Die Parteien einer möglichen „Ampelkoalition“, SPD, FDP und Grüne, haben Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Nachdem die Vereinbarungen aus den Sondierungsgesprächen sich als deutlich zahnloser Herausstellten, als die Reformpläne von SPD und Grünen im Wahlkampf gewesen waren, fordern nun Sozialverbände und Jusos und Grüne Jugend, dass umfassende und konkrete Reformen im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden.
Was bleibt vom Versprechen, Hartz IV abzuschaffen?
Im Wahlkampf hieß es, Hartz IV solle abgeschafft und durch ein Bürgergeld ohne Sanktionen ersetzt werden. Im Sondierungspapier war dann nur noch die Rede von einer Erhöhung um 50 Euro und dem Erhalt der Sanktionen. Wir hatten hierzu bereits ausführlich berichtet.
Sozialverbände und Partei-Jugenden sind erschüttert. „Es reicht nicht aus, Hartz IV in Bürgergeld umzubenennen“, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Von einer wirklichen Überwindung von Hartz IV kann erst dann gesprochen werden, wenn die Sanktionen wegfallen und wenn die Regelsätze deutlich und letztlich bedarfsgerecht erhöht werden“, so Schneider weiter. Die bisherigen Übereinkünfte würden darauf hinweisen, dass Millionen Menschen die von Grundsicherung leben, dem Arbeitsmarkt aber nicht zur Verfügung stehen, völlig vergessen werden, zeigte sich Schneider besorgt. Es sei jetzt an den Parteien, in den Koalitionsverhandlungen konkrete Sozialreformen festzuschreiben. „Hartz IV muss überwunden und nicht nur umbenannt werden“, sagte auch DGB-Chef Reiner Hoffmann.
Wie kürzlich bekannt wurde, wollen die Parteien bereits Anfang Dezember einen fertigen Koalitionsvertrag vorlegen.
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Partei-Jugend fordert klare Kante gegen Hartz IV
Die Grüne Jugend hat sich erschüttert über das Sondierungspapier gezeigt. Bezüglich der möglichen reform von Hartz IV kritisierte Bundessprecherin Sarah-Lee Heinrich: „Nicht der Name muss sich ändern, sondern das System.“ Die Grüne Jugend befürchtet einen Ettikettenschwindel. „Viele Menschen erleben auch jetzt noch täglich, dass Hartz IV sie nicht vor Armut schützt, sondern in Armut hält“, sagte Heinrich, die früher selbst von Hartz IV betroffen war. Statt Sanktionen und Kürzungen bräuchte es eine aktiviere Arbeitsmarktpolitik.
Auch die Jusos sind skeptisch und wollen an den Verhandlungen beteiligt werden, sagte Bundesvorsitzende Jessica Rosenthal. „Für uns geht es dabei um sozialen Fortschritt wie beispielsweise die Überwindung von Hartz IV.“ Sie mahnte an: „Hartz IV zu überwinden darf keine hohle Phrase bleiben. Da sind wir als SPD in der Pflicht, sonst verspielen wir ganz viel Vertrauen.“
Bild: Stockfotos-MG / AdobeStock
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