende Entscheidung, damit wären die Regelsätze rückwirkend zum 01.01.2005 rechtswidrig,
2. das BVerfG trifft eine in die Zukunft gerichtete Entscheidung, dabei würde es der Bundesregierung eine Frist zur Neuberechnung der Regelsätze nach vom BVerfG festgelegten Kriterien einräumen und die aktuellen Regelsätze wären erst nach Ablauf dieser Frist verfassungswidrig.
Wer sich im Fall der Möglichkeit 1 Ansprüche auf rückwirkende Nachzahlung ab 01.01.2005 sichern möchte, muss vor dem Urteil des BVerfG und bis Ende 2009 einen Überprüfungsantrag gegen bereits rechtsräftig gewordene Bewilligungsbescheide und Widerspruch gegen noch nicht rechtsräftig gewordene Bewilligungsbescheide einlegen. Beides kann man in einem Schreiben tun.
Sollte der Leistungsträger den darin enthaltenen Antrag auf ruhend stellen des Verfahrens ignorieren und
– den Überprüfungsantrag vor der Entscheidung des BVerfG ablehnen, muss der Betroffene dagegen innerhalb der Widerspruchsfrist schriftlich Widerspruch einlegen,
– den Widerspruch vor der Entscheidung des BVerfG ablehnen, muss der Betroffene dagegen innerhalb der Widerspruchsfrist schriftlich Klage erheben.
Wichtig ist dabei, dass der Antragsteller/Widerspruchsführer den Zugang seines Überprüfungsantrages/ Widerspruches bei seinem Leistungsträger nachweisen können muss. Der Leistungsträger ist nicht verpflichtet, eine Eingangsbestätigung auszustellen.
Hier sind folgende Möglichkeiten zielführend:
1. man gibt den Überprüfungsantrag/Widerspruch persönlich bei seinem Leistungsträger ab, dazu nimmt man einen Zeugen mit, welchem man unmittelbar vor der Abgabe das Schreiben zeigt, der die Abgabe sieht,
2. man wirft den Überprüfungsantrag/Widerspruch persönlich in den Briefkasten seines Leistungsträgers ein, dazu nimmt man einen Zeugen mit, welchem man vor dem Briefkasten das Schreiben zeigt, der beim Eintüten desselben in einen Briefumschlag und dem anschließenden Einwurf des Umschlages in den Briefkasten zusieht,
3. man sendet den Überprüfungsantrag/Widerspruch per Einschreiben Rückschein an seinen Leistungsträger, dazu nimmt man einen Zeugen mit zur Post, welchem man vor dem Eintüten des Schreibens dieses zeigt, der beim Eintüten und der anschließenden Übergabe des Briefes an den Postangestellten zusieht.
Hierbei beugt man allen möglichen Vorwürfen seines Leistungsträgers vor:
– er hätte keinen Überprüfungsantrag/Widerspruch erhalten,
– der Briefumschlag hätte keinen Überprüfungsantrag/Widerspruch enthalten,
– der Brief wäre nach dem Eintüten des Überprüfungsantrages/Widerspruches vertauscht worden und es wäre stattdessen ein Brief angekommen, der leer gewesen sei oder was anderes enthalten hätte.
Ebenfalls wichtig ist, dass jede Person der Bedarfsgemeinschaft einen eigenen Überprüfungsantrag/Widerspruch stellt, der natürlich in einem gemeinsamen Schreiben zusammengefasst werden kann. Dies erfordert die Nennung aller Personen der Bedarfsgemeinschaft als Absender und die Unterschrift aller volljährige Person der Bedarfsgemeinschaft in diesem Schreiben.
Ergänzend für die minderjährigen Mitglieder der der Bedarfsgemeinschaft sollte eine volljährige Person der Bedarfsgemeinschaft deren rechtliche Vertretung anzeigen.
Nachfolgend nun unsere Beispiele, die Sie an ihre individuelle Situation anpassen müssen. Hinweise und Erläuterungen sind Kursiv gesetzt.
Diese können auch für das rechtsgeiet des SGB XI benutzt werden. Dazu müssen diese nur geringfügig angepasst und
– der Empfänger in das zuständige Sozialamt geändert,
– die BG-Nr. durch das eigene Aktenzeichen ersetzt,
– der Begriff "ALG II" gegen die jeweilige Leistung des SGB XII, also "Grundsicherung" oder "Sozialhilfe" sowie
– "SGB II" gegen "SGB XII" ausgetauscht werden.
