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In eigener Sache: Gegen-Hartz.de vom Jobcenter Saarbrรผcken abgemahnt
Unlรคngst berichteten wir darรผber, wie das Jobcenter Saarbrรผcken einem schwer Herzkranken Mann keine Hartz IV Leistungen gewรคhrte. Die Berichterstattung ist offenbar dem Jobcenter Saarbrรผcken ein Dorn im Auge, weshalb wir durch eine Anwรคltin im Auftrag des Jobcenterchefs Thomas Gramm eine Abmahnung sowie eine Aufforderung zur Unterlassung erhielten.
Leistungseinstellung trotz Krankheit
Wir erinnern uns. Nach Angaben des Anwalts des Betroffenen konnte Maxim B. aufgrund seiner Erkrankung und eingereichtem รคrztlichen Attest nicht zu einem Meldetermin in der Behรถrde erscheinen. Nach Angaben des Anwalts des Betroffenen wurde ein Widerspruch kurz nach dem Urteil am Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Noch immer weigert sich die Behรถrde Leistungen zu zahlen, obwohl Maxim B. nach Aussagen seines Anwalts an einer sehr schweren Herz-Kreislauf-Krankheit leidet.
In dem Abmahnschreiben an uns wird sich daran lang gehangelt, es habe sich nicht um eine “Sanktion” im technischen Sinne gehandelt, sondern um eine Leistungseinstellung aufgrund einer Verletzung der Mitwirkungspflichten. Im weiteren werden wir auch aufgefordert, die Zitate des Anwalts zu lรถschen und nicht mehr zu behaupten, dass die Leistungen trotz des Urteils am Bundesverfassungsgericht, sanktioniert wurden.
Gegen-Hartz.de soll Inhalte lรถschen
Man fordert uns nunmehr auf, die “streigegenstรคndlichen Inhalte sofort aus unserem Internetangebot zu entfernen”. Eigentlich, so entsteht der Eindruck, sollen wir den gesamten Artikel lรถschen. Denn wรผrden wir die Vielzahl an Inhalten in dem Artikel lรถschen, kรคme unserer Auffassung nach der Gesamtkontext nicht mehr zur Geltung.
Unabhรคngig von der Abmahnung hatten wir in einem weiteren Artikel darรผber berichtet, dass es sich rein technisch gesehen nicht um eine Sanktion im Sinne des SGB II handele, sondern um eine Leistungseinstellung. Faktischย wurden die Hartz IV Leistungen aber auf Null gesetzt. Und dies, obwohlย hรถchst wahrscheinlich ein Anspruch auf Hartz IV Leistungen bestรผnde.
Leistungseinstellung kommt Sanktion gleich
Dieser Auffassung folgt auch unser Anwalt Brian Scheuch von der Kanzlei Heidrich, der der Gegenseite schrieb: “Wir weisen Sie darauf hin, dass es keine Legaldefinition des Begriffs โSanktionโ gibt.ย Jedoch ist der konkrete Erfolg der Handlung eingetreten: Herr Maxim B. bekommt keine Leistung, weil er nach Ansicht des Jobcenters seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkam.ย Der Begriff Sanktion und Entziehung lassen daher einen gewissen Interpretationsspielraum offen.”
Abmahnung und Aufforderung zur Unterlassung auch gegen den Anwalt des Betroffenen
Nicht nur wir wurden vom Jobcenter abgemahnt. Auch soll der Anwalt des Betroffenen, Fred Vallentin, nach Angaben der Saarbrรผcker Zeitung eine Unterlassungserklรคrung unterschreiben. Der Anwalt solle es unterlassen zu sagen, dass es schlicht eine “Unverschรคmtheit” sei, “seinem Mandanten alle Leistungen zu kรผrzen”. Auch soll der Rechtsanwalt Vallentin es unterlassen zu sagen, dass Jobcenter wรคhne sich “auรerhalb der hiesigen Rechtssprechung”.
Vallentin hรคlt an seinen Aussagen fest und will nach eigenen Angaben keine Unterlassungserklรคrung unterschreiben. Schlieรlich habe es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung gehandelt, sondern um eine Vermutung, sagte der Anwalt gegenรผber der “Saarbrรผcker Zeitung”. Ferner soll der Anwalt 1029,35 EUR an die Anwรคltin des Jobcenters zahlen. Ein Betrag der ungefรคhr ausgereicht hรคtte, um das Existenzminimum des schwerkranken Mannes zu wahren.
“Uns drรคngt sich der Verdacht auf, dass das Jobcenter eine kritische Berichterstattung รผber den Fall unterbinden mรถchte. Wir werden dennoch weiter รผber den Fortgang des Falls berichten und fordern die Behรถrde auf, sofort den Leistungsbezug fortzusetzen und alle bisher verweigerten Leistungen nachzuzahlen”, mahnt Sebastian Bertram von gegen-hartz.de.
“Unfassbar ist auch, dass die Behรถrde nunmehr Steuermittel dazu verwendet, um uns abzumahnen, statt seiner eigentlichen Aufgabe nachzukommen, und dringend nรถtige Sozialleistungen an Maxim B. zu zahlen.”
Modifizierte Unterlassungserklรคrung รผbersandt
“Wir haben lediglich eine Unterlassungserklรคrung zu der Behauptung, es handele sich um eine Totalsanktion, abgegeben. Denn schon vor der Abmahnung hatten wir durch Recherchen im weiteren Nachgang ermittelt, dass es sich nicht um Pflichtverletzungen im Sinne des SGB II handelt, sondern um eine Leistungseinstellung aufgrund eines Verstoรes von Mitwirkungspflichten. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass dem Betroffenen die Leistungen gestrichen wurden”, so Bertram weiter.
Die nicht in der Unterlassungserklรคrung aufgefรผhrten Behauptungen, stellen unserer Auffassung nach keine unwahren Tatsachenbehauptungen dar und sind zudem kein Verstoร gegen etwaige Sorgfaltspflichten. Darรผber hinaus handelt es sich um zulรคssige Meinungsรคuรerungen.
“Wir haben dem Jobcenter eine Frist gesetzt, die restlichen in der Abmahnung benannten Punkte fรผr erledigt zu erklรคren und andernfalls selbst gerichtlich in die Offensive zu gehen”,ย betonte Sebastian Bertram von Gegen-Hartz.de. ย Wir nehmen den Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit sehr ernst. Daher werden wir uns nicht einschรผchtern lassen.”,ย so Bertram weiter.
Einstweilige Anordnung an das Sozialgericht รผbermittelt
Im Fall Maxim B. hat der RA Vallentin numehr eine einstweilige Anordnung an das Sozialgericht des Landes gesandt. Nunmher mรผssen die Richter entscheiden, ob die Leistungseinstellung rechtswidrig war.