Hartz IV wird ständig geändert

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Allein 60 Neuerungen seit Einführung der Arbeitsmarktreform Hartz-IV

16.07.2011

Ständig werden die Hartz IV Gesetze und Verordnungen geändert. Es vergehen keine sechsWochen, ohne dass sich Betroffene und Behördenmitarbeiter mit einer neuen Gesetzeslage befassen müssen. Galt eine Regelung vor einigen Wochen noch als gültig, kann es morgen schon wieder ganz anders aussehen. Während Erwerbslosen-Initiativen die ständig neuen Drangsalierungen sowie die systematischen Unterdeckungen der ALG II-Regelleistungen kritisieren, plädiert das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt dafür, die Neuregelungen zu bündeln und erst in größeren Zeitabständen umzusetzen.

„Hektik im Gesetzgebungsprozess unangebracht“
Heinrich Alt von der Bundesarbeitsagentur (BA) kritisierte die ständigen Neuerungen bei Hartz IV. Seit Einführung der Hartz IV Gesetze im Jahre 2005 wurden die Verordnungen gut 60 mal geändert, erneuert oder ergänzt. Rechnet man die Änderungen seit statistisch um, so „vergehen keine 6 Woche ohne eine neue Vorschrift“, so Alt gegenüber der Zeitung Frankfurter Rundschau (FR). Es sei „zwar nicht verwunderlich, wenn ein solch großes Projekt“ nachjustiert wird, allerdings sei „Hektik im Gesetzgebungsprozess“ nicht von Nöten. Vielmehr sollten „neue Ideen gesammelt“ und in wesentlich größeren Zeitabständen umgesetzt werden. Teilweise bedeuten die Neuerungen einen hohen „bürokratischen Aufwand“. Als Beispiel nannte Alt die Warmwasser-Versorgung für Hartz-IV-Empfänger mit einem Boiler. Leben Kinder in der Bedarfsgemeinschaft, erhalten diese für das Erwärmen von Wasser je nach Alter und „amtlich berechnetem Wasserbedarf“ unterschiedliche finanzielle Mittel. "Das führt dazu, dass wir immer auf die Geburtstage der Kinder achten und jeweils einen neuen Bescheid schreiben müssen. Auch wenn es um einen oder zwei Euro geht." Alt erneuerte seine Forderung solche Beträge unabhängig vom Alter des Sozialleistungsbeziehers zu pauschalieren.

Kürzungen der Arbeitsmarkt-Instrumente
Alt kritisierte in diesem Zusammenhang die massiven Kürzungen der Forderungen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung plant bis 2015 Einsparungen in Höhe von 8 Milliarden Euro. Die Arbeitsmarkt-Instrumente werden im Verhältnis zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu schnell gekürzt. Diese Kürzungen bezifferte Alt mit rund 25 Prozent. Die Erwerbslosigkeit sinke allerdings nur um 3 bis 4 Prozent.

Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) bezifferte die Einsparungen allein bei den „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ mit 40,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. So hieß es in einer Meldung: Den über 400 Jobcentern sollen im Haushaltsjahr 2012 nur noch 3,78 Milliarden Euro für SGB II-„Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ (Hartz IV) zugewiesen werden – 18,9 Prozent (880 Millionen Euro) weniger als für das Haushaltsjahr 2011 und insgesamt 40,5 Prozent (etwa 2,57 Milliarden Euro) weniger als für das Haushaltsjahr 2010.2 Das geht aus dem von der Bundesregierung am 6 Juli 2011 beschlossenen Entwurf des Bundeshaushalts 2012 hervor. Die sich daraus für die einzelnen Jobcenter (JC) ergebenden Kürzungen gegenüber dem Haushaltsjahr 2011 reichen nach vorläufigen Berechnungen des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) von 9,5 Prozent beim JC Berlin-Mitte bis 36,1 Prozent beim JC Dingolfing- Landau (BY). Auf Länderebene reichen die Kürzungen von 13,5 Prozent in Berlin bis 23,6 Prozent in Thüringen. Gegenüber dem Haushaltsjahr 2010 (einschließlich der übertragenen und den Jobcentern zugewiesenen Ausgabereste) reichen die (vorläufigen) Kürzungen von 27,9 Prozent beim JC Pforzheim (BW) bis 57,5 Prozent beim JC Weißenburg-Gunzenhausen (BY), auf Länderebene von 35,0 Prozent im Land Bremen bis 47,0 Prozent in Thüringen. (sb)

Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de