Beispiel für Überprüfungsantrag
Absender
Max Mustermann
(hier alle weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Musterstraße 123
Musterstadt 12345
BG-Nr. 1234567890
An
ARGE/Arbeitsamt/Optionskommune Musterstadt
Musterstraße 9
Musterstadt 12345
Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X
Werte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich/beantragen wir die Überprüfung aller mich/uns betreffenden auf der Grundlage des SGB II erlassenen Bewilligungsbescheide rückwirkend zum 01.01.2005.
Gleichzeitig beantrage ich/beantragen wir, diesen Überprüfungsantrag bis zur Entscheidung des BVerfG über die dort anhängigen Verfahren 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 ruhend zu stellen.
Begründung:
Die derzeit beim BVerfG anhängigen Verfahren: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 richten sich gegen die Berechnung und Höhe des Eckregelsatzes und der Regelsätze für Kinder, sowie die Bedarfsberechnungen und -festsetzungen im Allgemeinen.
Nach der Verhandlung des BVerfG vom 20.10.2009 zeichnet sich deutlich ab, dass das BVerfG entscheiden wird, dass sowohl die Berechnungsgrundlage des Eckregelsatzes als auch die prozentuale Ableitung der Kinderregelsätze und damit deren Höhe verfassungswidrig sind, möglicherweise auch die anderer Bedarfe des SGB II.
Für den Fall, dass das BVerfG hierbei eine rückwirkende Entscheidung trifft, aus der sich Mehransprüche an Regelleistung, Einmal- oder Mehrbedarfen sowie Unterkunftskosten ergeben, beantrage ich/beantragen wir hiermit die entsprechende Überprüfung aller mich/uns betreffenden o.g. Bescheide und sichere/sichern mir/uns damit rechtlich einen rückwirkenden Nachzahlungsanspruch.
Sollte das BVerfG keine rückwirkende Entscheidung treffen, werde ich/werden wir ohne Aufforderung ihrerseits diesen Antrag zurück ziehen, um ihren Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten.
Ihre Entscheidung über diesen Überprüfungsantrag vor der Entscheidung des BVerfG wäre auf Grund der noch offenen Rechtsfragen unsinnig und würde meinerseits/unsererseits nur zu Widerspruch und Klage führen.
MfG
Unterschrift Max Mustermann
(bei Bedarf:)auch als rechtlicher Vertreter aller minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
(hier Unterschriften aller weiteren volljährigen Miglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Beispiel für Widerspruch
Absender
Max Mustermann
(hier alle weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Musterstraße 123
Musterstadt 12345
BG-Nr. 1234567890
An
ARGE/Arbeitsamt/Optionskommune Musterstadt
Musterstraße 9
Musterstadt 12345
Widerspruch gegen ihren Bescheid/ihre Bescheide vom 11.11.2009
Werte Damen und Herren,
hiermit widerspreche ich/widersprechen wir ihrem/ihren o.g. Bescheiden.
Gleichzeitig beantrage ich/beantragen wir, diesen Widerspruch bis zur Entscheidung des BVerfG über die dort anhängigen Verfahren 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 ruhend zu stellen.
Begründung:
Die derzeit beim BVerfG anhängigen Verfahren: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 richten sich gegen die Berechnung und Höhe des Eckregelsatzes und der Regelsätze für Kinder, sowie die Bedarfsberechnungen und -festsetzungen im Allgemeinen.
Nach der Verhandlung des BVerfG vom 20.10.2009 zeichnet sich deutlich ab, dass das BVerfG entscheiden wird, dass sowohl die Berechnungsgrundlage des Eckregelsatzes als auch die prozentuale Ableitung der Kinderregelsätze und damit deren Höhe verfassungswidrig sind, möglicherweise auch die anderer Bedarfe des SGB II.
Für den Fall, dass das BVerfG hierbei eine rückwirkende Entscheidung trifft, aus der sich Mehransprüche an Regelleistung, Einmal- oder Mehrbedarfen sowie Unterkunftskosten ergeben, beantrage ich/beantragen wir hiermit die entsprechende Überprüfung aller mich/uns betreffenden o.g. Bescheide und sichere/sichern mir/uns damit rechtlich damit einen rückwirkenden Nachzahlungsanspruch.
Sollte das BVerfG keine rückwirkende Entscheidung treffen, werde ich/werden wir ohne Aufforderung ihrerseits diesen Widerspruch zurück ziehen, um ihren Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten.
Ihre Entscheidung über diesen Widerspruch vor der Entscheidung des BVerfG wäre auf Grund der noch offenen Rechtsfragen unsinnig und würde meinerseits/unsererseits nur zu einer Klage führen.
