UN: Ist die Zumutbarkeitsklausel und die sogenannte Gemeinnützige Arbeit vertragswidrig?
16.07.2011
Der aktuelle UN-Bericht „Abschließende Betrachtungen des Ausschusses über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ kritisierte die Sozialpolitik der Bundesregierung. Insbesondere wird bei den Hartz IV Gesetzgebungen darauf hingewiesen, die Zumutbarkeitsregeln ("jede zumutbare Arbeit annehmen") und die "unbezahlte gemeinnützige Arbeit" die Vertragsbedingungen der Vereinten Nationen verstoßen. Der aktuelle UN-Bericht „Abschließende Betrachtungen des Ausschusses über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ in Deutschland – Überprüfung der Berichte der Vertragsstaaten nach Artikel 16 und 17 der Vereinbarung (E/C.12/DEU/CO/5) kann hier herunter geladen werden.
Bemerkenswert darin ist z.B. auch die Ziffer 19:
"19. Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass Regelungen im Rahmen der Arbeitslosen- und Sozialhilfe des Vertragsstaates – einschließlich der Verpflichtung für Empfänger von Arbeitslosengeld, "jede zumutbare Arbeit" anzunehmen, was in der Praxis fast als jede Arbeit interpretiert werden kann – sowie der Einsatz von Langzeitarbeitslosen zu unbezahlter gemeinnütziger Arbeit, zu Vertragsverletzungen in Art. 6 und 7 führen könnten. (Art. 6, 7 und 9)."
Der Ausschuss fordert den Vertragsstaat dazu auf, sicherzustellen, dass seine Systeme zur Arbeitslosenhilfe die Rechte des Individuums zur freien Annahme einer Beschäftigung seiner oder ihrer Wahl ebenso wie das Recht auf angemessene Entlohnung respektiert. Grundlage: Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966. Darin heißt es:
Artikel 6
(1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht auf Arbeit an, welches das Recht jedes einzelnen auf die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene Arbeit zu verdienen, umfasst, und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz dieses Rechts.
(2) Die von einem Vertragsstaat zur vollen Verwirklichung dieses Rechts zu unternehmenden Schritte umfassen fachliche und berufliche Beratung und Ausbildungsprogramme sowie die Festlegung von Grundsätzen und Verfahren zur Erzielung einer stetigen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung und einer produktiven Vollbeschäftigung unter Bedingungen, welche die politischen und wirtschaftlichen Grundfreiheiten des einzelnen schützen.
Artikel 7
Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen an, durch die insbesondere gewährleistet wird
a) ein Arbeitsentgelt, das allen Arbeitnehmern mindestens sichert
i) angemessenen Lohn und gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit ohne Unterschied; insbesondere wird gewährleistet, dass Frauen keine ungünstigeren Arbeitsbedingungen als Männer haben und dass sie für gleiche Arbeit gleiches Entgelt erhalten,
ii) einen angemessenen Lebensunterhalt für sie und ihre Familien in Übereinstimmung mit diesem Pakt;
b) sichere und gesunde Arbeitsbedingungen;
c) gleiche Möglichkeiten für jedermann, in seiner beruflichen Tätigkeit entsprechend aufzusteigen, wobei keine anderen Gesichtspunkte als Beschäftigungsdauer und Befähigung ausschlaggebend sein dürfen;
d) Arbeitspausen, Freizeit, eine angemessene Begrenzung der Arbeitszeit, regelmäßiger bezahlter Urlaub sowie Vergütung gesetzlicher Feiertage.
Artikel 9
Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Soziale Sicherheit an; diese schließt die Sozialversicherung ein. (sb)
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