Wer Krankengeld bezieht, wird sich Fragen, ob das sog. 13 Monatsgehalt Einfluss auf die Krankengeldzahlungen hat. Diese Frage wollen wir einmal beantworten.
Vorweg: Wer krank wird, durchlรคuft arbeitsrechtlich und sozialrechtlich zwei klar getrennte Phasen. In den ersten sechs Wochen zahlt der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt weiter (Entgeltfortzahlung).
Erst danach springt โ bei fortbestehender Arbeitsunfรคhigkeit โ die Krankenkasse mit Krankengeld ein. Diese Systematik ist entscheidend, um zu verstehen, was mit einem 13. Monatsgehalt passiert.
13. Gehalt, Weihnachtsgeld: Begriffe sauber trennen
Das, was umgangssprachlich โ13. Gehaltโ heiรt, ist rechtlich keine gesetzlich normierte Leistung, sondern eine vertraglich vereinbarte Sonderzahlung. Sie kann als zusรคtzliches Monatsentgelt mit Entgeltcharakter (echtes โ13. Monatsgehaltโ) ausgestaltet sein oder als Gratifikation, hรคufig als โWeihnachtsgeldโ bezeichnet, die eher Betriebstreue oder einen bestimmten Stichtag honoriert. Die genaue Einordnung ergibt sich aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag.
Wรคhrend der Entgeltfortzahlung: Anspruch in der Regel unberรผhrt
Solange der Arbeitgeber Entgelt fortzahlt, bleibt grundsรคtzlich auch der Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt bestehen. Denn in dieser Phase ist das โvertragsgemรครe Arbeitsentgeltโ weiterzuzahlen โ dazu zรคhlt auch ein vereinbartes 13. Gehalt.
Maรgeblich ist jedoch, wie die Sonderzahlung vertraglich ausgestaltet ist; der Bestand des Anspruchs gilt nur fรผr die Dauer der Entgeltfortzahlung.
Ab Woche sieben: Krankengeld statt Lohn โ und was das fรผr das 13. Gehalt bedeutet
Nach Ablauf der sechs Wochen zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Der Arbeitgeber schuldet dann keinen laufenden Lohn mehr โ und damit grundsรคtzlich auch kein entgeltbezogenes 13. Monatsgehalt.
Ob und in welchem Umfang noch eine Sonderzahlung anfรคllt, hรคngt allein von der vertraglichen oder tariflichen Regelung ab. Hat die Leistung reinen Entgeltcharakter, entsteht fรผr Zeitrรคume ohne Entgeltanspruch (also wรคhrend des Krankengeldbezugs) in der Regel auch kein anteiliger Anspruch. Das hat die Rechtsprechung mehrfach klargestellt.
Einfluss des 13. Gehalts auf die Hรถhe des Krankengeldes
Auch wenn in der Krankengeldphase kein Lohn flieรt, kann ein 13. Gehalt die Krankengeldhรถhe beeinflussen. Die Krankenkasse berechnet das Krankengeld grundsรคtzlich mit 70 Prozent des regelmรครigen Bruttoarbeitsentgelts, gedeckelt auf 90 Prozent des Nettoeinkommens.
In diese Berechnung flieรt โeinmalig gezahltes Arbeitsentgeltโ โ dazu zรคhlt typischerweise ein 13. Monatsgehalt โ anteilig ein: Der dreihundertsechzigste Teil der in den letzten zwรถlf Monaten gezahlten Einmalzahlungen wird dem Regelentgelt pro Kalendertag hinzugerechnet. Dadurch kann ein in der Referenzzeit gezahltes 13. Gehalt das Krankengeld spรผrbar erhรถhen.
Kรผrzungen wegen Krankheit: Nur mit Vereinbarung โ und mit gesetzlicher Obergrenze
Soll eine Sonderzahlung โ etwa Weihnachtsgeld mit Treue- oder Mischcharakter โ wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten gekรผrzt werden, braucht es eine klare vertragliche oder kollektivrechtliche Grundlage. ยง 4a Entgeltfortzahlungsgesetz erlaubt Kรผrzungsvereinbarungen, setzt aber eine strenge Grenze: Pro Krankheitstag darf hรถchstens ein Viertel des durchschnittlichen Tagesverdienstes abgezogen werden.
Ohne ausdrรผckliche Kรผrzungsregel ist eine Minderung unzulรคssig โ das hat das Bundesarbeitsgericht jรผngst bestรคtigt.
Praxisbeispiele: Wie die Ausgestaltung den Unterschied macht
Ist das 13. Gehalt ausdrรผcklich als zusรคtzlicher Entgeltbestandteil vereinbart, der pro rata fรผr jeden Beschรคftigungsmonat anfรคllt, entsteht wรคhrend der Entgeltfortzahlung ganz normal ein Anspruch.
Ab dem รbergang ins Krankengeld entfรคllt der Entgeltanspruch โ und damit regelmรครig auch die weitere anteilige โAnsparungโ des 13. Gehalts; hier liegt keine โKรผrzungโ vor, sondern schlicht kein Anspruch fรผr diese Monate.
Handelt es sich dagegen um eine Sondervergรผtung mit Treue- oder Mischzweck (klassisches Weihnachtsgeld), kann sie โ wenn vertraglich so geregelt โ in engen Grenzen wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten gemindert werden; fehlt eine solche Klausel, bleibt die Zahlung trotz Krankheit in voller vertraglich vorgesehenen Hรถhe geschuldet.
Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Arbeitsvertrag: Wo Sie konkret nachlesen sollten
Welche Variante bei Ihnen gilt, steht selten im Gesetz, sondern fast immer in den einschlรคgigen Regelwerken im Betrieb. Viele Tarifvertrรคge definieren, ob das 13. Gehalt als Entgeltbestandteil pro rata anfรคllt oder als Gratifikation mit Stichtag gezahlt wird, und sie enthalten โ wenn รผberhaupt โ prรคzise Kรผrzungsklauseln.
Ohne eine solche Grundlage bleibt eine Kรผrzung unzulรคssig; mit Grundlage gilt die gesetzliche Obergrenze. Prรผfen Sie deshalb Wortlaut und Systematik der jeweiligen Regelung.
Fazit
Wรคhrend der sechswรถchigen Entgeltfortzahlung lรคuft ein vereinbartes 13. Monatsgehalt grundsรคtzlich mit. Wechselt die Leistungspflicht danach zur Krankenkasse, zahlt der Arbeitgeber keinen Lohn โ und ein 13. Gehalt mit Entgeltcharakter entsteht fรผr diese Zeit in der Regel nicht weiter.
Fรผr Gratifikationen mit Treue- oder Mischzweck sind Kรผrzungen nur auf vertraglicher oder tariflicher Grundlage und nur im gesetzlich zulรคssigen Rahmen mรถglich.
Parallel dazu erhรถht ein in den letzten zwรถlf Monaten gezahltes 13. Gehalt die Berechnungsbasis des Krankengeldes anteilig und kann die Kassenleistung damit erhรถhen.
Rechtsstand: maรgeblich sind u. a. ยง 47 SGB V (Hรถhe und Berechnung des Krankengeldes) und ยง 4a EntgFG (Kรผrzung von Sondervergรผtungen), sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.