In einem jüngsten Vorstoß hat FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner vorgeschlagen, die Ein-Euro-Jobs, ein Relikt der Agenda 2010, wiederzubeleben.
Lindner sieht in den Ein-Euro-Jobs eine Brücke für Bürgergeldempfänger zurück in den regulären Arbeitsmarkt, wie er in einem Interview mit der Rheinischen Post sagte.
Dies kommt zu einer Zeit, in der Lindner auch ein dreijähriges Moratorium für den Sozialstaat fordert, um neue Sozialausgaben zu verhindern.
Schritt zurück in die Hartz IV Zeiten
“Wir werfen Lindner vor, mit diesem Schritt nicht nur eine überholte Maßnahme zu reaktivieren, sondern auch eine Form der Ausbeutung und Erniedrigung von Bürgergeld-Beziehern wieder einzuführen”, sagt Sebastian Bertram von “Gegen-Hartz.de”.
Studien sprechen eine andere Sprache
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat bereits 2010 in einer Studie herausgefunden, dass Ein-Euro-Jobs die Arbeitsmarktchancen der Teilnehmer nicht verbessern.
Die Untersuchung der Erwerbsverläufe von 160.000 Hartz-IV-Beziehern zeigte, dass Ein-Euro-Jobber nach einem Jahr seltener eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fanden als andere Langzeitarbeitslose. Besonders benachteiligt waren Männer ohne Migrationshintergrund und Frauen ausländischer Herkunft. Aber auch alle anderen Gruppen wurden stark benachteiligt.
Selbst die Bundesagentur für Arbeit hatte sich im Laufe der Zeit von den Ein-Euro-Jobs verabschiedet, da sie im Vergleich zu anderen Arbeitsmarktmaßnahmen die geringste Eingliederungsquote aufwiesen. Nur 15 Prozent fanden nach einem Ein-Euro-Job eine feste Anstellung. Bei den anderen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen lag die Quote mit 19,1 Prozent etwas höher.
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Ausbeutung gerade im sozialen Sektor
Ein besonders brisantes Beispiel für mögliche Ausbeutung durch Ein-Euro-Jobs fand zu Zeiten von Hartz IV ausgerechnet im sozialen Bereich statt.
Ein-Euro-Jobber erhielten für ihre Arbeit nur einen Euro pro Stunde, während Träger wie die AWO für die gleiche Leistung eigentlich einen regulären Lohn zahlten.
Das bedeutete, dass Ein-Euro-Jobs sogar reguläre Beschäftigung verdrängten, weil die Einrichtungen und Unternehmen stattdessen Ein-Euro-Jobber zu billigeren Konditionen einsetzten.
Ein-Euro-Jobber wurden nämlich u.a. für Tätigkeiten eingesetzt, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keinen oder nur einen geringen Wert hatten, wie z.B. das Aufräumen von Kellern in Altenheimen. Wer sich diesen sinnlosen Tätigkeiten verweigerte, wurde sanktioniert.
“Herr Lindner sollte sich intensiver mit den Ein-Euro-Jobs beschäftigen”, fordert Bertram daher. “Die Ein-Euro-Jobs verfehlen nicht nur die erhoffte Wirkung, sondern vernichten sogar Arbeitsplätze. Das Sozialgesetzbuch schreibt zwar vor, dass diese Tätigkeiten zusätzlich sein müssen und keine Arbeitsplätze verdrängen dürfen. Allerdings wurde dies vielfach missachtet.”
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