Schwerbehinderung: Blauer oder oranger Parkausweis – Welcher ist der richtige?

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Wer auf Rollstuhl, Rollator oder weitere Hilfsmittel angewiesen ist, erlebt es tรคglich: Schon wenige Meter mehr oder ein zu enger Ausstieg kรถnnen darรผber entscheiden, ob ein Termin รผberhaupt erreichbar ist.

Parkerleichterungen sind deshalb kein โ€žBonusโ€œ, sondern ein zentraler Nachteilsausgleich. Trotzdem herrscht selbst unter Betroffenen Unsicherheit: Reicht der Schwerbehindertenausweis? Welche Rolle spielen Merkzeichen wie โ€žaGโ€œ, โ€žBlโ€œ oder โ€žGโ€œ? Wofรผr braucht man den blauen EU-Parkausweis, wofรผr den orangen? Und bei welcher Stelle wird was konkret beantragt?

Behindertenparkplรคtze: Ohne blauen Parkausweis kein Anspruch

Behindertenparkplรคtze mit Rollstuhlsymbol im รถffentlichen Verkehrsraum sind an klare Voraussetzungen gebunden. Nutzungsberechtigt sind nur Personen, fรผr die ein blauer EU-Behindertenparkausweis ausgestellt wurde und die diesen gut sichtbar im Fahrzeug platzieren.

Der Schwerbehindertenausweis allein genรผgt nicht, auch dann nicht, wenn relevante Merkzeichen vorhanden sind. Fรผr gegen-hartz.de bietet sich hier eine interne Verlinkung zu Hintergrundseiten zu Merkzeichen, GdB-Bewertung und Nachteilsausgleichen an.

Der Ausweis ist personengebunden. Er darf verwendet werden, wenn die berechtigte Person selbst fรคhrt oder befรถrdert wird. Fahrten ohne die berechtigte Person, ausgeliehene Ausweise oder Kopien sind unzulรคssig und kรถnnen BuรŸgelder, AbschleppmaรŸnahmen und im Einzelfall den Entzug der Berechtigung nach sich ziehen.

Blauer EU-Parkausweis: Zentrale Grundlage fรผr Parkerleichterungen

Der blaue EU-Behindertenparkausweis ist der maรŸgebliche Nachweis, um Behindertenparkplรคtze zu nutzen und weitere Parkerleichterungen in Anspruch zu nehmen. Er knรผpft an die besonders schweren Beeintrรคchtigungen an, die im Schwerbehindertenausweis dokumentiert werden.

Typischerweise kommen Personen mit Merkzeichen โ€žaGโ€œ (auรŸergewรถhnliche Gehbehinderung), โ€žBlโ€œ (blind) oder vergleichbar schweren kรถrperlichen Einschrรคnkungen in Betracht.

Mit dem blauen Ausweis kรถnnen gekennzeichnete Behindertenparkplรคtze genutzt werden; zusรคtzlich sind โ€“ je nach รถrtlicher Ausgestaltung โ€“ Erleichterungen wie lรคngeres Parken, Ausnahmen von Parkgebรผhren oder die Nutzung bestimmter Halteverbotsbereiche mรถglich, sofern keine Gefรคhrdung oder Behinderung anderer vorliegt.

Der Ausweis wird in allen EU-Mitgliedstaaten anerkannt, was besonders fรผr grenznahe Regionen und Urlaubsreisen eine praktische Rolle spielt.

Oranger Parkausweis: Erleichterungen fรผr bestimmte Gruppen ohne Stellplatzrecht

Der orangefarbene Parkausweis richtet sich an eine eng umrissene Gruppe schwerbehinderter Menschen, die erheblich in der Bewegungsfรคhigkeit eingeschrรคnkt sind, die Voraussetzungen fรผr den blauen EU-Ausweis aber nicht vollstรคndig erfรผllen.

Er gilt ausschlieรŸlich in Deutschland und berechtigt nicht zum Parken auf ausgewiesenen Behindertenparkplรคtzen.