MfG
Unterschrift Max Mustermann
(bei Bedarf:)auch als rechtlicher Vertreter aller minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
(hier Unterschriften aller weiteren volljährigen Miglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Beispiel für kombinierten Überprüfungsantrag und Widerspruch
Absender
Max Mustermann
(hier alle weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Musterstraße 123
Musterstadt 12345
BG-Nr. 1234567890
An
ARGE/Arbeitsamt/Optionskommune Musterstadt
Musterstraße 9
Musterstadt 12345
Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X
Widerspruch gegen ihren Bescheid/ihre Bescheide vom 11.11.2009
Werte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich/beantragen wir die Überprüfung aller mich/uns betreffenden auf der Grundlage des SGB II erlassenen Bewilligungsbescheide rückwirkend zum 01.01.2005.
Außerdem widerspreche ich/widersprechen wir hiermit ihrem/ihren o.g. Bescheid/en.
Gleichzeitig beantrage ich/beantragen wir, diesen Überprüfungsantrag und Widerspruch bis zur Entscheidung des BVerfG über die dort anhängigen Verfahren 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 ruhend zu stellen.
Begründung:
Die derzeit beim BVerfG anhängigen Verfahren: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 richten sich gegen die Berechnung und Höhe des Eckregelsatzes und der Regelsätze für Kinder, sowie die Bedarfsberechnungen und -festsetzungen im Allgemeinen.
Nach der Verhandlung des BVerfG vom 20.10.2009 zeichnet sich deutlich ab, dass das BVerfG entscheiden wird, dass sowohl die Berechnungsgrundlage des Eckregelsatzes als auch die prozentuale Ableitung der Kinderregelsätze und damit deren Höhe verfassungswidrig sind, möglicherweise auch die anderer Bedarfe des SGB II.
Für den Fall, dass das BVerfG hierbei eine rückwirkende Entscheidung trifft, aus der sich Mehransprüche an Regelleistung, Einmal- oder Mehrbedarfen sowie Unterkunftskosten ergeben, beantrage ich/beantragen wir hiermit die entsprechende Überprüfung aller mich/uns betreffenden o.g. Bescheide und sichere/sichern mir/uns damit rechtlich damit einen rückwirkenden Nachzahlungsanspruch.
Sollte das BVerfG keine rückwirkende Entscheidung treffen, werde ich/werden wir ohne Aufforderung ihrerseits diesen Widerspruch zurück ziehen, um ihren Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten.
Ihre Entscheidung über diesen Überprüfungsantrag und/oder Widerspruch vor der Entscheidung des BVerfG wäre auf Grund der noch offenen Rechtsfragen unsinnig und würde meinerseits/unsererseits nur zu Widerspruch bzw. einer Klage führen.
MfG
Unterschrift Max Mustermann
(bei Bedarf:)auch als rechtlicher Vertreter aller minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
(hier Unterschriften aller weiteren volljährigen Miglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Beispiel für eine Klage
Absender
Max Mustermann
(hier alle weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Musterstraße 123
Musterstadt 12345
An
Sozialgericht Musterstadt
Musterstraße 9
Musterstadt 12345
Klage
Hiermit erhebe ich/erheben wir
Vorname Name (bei Bedarf:), auch als gesetzlicher Vertreter aller minderjährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft,
(hier alle weiteren Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft)
Strasse, PLZ Ort
Klage gegen die
ARGE/Arbeitsamt/Optionskommune Musterstadt
Musterstraße 9
Musterstadt 12345
und beantrage/n:
1. das Ruhen dieses Verfahrens bis zur abschließenden Entscheidung des Bundesverfassungsgericht im derzeit anhängigen Verfahren: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09,
2. die Beklagte zur Nachzahlung aller uns zustehenden Bedarfe aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht im derzeit anhängigen Verfahren: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, zu verurteilen,
3. die Beklagte zur Zahlung meiner/unserer außergerichtlichen und gerichtlichen Aufwendungen in dieser Angelegenheit zu verurteilen.
Antragsbegründung:
Die derzeit beim BVerfG anhängigen Verfahren: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 richten sich gegen die Berechnung und Höhe des Eckregelsatzes und der Regelsätze für Kinder, sowie die Bedarfsberechnungen und -festsetzungen im Allgemeinen.
Nach der Verhandlung des BVerfG vom 20.10.2009 zeichnet sich deutlich ab, dass das BVerfG entscheiden wird, dass sowohl die Berechnungsgrundlage des Eckregelsatzes als auch die prozentuale Ableitung der Kinderregelsätze und damit deren Höhe verfassungswidrig sind, möglicherweise auch die anderer Bedarfe des SGB II.
Für den Fall, dass das BVerfG hierbei eine rückwirkende Entscheidung trifft, aus der sich Mehransprüche an Regelleistung, Einmal- oder Mehrbedarfen sowie Unterkunftskosten ergeben, beantrage ich/beant
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