Sein Schwerpunkt liegt auf Parkerleichterungen in Alltagssituationen: verlรคngerte Parkzeiten im eingeschrรคnkten Halteverbot, Erleichterungen an Parkscheinautomaten, die Mรถglichkeit zum Parken in bestimmten Bereichen, wenn dies ausdrรผcklich zugelassen wurde, und eine flexiblere Nutzung verkehrsberuhigter Zonen, solange Rettungswege und der รผbrige Verkehr nicht eingeschrรคnkt werden.

Rechtlich sensibel ist hier die Abgrenzung zu kommunalen Einzelfallregelungen.

Antragstellung: Wege zur Parkerleichterung รผber StraรŸenverkehrs- und Ordnungsรคmter

Die Beantragung von blauem oder orangem Parkausweis erfolgt in der Regel bei der รถrtlich zustรคndigen StraรŸenverkehrsbehรถrde, hรคufig beim Ordnungsamt, der Kreisverwaltung oder รผber Bรผrgerรคmter. Viele Kommunen stellen Antragsformulare online zur Verfรผgung.

Voraussetzung ist ein festgestellter Grad der Behinderung mit den relevanten Merkzeichen sowie die belegbare erhebliche Mobilitรคtseinschrรคnkung.

Im Antrag werden รผblicherweise ein ausgefรผlltes Formular, ein aktuelles Passfoto, ein Ausweisdokument und der Schwerbehindertenausweis verlangt; teils wird zusรคtzlich der Feststellungsbescheid angefordert, um die medizinische Begrรผndung nachvollziehen zu kรถnnen.

In vielen Fรคllen werden keine Gebรผhren erhoben; wo Kosten entstehen, bewegen sie sich im niedrigen Rahmen.

Die Ausweise werden meist befristet, typischerweise fรผr bis zu fรผnf Jahre, erteilt. Vor Ablauf sollte rechtzeitig eine Verlรคngerung beantragt werden. Dafรผr ist der alte Ausweis vorzulegen.

Persรถnlicher Behindertenparkplatz: Stellplatz vor der Haustรผr oder am Arbeitsplatz

Neben den allgemeinen Behindertenparkplรคtzen kann ein individueller Stellplatz in unmittelbarer Nรคhe zur Wohnung oder Arbeitsstรคtte eine entscheidende Entlastung bringen.

Die Einrichtung eines personalisierten Behindertenparkplatzes setzt in der Regel einen blauen EU-Parkausweis, eine deutlich eingeschrรคnkte Gehfรคhigkeit und das Fehlen zumutbarer alternativer Parkmรถglichkeiten voraus.

Die Entscheidung trifft die StraรŸenverkehrsbehรถrde nach Prรผfung der รถrtlichen Situation. Wird ein solcher Platz genehmigt, kennzeichnet die Behรถrde ihn mit Zusatzschild und individueller Ausweisnummer. Unberechtigtes Parken kann dann konsequent geahndet werden.

Richtige Nutzung: Formale Fehler vermeiden

Viele Konflikte entstehen dadurch, dass die formalen Vorgaben nicht eingehalten werden, obwohl ein Anspruch besteht. Der Parkausweis muss stets gut sichtbar mit der Vorderseite nach oben im Fahrzeug ausgelegt werden.

Wird er verdeckt, abgelegt oder im Fahrzeug โ€žmitgefรผhrtโ€œ, gilt er rechtlich als nicht ausgelegt. Kopien, Handyfotos oder laminierte Eigenkreationen sind nicht zulรคssig.

Kritisch ist auch die Zweckbindung. Der Ausweis darf nur verwendet werden, wenn die berechtigte Person von der jeweiligen Fahrt profitiert.

Europรคische Entwicklung: Einheitlicher Nachweis in Planung

Die geplante Einfรผhrung eines einheitlichen Europรคischen Behindertenausweises und eines รผberarbeiteten EU-Behindertenparkausweises soll langfristig zu mehr Rechtssicherheit und besserer Anerkennung von Nachteilsausgleichen in allen Mitgliedstaaten fรผhren.